Der Besuch des 1. Stellvertreters des Leiters der Präsidialamtes Sergej Kirijenko in den Verwaltungsgebieten Saporoschje und Cherson belegt, dass diese Territorien doch Referenda über einen Beitritt zu Russland veranstalten werden. Die Gerüchte hinsichtlich des 11. September sind bereits durch Aussagen der neuen Offiziellen, die in Kiew als Kollaborateure bezeichnet werden, über eine Abstimmung „Anfang Herbst“ abgelöst worden. Es scheint, dass unter Berücksichtigung der Beschleunigung des Prozesses, in dessen Rahmen die künftigen Bürger Russlands mit Pässen ausgestattet werden, das Prozedere ebenfalls entsprechend russischen Gesetzen erfolgen kann. Freilich, neben den Donbass-Republiken DVR und LVR wird man noch vorübergehend auch eine Volksrepublik Cherson und eine Volksrepublik Saporoschje etablieren müssen. Dann wird dies die Möglichkeit für zwei Szenarios eröffnen: entweder ein Sonderreferendum auf Initiative des Kremls, es muss aber ein gesamtföderales sein, oder regionale Plebiszite gemäß dem Typ dessen, was in der Russischen Föderation im Jahr 2020 zwecks Annahme von Verfassungsänderungen über die Bühne gezogen worden war. Oder man wird sich auf Akte der selbstausgerufenen Republiken beschränken.
Seit dem 25. Mai gelten in den Gebieten Saporoschje und Cherson vereinfachte Modalitäten für die Beantragung und den Erhalt der Staatsbürgerschaft der Russischen Föderation, die laut Berichten des russischen Staatsfernsehens auf großes Interesse bei der einheimischen Bevölkerung stoßen. Und mehr noch, wie am 8. Juni vom Chef der Militär- und Zivilverwaltung von Cherson, von Wladimir Saldo, bekannt wurde, könne jeglicher Ukrainer einen Antrag auf Ausstellung eines russischen Passes stellen. „Gestern wurde auf einer Beratung beschlossen, Dokumente von allen Interessanten anzunehmen“, erläuterte er.
Saldo präzisierte nicht, was das für eine Beratung gewesen war. Es ist aber unschwer zu erraten, dass sie im Zusammenhang mit dem Blitz-Besuch von Kirijenko einberufen worden war. Es wurde unter anderem beispielsweise bekannt, dass der 1. Stellvertreter des Leiters der Administration des russischen Präsidenten in Berdjansk weilte. Das Mitglied des Hauptrates bei der Militär- und Zivilverwaltung des Verwaltungsgebietes Saporoschje, Wladimir Rogow, teilte in einer Sendung des TV-Kanals „Solowjow Live“ nicht nur Details der Reise mit, sondern erklärte gleichfalls: „Die Integrationsprozesse werden von beiden Seiten aus verstärkt. Wir sind mit unserem Wunsch, Teil der Russischen Föderation zu werden, vernommen worden“.
Früher hatten die neuen, von Moskau eingesetzten Machthaber des Verwaltungsgebietes unterstrichen, dass ohne eine vollständige Kontrolle über das Territorium ein Referendum nicht zweckmäßig sei. Jetzt aber erklärte der Chef der Militär- und Zivilverwaltung von Saporoschje, Wladimir Balizkij, frank und frei: Laut vorläufigen Informationen werde die Abstimmung Anfang Herbst erfolgen. Dabei berichtet die Führung beider Verwaltungsgebiete, dass deren Einwohner direkt losgestürmt seien, um Pässe der Russischen Föderation zu beantragen und zu erhalten. Und daher seien zusätzliche Anlaufstellen nötig.
Die beschleunigte Erteilung der russischen Staatsbürgerschaft belegt wahrscheinlich, dass die anstehenden Referenda gemäß russischen Gesetzen erfolgen. Obgleich auch die Variante möglich ist, dass man sich für sie besondere lokale Regeln ausdenkt. Dann muss man aber eine Volksrepublik Cherson und eine Volksrepublik Saporosche bilden. Kirijenko hat eventuell gerade diese Frage erörtert. Denn selbst gemäß dem Gesetz der Russischen Föderation über einen Beitritt anderer Staaten oder deren Teile ist eine Entscheidung des Zentrums erforderlich. Und es wird einfacher, zeitweilig Volksrepubliken auszurufen, um sie dann zusammen mit der DVR und LVR nach Russland zu holen. Und man wird mit Entscheidung des Präsidenten ein Sonderreferendum abhalten. Hier aber gibt es ein Problem: Dies muss ein gesamtrussisches Referendum sein. Folglich ist eine freiere Volksabstimmung in den entsprechenden ukrainischen Regionen gemäß dem Typ dessen, was es in der Russischen Föderation vor beinahe zwei Jahren gegeben hatte, durchaus wahrscheinlich.