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Polizei wird die Kandidaten-Liste für die Präsidentschaftswahlen ausdünnen


Die Nachrichtenagentur Reuters meldete, dass „die Wahlen in Moldowa wichtiger seien als es scheint“. Und erläutert: Sie werden bestimmen, wohin das Land gehen wird – gen Westen oder in Richtung Russland. Damit die Wählerschaft die Richtung nicht verwechselt, verspricht das Generalinspektorat der Landespolizei, aus der Liste der Präsidentschaftskandidaten drei „unzuverlässige“ zu streichen. Experten sprechen diesbezüglich von prorussisch eingestellten Politikern. Obgleich die angekündigte Säuberung der Kandidatenliste das Kräfteverhältnis nicht verändern werde. Die Favoriten des Präsidentschaftswahlkampfes bleiben das amtierende Staatsoberhaupt Maia Sandu und Ex-Generalstaatsanwalt Alexandr Stoianoglo. Beide vertreten den Kurs in die ERU und rufen zu einer Liquidierung der militärischen Blauhelm-Mission am Dnestr auf.
In Moldawien würde die Bevölkerungsmehrheit gern eine Wiederherstellung der Kontakte mit Russland (machte Russlands Außenamtssprecherin Maria Sacharowa bei ihrem aktuellen Briefing am Mittwoch noch einmal deutlich – Anmerkung der Redaktion), begreift ab, dass es kein Zurück gibt.
Gleichfalls sei die Mehrheit der Bürger in der Republik mit der Herrschaft von Maia Sandu unzufrieden. Im Endergebnis werden sie aber wahrscheinlich ein zweites Mal für sie votieren, wie letzte Meinungsumfragen zeigen. Dies ist paradox, aber so ist die Realität in Moldawien. Zu erklären ist dies vor allem damit, dass die verarmte Bevölkerung des Landes begreift, dass das Land ohne Hilfe von außen nicht leben kann. Dies belegen auch Angaben soziologischer Untersuchungen.
Die Ergebnisse einer Umfrage, die von CBS-AXA im Auftrag des Aspen-Instituts (Rumänien), der Assoziation für Außenpolitik (APE) und der Community www.watchdog.md vorgenommen wurde, zeigen, dass 64,3 Prozent der Befragten der Auffassung sind, dass die Republik Moldowa nicht selbständig, ohne äußere Hilfe zu einer prosperierenden werden könne.
63,2 Prozent der Befragten unterstützen eine Integration des Landes in die EU. Betont wird, dass der Anteil der Bürger, die den europäischen Vektor auswählen, von 57 Prozent im April dieses Jahres bis über 63 Prozent im September angestiegen ist.
Die Umfrage zeigt ebenfalls, dass 68,3 Prozent der Befragten vorhaben, am Euro-Referendum und an den Präsidentschaftswahlen am 20. Oktober teilzunehmen. 68,8 Prozent der Umfrageteilnehmer denken, dass das Referendum für eine EU-Integration der Republik Bedeutung habe.
Dies begreifen auch die Politiker. In der von der Zentralen Wahlkommission bestätigten Liste der Präsidentschaftskandidaten werden elf Personen ausgewiesen – vier Frauen und sieben Männer. Schenkt man aber Viorel Cernăuţeanu, der Chefin des Generalinspektorats der Polizei, Glauben, so können mindestens drei von ihnen aus der Liste gestrichen werden. Die Chef-Polizistin der Republik Moldowa deutete deren Verbindung mit Russland und eine Finanzierung ihres Wahlkampfes aus Moskau an.
Es sei daran erinnert, dass laut Angaben der Polizei und der Antikorruptionsstaatsanwaltschaft allein im September 15 Millionen Dollar aus Russland nach Moldawien transferiert worden seien – angeblich für eine Bezahlung der Personen, die bei den Wahlen und beim Referendum für einen bestimmten Präsidentschaftskandidaten und gegen die EU-Integration stimmen sollen.
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt hat die Polizei 130.000 Bürger ermittelt, die an dem Schema für einen Stimmenkauf beteiligt sein sollen. Gegen alle Verdächtigen laufen entsprechende Untersuchungen.
Experten sagen, dass jene Politiker an einer Teilnahme an den Wahlen gehindert werden könnten, die mit der Partei „Shor“ (benannt nach dem Oppositionspolitiker Ilan Șor) liiert sind, die in der Republik Moldowa verboten ist.
Der Politologe Cornel Ciurea ist der Annahme, dass man Irina Vlah, das Ex-Oberhaupt der Gagausen-Autonomie und die Präsidentin der Vereinigung „Platforma Moldova“, aus dem Rennen werfen könne. Ciurea ist der Meinung, dass ein Ausbooten von Irina Vlah, die von Bürgern nominiert wurde und als unabhängige Kandidatin antritt, im Kampf um das Amt des Staatsoberhauptes der Republik Moldowa der amtierenden Präsidentin Maia Sandu schaden werde. Es muss betont werden, dass Vlah keinerlei Beziehung zur Shor-Partei hat. Sie kritisiert aber ständig die 52jährige Staatschefin, während sie den Dialog mit den Wählern sucht. Dies gefalle natürlicherweise nicht den amtierenden Herrschenden.
