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Russlands Außenministerium und die Börsen haben Dialog mit dem Westen als einen erfolglosen anerkannt


Die Serie von drei Treffen (in Genf, Brüssel und Wien), die in dieser Woche stattgefunden haben, hält Russland für eine insgesamt gescheiterte, erwartet aber eine US-amerikanische offizielle schriftlich ausgefertigte Antwort auf seine Sicherheitsvorschläge. Die weiteren Schritte des Kremls werden davon abhängen, was man gerade erhalten wird. Derart ist die Position der Russischen Föderation nach der Erörterung der russischen Vorschläge beim finalen Treffen, das am Donnerstag in Wien in Form einer Sondersitzung des Ständigen OSZE-Rates stattfand.

Mit den Gesprächen in der österreichischen Hauptstadt hatte man in Moskau anfangs keine besonderen Hoffnungen verknüpft. Die russischen Offiziellen hatten von Anfang an hinsichtlich des nunmehrigen Dialogs mit dem Westen eine klare Hierarchie der Begegnungen entsprechend ihrer Relevanz aufgebaut. Das erste und wichtigste erfolgte in Genf am Montag, dem 10. Januar, wo die Verhandlungen Delegationen Russlands und der USA führten. Dort wurde der Entwurf eines bilateralen Vertrags zu Sicherheitsfragen diskutiert. Beim zweiten Treffen, am Mittwoch, dem 12. Januar in Brüssel, wurde ein analoges Dokument vorgestellt, das in Vielem die Bestimmungen des angestrebten russisch-amerikanischen Vertrags doubliert, aber bereits für Russland und die NATO. Die Gespräche auf der OSZE-Ebene sahen somit in gewisser Weise wie formelle aus. Schließlich ist diese Organisation an sich angesichts ihrer Spezifik imstande, lediglich die Rolle eines Vermittlers im Dialog Russlands und des Westens zu spielen.

Dieser Umstand spielte auch seine Rolle dabei, dass die Presse mehr Informationen über die Gespräche in Wien denn über die Begegnungen in Genf und Brüssel hatte. Der ständige Vertreter der Russischen Föderation bei der OSZE Alexander Lukaschewitsch hielt vor seinen ausländischen Kollegen eine kurze, aber recht schöne Rede, in der kurz das wiederholt wurde, was die russischen Vertreter zuvor im Zusammenhang mit ihren Vorschlägen zu Sicherheitsfragen gesagt hatten.

Die Verantwortung für die Krise in den Beziehungen der Russischen Föderation und des Westens liege auf den USA und der NATO, die die „militärische Erschließung der Staaten des postsowjetischen Raums zwecks Ausnutzung deren Potenzial gegen unser Land“ fortsetzen würden, sagte er. Im Ergebnis dessen „sind praktisch die materiellen Grundlagen der europäischen Sicherheit zerstört worden“, wie sich Lukaschewitsch ausdrückte, auf denen insgesamt eine Reihe von Verträgen basierten, die nunmehr dank der Anstrengungen der Amerikaner nicht gelten würden. „Vom Wesen her sind die russischen Initiativen noch ein ernsthafter Versuch, sich doch darüber zu einigen, welche Linien man nicht übertreten darf, welche Herangehensweisen man nicht ignorieren sollte, die wir gemeinsam formuliert und in vielen Dokumenten verankert hatten“, sagte der russische Diplomat.

Im abschließenden Teil seiner Rede zitierte Lukaschewitsch den chinesischen Militärtheoretiker Sunzi (lebte zwischen ca. 534 v. Chr. und 453 v. Chr. – Anmerkung der Redaktion): Es gibt Wege, die man nicht beschreitet. Es gibt Armeen, die man nicht angreift. Es gebe Regionen, um die man nicht kämpft. So metaphorisch erinnerte er noch einmal daran, dass aus Russlands Sicht der Westen nicht um den postsowjetischen Raum kämpfen solle. Was aber andernfalls zu erwarten sei, erläuterte Lukaschewitsch ohne Metaphern: „Russland ist ein friedliebendes Land. Doch wir brauchen keinen Frieden um jeden Preis“.

Im Grunde genommen ist dies die Schlüsselfrage: Was hat Moskau jetzt vor zu unternehmen, unter den Bedingungen, unter denen der Westen zwei der drei russischen Schlüsselvorschläge zurückgewiesen hat (über Garantien für eine Nichterweiterung der NATO gen Osten sowie eine Nichtstationierung von Armeen und Waffen in Ländern des früheren sowjetischen Blocks und deren Abzug). Und in Bezug auf den dritten (über einen Verzicht auf die Stationierung von Angriffswaffensystemen in Europa und die Verringerung der militärischen Aktivitäten unweit der russischen Grenzen) bekundete er lediglich die Bereitschaft, diesen zu diskutieren. Bisher beschränkt sich der gesamte konkrete Inhalt diesbezüglich auf die Worte des russischen Vizeaußenministers Sergej Rjabkow. In einem Interview des Fernsehkanals RTVi erklärte er, dass er die Möglichkeit einer Stationierung einer russischen militärischen Infrastruktur auf Kuba und in Venezuela im Falle eines Scheiterns der Verhandlungen mit dem Westen „weder bestätigen noch ausschließen“ wolle. In dem erwähnten Interview konstatierte er, dass die USA und ihre Verbündeten „in keiner Weise“ bereit seien, „unseren Schlüsselforderungen“ entgegenzukommen. Darüber sprach auch Lukaschewitsch bei einem Briefing nach dem Wiener Treffen. Nach Rjabkows Erklärung fiel der Index der Moskauer Börse um mehr als zwei Prozent (die Talfahrt ging übrigens auch am Freitag weiter). Und auch der Rubelkurs hat eine neue Talfahrt begonnen.

Russlands Außenminister Sergej Lawrow behauptet seinerseits, dass sowohl die Amerikaner als auch NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg voraussichtlich in der kommenden Woche eine offizielle schriftliche Antwort geben würden. „Danach werden wir zusammen mit dem Verteidigungsminister den Präsidenten der Russischen Föderation informieren, da wir entsprechend seiner direkten Anweisung handeln. Dies ist seine Initiative“, sagte er. Es muss betont werden, dass Lawrows Erklärung in der Fernsehsendung des Ersten Kanals „Großes Spiel“ erfolgte, deren Ausgabe aufgezeichnet wurde, als die Gespräche in der Hauptstadt Österreichs noch andauerten.

Was die Vertreter der Länder des Westens angeht, so sprachen sie im Zusammenhang mit den Verhandlungen in Wien von der Notwendigkeit, den Dialog mit Russland zu aktivieren. Stoltenberg bekundete die Zuversicht, dass weitere Gespräche zu Sicherheitsfragen mit Moskau möglich seien. Und der amtierende OSZE-Vorsitzende, Polens Außenminister Zbigniew Rau, erklärte, dass seine Organisation eine geeignete Plattform für das Erreichen eines Kompromisses sei, und versprach, bald eine Reise in den Osten der Ukraine zu unternehmen, um sich dort mit der Situation genauer vertraut zu machen.