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Potenzielle Gegner sollen die Unausweichlichkeit einer Vergeltung im Falle einer Aggression gegen Russland und dessen Verbündeten begreifen


Deutschland“

Bereits am Montag kursierten in Moskau Informationen, dass die aktualisierte Doktrin für die russische Staatspolitik auf dem Gebiet einer nuklearen Zügelung unterschriftsreif sei. Und am Dienstag, dem 19. November meldete schließlich der Kreml, dass diese nicht nur von Präsident Wladimir Putin unterzeichnet, sondern auch bereits veröffentlicht worden sei. Der Tag der Bekanntgabe dieser Nachricht wurde offenkundig nicht zufällig ausgewählt. Zum einen jährte sich zum 82. Mal der Beginn der Operation „Uran“, in deren Ergebnis die sowjetischen Truppen Anfang 1943 der Hitlerarmee in der denkwürdigen Schlacht vor Stalingrad eine schwere Niederlage zugefügt und damit eine Wende im Großen Vaterländischen Krieg eingeleitet hatten. In Moskau wurden am gleichen Tag erste Informationen zu Veranstaltungen im Zusammenhang mit dem 80. Jahrestag des Sieges, der am 9. Mai kommenden Jahres begangen wird, vorgestellt. Und die sogenannte militärische Sonderoperation Russlands in der Ukraine erlebte ihren 1000. Tag.
Dass die Grundlagen für die Staatspolitik der Russischen Föderation auf dem Gebiet nuklearen Zügelung überarbeitet und auf den aktuellen Stand gebracht werden, wurde seit dem vergangenen Juni mehrfach von offiziellen russischen Vertretern angekündigt. Wladimir Putin hatte so am 20. Juni erklärt, dass Russland über die Vornahme von Änderungen an seiner nuklearen Doktrin im Zusammenhang mit dem Absenken der Schwelle für einen Kernwaffeneinsatz durch den Westen nachdenke. Hinter den Kulissen erfolgten dazu intensive Gespräche und Diskussionen zwischen den zuständigen Ministerien und Institutionen, wobei jedes Element des neuen Dokuments genau abgewogen wurde.
Mit dem Erlass Nr. 991 des russischen Staatsoberhauptes vom Dienstag wurde der Erlass Nr. 355 „Über die Grundlagen der staatlichen Politik der Russischen Föderation auf dem Gebiet der nuklearen Zügelung“ vom 2. Juni 2020 abgelöst. Das neue Dokument umfasst insgesamt 26 Punkte und hat verständlicherweise ein lebhaftes Echo nicht nur in Russland, sondern auch im Ausland ausgelöst. Kremlsprecher Dmitrij Peskow erklärte, dass die Grundlagen der überarbeiteten Doktrin auf eine Gewährleistung des Begreifens der Unausweichlichkeit einer Vergeltung durch den potenziellen Gegner im Falle einer Aggression gegen Russland und dessen Verbündeten abzielen würden. Zur gleichen Zeit lenkte er das Augenmerk darauf, dass Russland „stets die Kernwaffen als ein Mittel zur Zügelung betrachtete, deren Einsatz eine extreme und erzwungene Maßnahme ist“. „Russland hat immer eine verantwortungsvolle Position eingenommen und die notwendigen Anstrengungen für eine Verringerung der nuklearen Gefahr und für eine Nichtzulassung einer Zuspitzung der zwischenstaatlichen Beziehungen unternommen“, betonte Peskow.
Die aktualisierte nukleare Doktrin der Russischen Föderation enthalte nichts, worüber der Westen nicht auf dem Laufenden gewesen wäre. Russland unternehme aber alles Mögliche für die Nichtzulassung eines Nuklearkrieges, erklärte der russische Außenminister Sergej Lawrow. Und wie er weiter unterstrich, „sind wir davon überzeugt, dass die Kernwaffen vor allem dafür bestimmt sind, jeglichen Nuklearkrieg zu verhindern“. „Gerade so betrachten wir diese Situation.“
Die vorgenommenen Änderungen an der russischen nuklearen Doktrin würden die Anstrengungen des Westens, um Russland eine strategische Niederlage zuzufügen, null und nichtig machen und die Möglichkeit eines Sieges über dessen Streitkräfte auf dem Schlachtfeld ausschließen, erklärte Sergej Naryschkin, der Direktor der russischen Auslandsaufklärung.