Nach Meinung von Cornel Ciurea habe Irina Vlah wirklich Gründe, sich darüber Sorgen zu machen, dass man sie nicht weiter kandidieren lässt, denn sie befinde sich unter dem größten Druck. (Freilich weisen alle bisherigen Umfragen aus, dass sie chancenlos sei und nicht einmal einen zweistelligen prozentualen Anteil der abgegebenen Stimmen auf sich vereinigen werde. – Anmerkung der Redaktion)
„Über Einschüchterungen, Verfolgungen und die Ausübung von Druck haben sich bisher weder Renato Usatii (Präsidentschaftskandidat und Vorsitzender der Partei „Unsere Partei“) noch Alexandr Stoianoglo beklagt. Irina Vlah hat dagegen aber konkrete Belege dafür vorgelegt, wie sie Mitarbeiter bestimmter staatlicher Strukturen beschatten und verfolgen, wie man ihr den Zugang zu Druckerei-Leistungen und Straßenwerbung einschränkt, wie die regierungshörigen Medien verfolgen, wie sie einem öffentlichen Lynchen ausgesetzt wird usw. Alles verweist darauf, dass Irina Vlah von der Regierung als unbequemster Kandidat angesehen wird. Wenn man jedoch Irina Vlah ausbootet, sprich: von der Kandidatenliste streicht, wird Maia Sandu an sich am meisten darunter leiden“, erklärte Ciurea.
„Wenn Irina Vlah aus dem Rennen genommen wird, werden sich die meisten ihrer Wähler Alexandr Stoianoglo zuwenden. Er wird beim zweiten Wahlgang die gesamte Wählerschaft konsolidieren, die über die regierende Partei und Maia Sandu unzufrieden ist. Und er wird leicht den zweiten Wahlgang bewältigen und im Ergebnis zum Präsidenten werden“, meinte der Politologe.
Derweil plädiert Vlah für eine Partnerschaft sowohl mit Russland als auch mit den USA. Sie ist mit „einer Annäherung zur Europäischen Union“ einverstanden, aber nicht zum Schaden der Interessen der moldawischen Bürger“. Und sie hält es für notwendig, „Kontakte mit den Ländern der GUS zum Wohl des Business und unserer Landsleute zu unterhalten“. „Ich werde keinem erlauben, Moldowa in ausländische Militär-Szenarios zu involvieren“, unterstreicht Vlah.
Die Position des Präsidentschaftskandidaten Alexandr Stoianoglo ist derart: „Die Interessen Moldowa müssen sowohl im Osten als auch im Westen liegen. Man kann nicht mit irgendwem gegen irgendwen antreten. Man muss zusammen sein! Und dies muss zu einer nationalen Idee werden. Man muss Beziehungen mit allen gestalten, auch einschließlich Chinas und der Länder der arabischen Welt“.
„Ob wir dies wollen oder nicht, aber gerade Russland bleibt nach wie vor der einzige Lieferant von Energieressourcen nach Moldowa. Das Gas, das wir heute auf den diversifizierten Märkten kaufen, ist auch russisches. Wir kaufen es aber bei Zwischenhändlern“, erklärt Stoianoglo. Dabei sprach er sich jedoch für einen Abzug der russischen Truppen vom Territorium Moldawiens aus, wobei er daran erinnert, dass Russland entsprechende Verpflichtungen beim Istanbuler OSZE-Summit 1999 übernommen hätte. Und er ist der Auffassung, dass man die Blauhelm-Mission am Dnestr in eine Polizei- oder zivile transformieren müsse. Ihm gefällt auch nicht, dass man in Moskau täglich die Situation in seinem Land kommentiere. (Allein beim Briefing des russischen Außenministeriums am 9. Oktober wetterte dessen Sprecherin Maria Sacharowa elf Minuten lang nur über die Lage in Moldawien vor den Wahlen und dem Referendum. – Anmerkung der Redaktion)
Somit kann man die erwähnten Präsidentschaftskandidaten nicht als prorussische bezeichnen. Obgleich man Stoianoglo auch nicht als einen Gegner der Russischen Föderation bezeichnen kann.
Über die Wichtigkeit der Wahlen und des Plebiszits in Moldawien hatte dieser Tage die Nachrichtenagentur Reuters geschrieben. In einem entsprechenden Beitrag heißt es, dass „Moldova im Verlauf von Jahrzehnten zwischen dem Westen und dem Kreml balanciert. Und die Präsidentschaftswahlen am 20. Oktober sowie das parallele Referendum über engere Beziehungen mit der EU können wichtige Bedeutung beim Treffen der Entscheidung darüber, in welche Richtung es gehen wird, haben“.