Der russische Präsident Wladimir Putin hat am Mittwoch(am 16.03.) erklärt, dass die USA und die EU es abgelehnt hätten, die Verbindlichkeiten gegenüber der Russischen Föderation zu erfüllen, und somit in den Zustand eines Defaults gegenüber Russland geraten seien. Das Finanzministerium der Russischen Föderation hatte vorab alle erforderlichen Zahlungen an die entsprechenden westlichen Banken ausgelöst, wobei es gewarnt hatte: Wenn sie aufgrund der Sanktionen nicht abgewickelt werden, werden wir mit Rubeln zahlen. Das Einfrieren hunderter Millionen Dollar aus den russischen Reserven hatte eine Schockwirkung auf viele Länder ausgelöst, die jetzt sich um die Unversehrtheit ihrer Reserven Gedanken machen. Dae Festsetzen von Dollar-Vermögen beschleunigt die Verringerung des Anteils der US-amerikanischen Währung bei den internationalen Verrechnungen und Zahlungen sowie in den Reserven, meinen Experten.
Das Vertrauen in den Dollar werde wesentlich durch jene Restriktionen untergraben, die die amerikanischen Behörden hinsichtlich der Verwendung der US-amerikanischen Währung verhängen würden, sagte Finanzminister Anton Siluanow am Mittwoch. Nach seinen Worten würden im Handel mit den ständigen Partnern, solchen wie China, Indien und die Länder der Eurasischen Wirtschaftsunion die Umfänge des Handels ohne Dollarzahlungen sowie der Zahlungen in nationalen Währungen mit jedem Jahr zunehmen.
Am Mittwoch sollte Russland 117,2 Millionen Dollar fällige Zinsen für zwei Dollar-Anleihen, die eine Laufzeit bis 2023 bzw. 2043 haben, zahlen. Siluanow berichtete, dass bereits am 14. März das Finanzministerium an die entsprechenden westlichen Banken die Zahlungsaufträge für diese Zahlung gesandt und gewarnt hätte, dass, wenn diese Zahlung aufgrund des Einfrierens von internationalen Reserven Russlands nicht vorgenommen werden könnten, die Bezahlung in Rubel erfolgen werde. Es sei daran erinnert, dass aufgrund der Sanktionen der USA, Europas und deren Verbündeten, die der Zentralbank Russlands den Zugang zu einem Teil der Gold- und Devisenreserven blockiert hatten, Russland fast die Hälfte davon – rund 300 Milliarden Dollar – nicht nutzen kann.
Im Westen wird man wahrscheinlich nicht erlauben, teilweise die Sanktionen aufzuheben, doch Rubel will man nicht annehmen. Die Vornahme der Zinszahlungen zu den in Dollar nominierten Eurobonds in Rubel durch Russland wird als ein souveräner Default nach Verstreichen einer vergünstigten 30-Tag-Frist für die Schuldentilgung gewertet, erklärte am Mittwoch die Rating-Agentur Fitch.
Die russische Seite war aber der Meinung, dass die westlichen „Partner“ selbst einen Default erklärt hätten, indem sie die Reserven der Russischen Föderation auf Eis gelegt hätten. Die USA und die Europäische Union hätten faktisch einen Default zu den Verbindlichkeiten gegenüber Russland erklärt. Jetzt wisse jeder, dass man Staatsreserven stehen könne, erklärte am Mittwoch Präsident Wladimir Putin. Angesichts dessen könnten viele Länder in der nächsten Zeit beginnen, ihre Papier- und digitalen Anlagen in wahre Reserven in Form von Rohstoffwaren, Land, Lebensmitteln, Gold und anderen realen Objekten zu konvertieren, was wiederum nur den Mangel auf den Märkten vergrößern werde, sagte er.
Nach Aussagen Siluanows bedeute der Begriff „Default“ die Unfähigkeit, seine Verbindlichkeiten zu bedienen. Und er sei in Bezug auf Russland nicht anwendbar. „Die Möglichkeit oder Unmöglichkeit, unsere Verbindlichkeiten in einem Devisenäquivalent zu erfüllen, hängt nicht von uns ab. Wir haben Geld. Den Zahlungsauftrag haben wir ausgelöst. Der Ball ist jetzt in erster Linie auf der Seite der amerikanischen Behörden“, sagte Siluanow. Der Finanzminister fügte hinzu, dass Washington erläutern müsse, ob die Zahlungen hinsichtlich der Staatsschulden von Devisenkonten Russlands vorgenommen werden können.
Das Einfrieren eines so großen Vermögens wie die halben russischen Staatsreserven, hatte eine drastische Zunahme der Aktivitäten von Ländern zum Abgehen vom Dollar in den Zahlungen ausgelöst. Und dies werde, wie einige Experten annehmen, in fernerer Perspektive eine aktive Flucht von ihm in den internationalen Reserven vieler Ländern auslösen.