„Die Erklärung von Wladimir Putin über die Vornahme von Änderungen an den „Grundlagen der staatlichen Politik der Russischen Föderation“ war vom Westen mit Vorsicht aufgenommen worden“, betonte der Politiker in einem Interview für das Magazin „Nationale Verteidigung“. Nach seinen Worten würde man im Westen begreifen, dass die Korrekturen an der nuklearen Doktrin die Pläne von USA und NATO zunichtemachen würden, und „die geplante Erweiterung der Liste der Grundlagen für einen Einsatz von Kernwaffen schließt faktisch die Möglichkeit eines Sieges über die Streitkräfte Russlands auf dem Schlachtfeld aus“. Der Chef der russischen Auslandsaufklärung unterstrich überdies, dass „die Gestaltung einer eurasischen Sicherheitsarchitektur der durchdachteste Ausweg aus der Sackgasse eines nuklearen Krieges, zu dem die sich auf eine Konfrontation versteiften euro-atlantischen Eliten die Welt treiben, ist“.
„In der gegenwärtigen Situation müssen alle Seiten Ruhe bewahren und Zurückhaltung an den Tag legen, wobei die Anstrengungen fortgesetzt werden, die auf eine Deeskalation durch einen Dialog und Konsultationen abzielen, um die strategischen Risiken zu verringern“, zitierte das chinesische Blatt „The Global Times“ den Sprecher des Außenministeriums Chinas, Lin Jian, der zur Aktualisierung der russischen Nukleardoktrin befragt wurde.
Derweil würden die USA keine Notwendigkeit sehen, auf die Aktualisierung der russischen Nukleardoktrin zu reagieren, meldete die Nachrichtenagentur Bloomberg am Dienstag unter Berufung auf einen Vertreter des Nationalen Sicherheitsrates der USA. Später erklärte am gleichen Tag auch der Sprecher des US-Außenministeriums Matthew Miller, dass die Vereinigten Staaten „keine Gründe sehen, ihre Nuklearpolitik zu korrigieren“. „Wir rufen aber Russland weiterhin auf, die militante und verantwortungslose Rhetorik einzustellen“, fügte Miller hinzu.
In Deutschland hat man natürlich auch das neue Dokument aus dem Kreml umfangreich kommentiert. Der Deutschlandfunk meinte beispielsweise: „Der russische Präsident Putin hat neue Grundsätze für den Einsatz von Atomwaffen gebilligt. Ein Nuklearschlag dürfe nun bereits als Reaktion auf einen Angriff mit konventionellen Waffen genehmigt werden, wenn dieser von einer Atommacht ausgehe…“. „Weiter heißt es, Moskau werde Aggressionen einzelner Staaten auch als Aggressionen gesamter Bündnisse werten, zu denen die jeweiligen Staaten gehören. Damit richtet sich Russland konkret gegen die NATO und die Entscheidung der US-Regierung, der Ukraine den Einsatz weitreichender Raketen auf Ziele in Russland zu erlauben.“
Das „Handelsblatt“ schrieb am Dienstagabend: „Seit mittlerweile 1000 Tagen tobt der russische Angriffskrieg in der Ukraine. Und ausgerechnet an diesem symbolträchtigen Dienstag hat Präsident Wladimir Putin die überarbeitete russische Atomdoktrin unterschrieben.
