Unabhängige Zeitung

Private Tageszeitung

Putin hebt alle Grenzen der Sonderoperation in der Ukraine auf…


Die vergangene Woche hat Wladimir Putin Anlässe für eine Reihe außenpolitischer Erklärungen gegeben. Alle waren in der einen oder anderen Art mit der militärischen Sonderoperation Russlands auf dem Territorium der Ukraine verbunden. Insgesamt ist zu konstatieren, dass der Kreml hartnäckig sozusagen eine naive Herangehensweise an die internationalen Beziehungen propagiert, indem er für solche Prinzipien für sie wie Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit eintritt. Dies hat es nie in der Geschichte gegeben, gibt es auch jetzt nicht und ist natürlich auch nicht in der Zukunft abzusehen. Es ist klar, dass der Präsident an sich weit von solch einer Naivität entfernt ist, aber ihr Deklarieren erlaubt, den Anschein zu erwecken, dass die russische Position moralische Grundlagen hat.

Was die Sonderoperation als solche angeht, so hat Putin in der vergangenen Woche eine präzisierte Beschreibung ihrer Ziele vorgenommen. „Dies sind die Befreiung des Donbass, der Schutz dieser Menschen und die Schaffung von Bedingungen, die die Sicherheit von Russland an sich garantieren würden“, erklärte der Präsident, wobei er kategorisch hinzufügte: „Und das ist es. Die Arbeit erfolgt ruhig und rhythmisch“. Das heißt: Man kann konstatieren, dass er für die Sonderoperation jegliche Grenzen aufgehoben hat. Und genauer: Er hat sich das Recht vorbehalten, sie zu einem gewissen nötigen Zeitpunkt zu bestimmen, wobei er somit einen Sieg oder irgendeine Etappe von ihr erklärt. Tatsächlich aber können sowohl „die Befreiung des Donbass“ als auch „der Schutz der Menschen“ und umso mehr die Bedingungen, die die Sicherheit des Landes garantieren würden, schon keine vollkommen erreichbaren Ziele sein. Dabei hielt es der Präsident für nötig, besonders zu unterstreichen, dass er nie irgendwelche Fristen für die Sonderoperation gestellt hätte, „denn dies ist doch das Leben, dies sind reale Sachen“.

Derweil ist in der vergangenen Woche klar geworden, dass sich die russische Wirklichkeit entsprechend einer Linie – der Sonderoperation – gestaltet oder bereits gar ihr entsprechend gestaltet worden ist. Einerseits behaupten freilich kundige Quellen der „NG“, dass Putin deutlich auf die Unzulässigkeit einer Ausnutzung des Themas der Sonderoperation in der Innenpolitik verweise, andererseits aber erklärt sie die Kremlpartei „Einiges Russland“ als die Spitze ihres Agitationsdreiecks im laufenden bzw. begonnenen Wahlkampf. Die parlamentarische Opposition schert aus diesem Trend nicht aus. Und während beispielsweise die erneuerte LDPR vor allem bildliche Elemente der Sonderoperation übernimmt, haben die Linken – vor allem die KPRF, obgleich auch „Gerechtes Russland – Für die Wahrheit“ hier nicht zurücksteht – die Nische der radikalen Anhänger der gegenwärtigen Herrschenden eingenommen. In dem Sinne, dass sie ständig vom Kreml ein Mehr an Sonderoperation verlangen. Somit ergibt sich die Situation, in der letztere zu einem Instrument für einen Konsens der Parteikräfte zugunsten der Herrschenden wird.

Gerade die Wahlen haben in der vergangenen Woche gelungen die Eigenart des aktuellen Zeitpunkts unterstrichen. Die politische Konkurrenz hat sich endgültig auf den Nullpunkt gebracht. Wobei der parlamentarischen Opposition, die vom Wesen der Sache her auf ein Eingreifen in die Wahl der Gouverneure verzichtet hat, faktisch im Gegenzug dazu das Recht auf umfangreiche Kampagnen für die Wahlen zu den gesetzgebenden Versammlungen (Parlamenten) der Regionen versagt bleibt. Und die Parteien sind gezwungen, solch einer Herangehensweise an den einst üblichen Handel zuzustimmen. Parallel dazu bereinigen die Vertreter der Rechtsschutz- und Sicherheitsorgane deren Reihen von mehr oder weniger durchkommenden/erfolgversprechenden oder medienaktiven Figuren – auch im Kontext des Kampfes gegen die Gegner der Sonderoperation, die am Montag bereits den 131. Tag andauert. Und wenn in dieser Hinsicht seitens der Parteien doch Einwände aufkommen, so werden sie durch die Herrschenden zurückgewiesen.

Zu noch einem spürbaren Merkmal der Gegenwart wurde die Wiederaufnahme des Prozesses, in dessen Rahmen die Gesetzgebung drakonischer werden soll. In der letzten Woche hat die Staatsduma (des russische Unterhaus – Anmerkung der Redaktion) irgendwie direkt als eine Salve mehrere Initiativen aus dem entsprechenden Gesetzespaket zur abschließenden Abstimmung gebracht. In erster Linie war dies der Entwurf für das Gesetz über die Kontrolle der Personen, die sich unter einem ausländischen Einfluss befinden. Im eigentlichen Namen ist auch sein ganzes Wesen bestimmt worden: Die Offiziellen verschaffen sich die Möglichkeit, jeden Beliebigen als einen „ausländischen Agenten“, das heißt einen „neuen Volksfeind“ anzusehen, wobei sie sich das Recht vorbehalten, solche Menschen entweder hart zu bestrafen oder zu verwarnen.