„Wäre es richtig, Russland aus dem weltweiten Finanzsystem auszustreichen? Skeptiker meinen, dass dies der Beginn vom Ende des Dollars als Reservewährung wäre“, schreibt das amerikanische Blatt „The Wall Street Journal“. China und Russland würden möglicherweise daran arbeiten, Amerika die Macht des Dollars zu nehmen, betont das Blatt, wobei es daran erinnert, dass seit 2014 China und Russland (beide haben Staatsanleihen von mehr als einer Billion Dollar bzw. rund 100 Milliarden Dollar) bereits drastisch ihre Abhängigkeit vom Dollar im bilateralen Handel verringert hätten.
Das Blatt lenkte gleichfalls das Augenmerk darauf, dass Saudi-Arabien die Prüfung der Möglichkeit einer Nutzung des Yuans anstelle des Dollars bei den Zahlungen für einen Teil der Lieferungen an Erdöl, das es nach China exportiert, aktiviert hätte (die Volksrepublik China kauft über 25 Prozent des Erdöls, das Saudi-Arabien exportiert). Betont wird, dass solch ein Schritt das Dominieren der amerikanischen Währung auf dem internationalen Markt der Energieressourcen abschwächen, aber auch eine Annäherung Saudi-Arabiens, des weltweit größten Ölexporteurs, mit seinen Partnern in der asiatisch-pazifischen Region demonstrieren könne.
Indien – weltweit der drittgrößte Importeur von Erdöl – erörtert gleichfalls die Möglichkeit eines Erwerbs von Waren von Russland mit Hilfe alternativer Formen. Im bilateralen Handel mit Russland werde die Möglichkeit einer Nutzung des Yuans als Basiswährung für die Schaffung eines Mechanismus für die Handelszahlungen in nationalen Währungen entsprechend dem Schema Rupie-Rubel erörtert, meldete dieser Tage die indische Zeitung „Mint“ unter Berufung auf Quellen in der Regierung.
Heute entfallen fast 60 Prozent der Devisenreserven auf den Dollar. Und sie belaufen sich auf 12,8 Billionen, schreibt „The Wall Street Journal“. Laut Angaben des Internationalen Währungsfonds hat sich im vierten Quartal des Jahres 2020 der Anteil der Dollar-Reserven in den Vermögen der Zentralbanken bis auf 59 Prozent verringert. Dies ist der geringste Stand der letzten 25 Jahre. Seit dem Zeitpunkt der Einführung des Euros 1999 hat sich dieser Anteil um zwölf Prozentpunkte verringert (von 71 Prozent).
Nach Meinung von Prof. Henrik Müller von der TU Dortmund seien Anzeichen für den Niedergang des Dollars die hohe Inflation (die Preise sind in den USA um bisher nie dagewesene acht Prozent angestiegen) und die Sanktionen gegen Russland. Das Einfrieren russischer Devisenreserven sei dies schlimmste Waffe im Arsenal der antirussischen Sanktionen. Und einen derartigen Schritt sei man bisher im allumfassenden Umfang nicht gegangen, betonte er. Wenn jedoch im Ergebnis solch eines Vorgehens in Bezug mit Geldern des souveränen Russlands die Befürchtungen aufkommen, dass Washington zu jedem beliebigen Moment Devisen-Vermögen auch anderer Länder konfiszieren könne, werde solch eine Untergrabung des Vertrauens dem Dollar schaden, meint der Experte.
„Solch scharfe Sanktionen können als ein Beschleuniger für eine Revision der Haltung zum Dollar als Basiswährung für die Zahlungen und Einlagen in vielen Ländern dienen“, sagte der „NG“ Dmitrij Alexandrow, Chef der Verwaltung für analytische Studien des Investitionsunternehmens „Univer Capital“. „Eine konkrete Dynamik ist bisher nicht auszumachen. Sie kann sich nicht früher als im Verlauf von mindestens mehreren Monaten offenbaren. Als Hauptfaktoren werden hier die Handlungen der USA an sich, unter anderem in Bezug auf die Reserven der Zentralbank Russlands, ein Zugeständnis gegenüber Saudi-Arabien, aber auch die Geschwindigkeit des Abstimmens der zwischenstaatlichen Prozeduren zur Harmonisierung der Zahlungssysteme, zur Organisierung der Zahlungen, Versicherung, Logistik usw. dienen“.
„Operative Angaben über Veränderungen der Währungsstruktur der internationalen Zahlungen im Zusammenhang mit den letzten Ereignissen liegen bisher nicht vor. Es werden wohl kaum irgendwelche grundlegenden Veränderungen in einer so kurzen Zeit möglich sein, besonders unter Berücksichtigung dessen, dass unter den Bedingungen einer Zunahme der Instabilität in der Weltwirtschaft die internationalen Investoren traditionell beginnen, sich an konservativere Strategien zu halten, wobei sie auf ein Risiko verzichten“, sagte der „NG“ der Analytiker des Instituts für komplexe strategische Untersuchungen Dmitrij Plechanow.
Noch hat Russland ca. drei Wochen Zeit, die Zinsen zu zahlen. Wenn das Geld aber nicht bis Mitte April bei Investoren ankommt, wäre das Land offiziell in Zahlungsverzug. Dies beträfe dann alle Fremdwährungsschulden des Landes über knapp 40 Milliarden Dollar, ebenso wie die Zinspapiere von staatlichen russischen Unternehmen über zusammen knapp 90 Milliarden Dollar.