Die neue Atomdoktrin löst die alte Fassung aus dem Jahr 2020 ab. Schon diese erlaubte den Einsatz des russischen Atomwaffenarsenals, wenn die Existenz des Staates bedroht ist. Neu aufgenommen in die Szenarien, die einen Nukleareinsatz rechtfertigen können, wurde nun ein konventioneller Angriff eines Staates, der zwar nicht über eigene Nuklearwaffen verfügt, aber von Atommächten unterstützt wird. Dies werde als gemeinsamer Angriff auf Russland gewertet, heißt es in der neuen Doktrin.
Das trifft auf die Ukraine zu, die sich zwar gegen die Angreifer verteidigt, aber in der Region Kursk auch mit Bodentruppen auf russisches Territorium vorgestoßen ist und dabei von den Atommächten USA, Großbritannien und Frankreich unterstützt wird“.
Die Redaktion „NG Deutschland“ hat eine Übersetzung der überarbeiteten Nukleardoktrin Russlands vorbereitet, damit sich die Leser selbst eine Meinung dazu bilden können.
Grundlagen der staatlichen Politik der Russischen Föderation auf dem Gebiet der nuklearen Zügelung

I. Allgemeine Bestimmungen
1. Die vorliegenden Grundlagen sind ein strategisches Planungsdokument auf dem Gebiet der Gewährleistung der Verteidigung und widerspiegeln die offiziellen Ansichten zum Wesen der nuklearen Zügelung, sie bestimmen die militärischen Gefahren und Bedrohungen, für deren Neutralisierung eine nukleare Zügelung vorgenommen wird, die Prinzipien für eine nukleare Zügelung, aber auch die Bedingungen für einen Übergang der Russischen Föderation zum Einsatz von Kernwaffen.
2. Das garantierte Zügeln eines potenziellen Gegners vor einer Aggression gegen die Russische Föderation und (oder) deren Verbündeten gehört zu den höchsten staatlichen Prioritäten. Das Zügeln einer Aggression wird durch die ganze Gesamtheit der militärischen Stärke der Russischen Föderation inklusive Kernwaffen gewährleistet.
3. Die staatliche Politik der Russischen Föderation auf dem Gebiet der nuklearen Zügelung (im Weiteren – staatliche Politik auf dem Gebiet der nuklearen Zügelung) stellt eine Gesamtheit koordinierter, durch einen gemeinsamen Grundgedanken vereinter politischer, militärischer, militärtechnischer, diplomatischer, wirtschaftlicher, informationsseitiger und anderer durchzuführender Maßnahmen mit einem Setzen auf die Kräfte und Mittel für eine nukleare Zügelung zwecks Verhinderung einer Aggression gegen die Russische Föderation und (oder) ihrer Verbündeten dar.
4. Die staatliche Politik auf dem Gebiet der nuklearen Zügelung trägt einen Verteidigungscharakter, ist auf die Bewahrung des Potenzials der nuklearen Kräfte auf dem Niveau, das für die Gewährleistung der nuklearen Zügelung ausreichend ist, ausgerichtet und garantiert den Schutz der Souveränität und territorialen Integrität des Staates, eine Zügelung des potenziellen Gegners vor einer Aggression gegen die Russische Föderation und (oder) deren Verbündeten, und im Falle des Auftretens eines militärischen Konflikts die Nichtzulassung einer Eskalation der militärischen Handlungen und deren Beendigung zu für die Russische Föderation und (oder) deren Verbündeten akzeptablen Bedingungen.
5. Die Russische Föderation betrachtet die Kernwaffen als ein Mittel zur Zügelung, deren Einsatz eine extreme und erzwungene Maßnahme ist, und unternimmt alle erforderlichen Anstrengungen für eine Verringerung der nuklearen Bedrohung und eine Nichtzulassung der Zuspitzung der zwischenstaatlichen Beziehungen, die dazu angetan ist, militärische Konflikte, darunter nukleare zu provozieren.
6. Die normative und Rechtsbasis für die vorliegenden Grundlagen bilden die Verfassung der Russischen Föderation, die allgemein anerkannten Prinzipien und Normen des Völkerrechts, die internationalen Verträge der Russischen Föderation, föderale Verfassungsgesetze, föderale Gesetze sowie andere normative Rechtsakte und Dokumente, die die Fragen der Verteidigung und Sicherheit regeln.
7. Die Bestimmungen der vorliegenden Grundlagen sind für eine Umsetzung durch alle föderalen staatlichen Machtorgane sowie anderen staatlichen Behörden und Organisationen, die an der Gewährleistung der nuklearen Zügelung teilnehmen, verbindlich.
8. Die vorliegenden Grundlagen können in Abhängigkeit von äußeren und inneren Faktoren, die die Gewährleistung der Verteidigung beeinflussen, präzisiert werden.

II. Das Wesen der nuklearen Zügelung
9. Die Russische Föderation nimmt eine nukleare Zügelung hinsichtlich eines potenziellen Gegners vor, unter dem einzelne Staaten und Militärkoalitionen (Blöcke, Bündnisse) verstanden werden, die die Russische Föderation als einen potenziellen Gegner betrachten sowie über Kern- und (oder) andere Arten von Massenvernichtungswaffen oder über ein erhebliches konventionelles Gefechtspotenzial verfügen. Eine nukleare Zügelung erfolgt gleichfalls hinsichtlich der Staaten, die das von ihnen kontrollierte Territorium, den von ihnen kontrollierten Luftraum und (oder) das entsprechende Seegebiet sowie Ressourcen für die Vorbereitung und Durchführung einer Aggression gegen die Russische Föderation zur Verfügung stellen.
10. Die Aggression eines jeden beliebigen Staates aus dem Bestand einer Militärkoalition (eines Blocks, eines Bündnisses) gegen die Russische Föderation und (oder) deren Verbündeten wird insgesamt als eine Aggression dieser Koalition (dieses Blocks, dieses Bündnisses) angesehen.
11. Die Aggression gegen die Russische Föderation und (oder) deren Verbündeten seitens eines jeglichen kernwaffenfreien Staates unter Beteiligung oder mit Unterstützung eines Nuklearwaffen besitzenden Staates wird als deren gemeinsamer Überfall angesehen.
12. Die nukleare Zügelung zielt auf die Gewährleistung eines Begreifens durch den potenziellen Gegner ab, dass im Falle einer Aggression gegen die Russische Föderation und (oder) deren Verbündeten eine Vergeltung unausweichlich ist.
13. Die nukleare Zügelung wird durch das Vorhandensein von gefechtsbereiten Kräften und Mitteln im Bestand der Streitkräfte der Russischen Föderation, die in der Lage sind, durch den Einsatz von Kernwaffen dem potenziellen Gegner garantiert einen inakzeptablen Schaden unter jeglichen Lagebedingungen zuzufügen, aber auch durch die Bereitschaft und Entschlossenheit der Russischen Föderation, solche Waffen einzusetzen, gewährleistet.
14. Die nukleare Zügelung erfolgt ununterbrochen in Friedenszeiten, in der Zeit der unmittelbaren Gefahr einer Aggression und in Kriegszeiten bis hin zum Beginn eines Einsatzes von Kernwaffen.
15. Die hauptsächlichen militärischen Gefahren, die in Abhängigkeit von der Veränderung der militärpolitischen und strategischen Lage zu militärischen Bedrohungen für die Russische Föderationen (zu Bedrohungen einer Aggression) ausufern können und für deren Neutralisierung die nukleare Zügelung vorgenommen wird, sind:
a) das Vorhandensein von Kern- und (oder) anderen Arten von Massenvernichtungsmitteln auf Seiten des potenziellen Gegners, die gegen die Russische Föderation und (oder) deren Verbündeten eingesetzt werden können, aber auch von Trägermitteln für diese Waffenarten;
b) das Vorhandensein auf Seiten des potenziellen Gegners von Raketenabwehrsystemen und -mitteln, von Flügel- und ballistischen Raketen mittlerer und kurzer Reichweite, von hochpräzisen nichtnuklearen und Hyperschallwaffen, von Angriffsdrohnen unterschiedlicher Stationierung sowie von Waffen mit einem gezielten Energieeinsatz und deren Entfaltung durch ihn, die gegen die Russische Föderation eingesetzt werden können;
c) die Aufstockung von Gruppierungen konventioneller Streitkräfte durch den potenziellen Gegner auf den an die Russische Föderation und deren Verbündeten angrenzenden Territorien und in angrenzenden Seegebieten, in deren Bestand sich Trägermittel für Kernwaffen befinden, und (oder) die Erweiterung der militärischen Infrastruktur, die deren Einsatz absichert;
d) die Schaffung und Stationierung von Mitteln für eine Raketenabwehr und für eine Bekämpfung von Satelliten, aber auch von Angriffssystemen durch den potenziellen Gegner im Weltall;
e) die Stationierung von Kernwaffen und deren Trägermittel auf Territorien kernwaffenfreier Staaten;
f) die Bildung neuer oder die Erweiterung existierender Militärkoalitionen (Blöcke, Bündnisse), was zu einem Heranrücken deren militärischen Infrastruktur zu den Grenzen der Russischen Föderation führt;
g) Handlungen des potenziellen Gegners, die auf die Isolierung eines Teils des Territoriums der Russischen Föderation abzielen, unter anderem ein Blockieren des Zugangs zu lebenswichtigen Transportwegen;
h) Handlungen des potenziellen Gegners, die auf ein Treffen (eine Zerstörung, eine Vernichtung) ökologisch gefährlicher Objekte der Russischen Föderation abzielen und die zu technogenen, Umwelt- oder sozialen Katastrophen führen können;
i) das Planen und die Abhaltung großangelegter Militärmanöver durch den potenziellen Gegner in der Nähe der Grenzen der Russischen Föderation;
j) eine unkontrollierte Verbreitung von Massenvernichtungsmitteln, deren Trägermittel sowie von Technologien und Anlagen für deren Herstellung.
16. Prinzipien der nuklearen Zügelung sind:
a) der ununterbrochene Charakter der Maßnahmen zur Gewährleistung der nuklearen Zügelung;
b) die Anpassungsfähigkeit der nuklearen Zügelung an militärische Gefahren und Bedrohungen;
c) die Unbestimmtheit der Dimension, der Zeit und des Orts für einen möglichen Einsatz der Kräfte und Mittel für die nukleare Zügelung für den potenziellen Gegner;
d) die Zentralisierung der staatlichen Führung des Wirkens der föderalen exekutiven Machtorgane und der Organisationen, die an der Gewährleistung der nuklearen Zügelung beteiligt sind;
e) der rationale Charakter der Struktur und Zusammensetzung der Kräfte und Mittel für die nukleare Zügelung, aber auch deren Bewahrung auf einem Stand, der für die Erfüllung der gestellten Aufgaben hinreichend ist;
f) die Wahrung der ständigen Bereitschaft eines festgelegten Teils der Kräfte und Mittel zur nuklearen Zügelung für einen Gefechtseinsatz;
g) eine Zentralisierung der Leitung des Einsatzes der Kernwaffen, darunter der außerhalb des Territoriums der Russischen Föderation stationierten.
17. Die Kräfte zur nuklearen Zügelung der Russischen Föderation umfassen auf dem Land, der See und in der Luft basierende nukleare Mittel.

III. Bedingungen für den Übergang der Russischen Föderation zum Einsatz von Kernwaffen
18. Die Russische Föderation behält sich das Recht vor, Kernwaffen als Antwort auf den Einsatz von Kern- und (oder) anderen Arten von Massenvernichtungswaffen gegen das Land und (oder) dessen Verbündeten anzuwenden, aber auch im Falle einer Aggression gegen die Russische Föderation und (oder) Republik Weißrussland als Beteiligte des Unionsstaates unter Einsatz konventioneller Waffen, die eine kritische Bedrohung für deren Souveränität und (oder) territorialen Integrität verursacht.
19. Bedingungen, die die Möglichkeit eines Einsatzes von Kernwaffen durch die Russische Föderation bestimmen, sind:
a) der Eingang glaubwürdiger Informationen über den Start ballistischer Raketen, die Territorien der Russischen Föderation und (oder) deren Verbündeten angreifen;
b) der Einsatz von Kern- und anderen Arten von Massenvernichtungswaffen gegen Territorien der Russischen Föderation und (oder) deren Verbündeten, gegen Militärformationen und (oder) Objekte der Russischen Föderation, die sich außerhalb ihres Territoriums befinden;
c) das Einwirken des Gegners auf kritisch wichtige staatliche und militärische Objekte der Russischen Föderation, deren Ausfall zu einem Scheitern von Antworthandlungen der nuklearen Kräfte führt;
d) eine Aggression gegen die Russische Föderation und (oder) Republik Weißrussland als Beteiligte des Unionsstaates unter Einsatz konventioneller Waffen, die eine kritische Bedrohung für ihre Souveränität und (oder) territoriale Integrität schafft;
e) der Eingang glaubwürdiger Informationen über einen massiven Start (das Abfliegen) von Mitteln für einen Angriff aus der Luft und dem Kosmos (von Flugzeugen der strategischen und taktischen Luftstreitkräfte, von Flügelraketen, Drohnen, Hyperschall- und anderen Flugapparaten) und das Überfliegen der Staatsgrenze der Russischen Föderation durch sie.
20. Die Entscheidung über den Einsatz von Kernwaffen wird durch den Präsidenten der Russischen Föderation getroffen.
21. Der Präsident der Russischen Föderation kann bei Bedarf die militärpolitische Führung anderer Staaten und (oder) internationale Organisationen über die Bereitschaft der Russischen Föderation, Kernwaffen einzusetzen, oder über die getroffene Entscheidung hinsichtlich des Einsatzes von Kernwaffen, aber auch über die Tatsache deren Einsatzes informieren.

IV. Aufgaben und Funktionen der föderalen staatlichen Machtorgane, anderer staatlicher Behörden und Organisationen zur Realisierung der staatlichen Politik auf dem Gebiet der nuklearen Zügelung
22. Die Gesamtleitung der staatlichen Politik auf dem Gebiet der nuklearen Zügelung nimmt der Präsident der Russischen Föderation vor.
23. Die Regierung der Russischen Föderation verwirklicht die Maßnahmen zur Realisierung der Wirtschaftspolitik, die auf eine Bewahrung und Entwicklung der Mittel für die nukleare Zügelung ausgerichtet ist, und gestaltet und realisiert gleichfalls die Außen- und Informationspolitik auf dem Gebiet der nuklearen Zügelung.
24. Der Sicherheitsrat der Russischen Föderation entwickelt die Hauptrichtungen der Militärpolitik auf dem Gebiet der nuklearen Zügelung, nimmt aber auch die Koordinierung des Wirkens der föderalen exekutiven Machtorgane und der Organisationen vor, die an der Verwirklichung der vom Präsidenten der Russischen Föderation getroffenen Entscheidungen, die die Gewährleistung der nuklearen Zügelung betreffen, teilnehmen.
25. Das Ministerium für Verteidigung der Russischen Föderation realisiert über den Generalstab der Streitkräfte der Russischen Föderation die unmittelbare Planung und Durchführung der organisatorischen und militärischen Maßnahmen auf dem Gebiet der nuklearen Zügelung.
26. Die anderen föderalen exekutiven Machtorgane und Organisationen nehmen an der Realisierung der vom Präsidenten der Russischen Föderation getroffenen Entscheidungen, die die Gewährleistung der nuklearen Zügelung betreffen, entsprechend ihren Vollmachten teil.