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Russlands Bevölkerung: plus-minus 3 Millionen Menschen


Der natürliche Bevölkerungsrückgang der Russischen Föderation hat in den ersten sieben Monaten dieses Jahres mehr als eine halbe Million Menschen erreicht. Folglich kann Russland in den zwei Jahren der Coronavirus-Epidemie durchaus über eine Million Menschen als Tote verlieren, wovor die „NG“ bereits gewarnt hat. Die Übersterblichkeit wird in unserem Land mehr oder weniger genau berechnet. Die gesamte Bevölkerungszahl des Landes wird aber wahrscheinlich um einige Millionen überhöht ausgewiesen. Es ist kein Zufall, dass in einem CIA-Handbuch die Bevölkerung der Russischen Föderation im Juli dieses Jahres mit beinahe vier Millionen Menschen weniger beziffert worden ist, als das russische Statistikamt Rosstat mitteilt.

Der natürliche Bevölkerungsrückgang in Russland machte ab Januar bis einschließlich Juli dieses Jahres 512.500 Menschen aus. Dies übertrifft um fast 200.000 den Wert für den analogen Zeitraum des Jahres 2020, folgt aus am Freitag veröffentlichten Rosstat-Zahlen. Laut Informationen des Statistikamtes machte der natürliche Bevölkerungsrückgang in den ersten sieben Monaten des vergangenen Jahres 316.300 Menschen aus. Die Parameter für die Geburten und Todesfälle weist die offizielle Statistik in unserem Land recht genau aus.

Doch ein ganz anderes Bild ergibt sich mit der Gesamtzahl der ständigen Bevölkerung. Die Bevölkerung der Russischen Föderation – ein ökonomischer Schlüsselparameter – wird mit einer großen Streuung der Zahlen geschätzt. So geht laut Rosstat-Angaben die Bevölkerungszahl unseres Landes zurück. Im Internationalen Währungsfonds ist man sich aber sicher, dass Russlands Bevölkerung zunehme. Und heute liege ihre Zahl angeblich um 600.000 Menschen höher als in den Berichten von Rosstat.

In der Organisation für Wirtschaftskooperation und Entwicklung ist man der Auffassung, dass die Bevölkerungszahl Russlands um zwei Millionen geringer ist, als die Daten von Rosstat ausweisen. Und im offenen CIA-Handbuch wird die Bevölkerung Russlands mit Stand vom Juli 2021 mit 3,9 Millionen Menschen weniger als bei Rosstat ausgewiesen.

Somit macht die Streuung der Schätzungen für die Bevölkerungszahl mehr als drei Prozent aus. Und dies wirkt sich natürlich auf die Exaktheit der Pro-Kopf-Wirtschaftsparameter aus. Nicht nur, dass das Bruttoinlandsprodukt oder die Bevölkerungseinkommen mit einer größeren Fehlerrate geschätzt werden, sondern da verdoppelt faktisch auch noch die Ungenauigkeit hinsichtlich der Bevölkerungszahl die Fehlerrate bei den Pro-Kopf-Wirtschaftsdaten.

„Die ständige Bevölkerungszahl Russlands ist wahrscheinlich wirklich um drei bis vier Millionen geringer als offiziell mitgeteilt wird. Doch Schuld daran hat nicht Rosstat, sondern die regionalen Behörden, die an einer Anhebung der Zahl der einheimischen Bevölkerung interessiert sind. Es gibt auch Probleme mit der Durchführung der Bevölkerungszählung in den Großstädten. In Moskau beispielsweise ist die Zahl der ständigen Bevölkerung nicht nur im Jahr 2002, sondern auch im Jahr 2010 eine überhöhte gewesen“, meint der unabhängige Demograf Alexej Rakscha. Die Bevölkerungszahl soll eine durchgängige und allumfassende Bevölkerungszählung präzisieren. Dabei haben bei den vorangegangenen Bevölkerungszählungen viele Bürger Russlands – Einwohner der größten Städte – keine Mitarbeiter der Bevölkerungszählung zu Gesicht bekommen.

„Die Qualität der Bevölkerungszählung in Moskau war eine geringe. Eine der Ursachen ist die geringe Vergütung der Arbeit der Mitarbeiter der Bevölkerungszählung, die weder freie Menschen noch die bei der Bevölkerungszählung eingesetzten Studenten interessieren konnte. Letztere wurde gar unter Androhung von Problemen beim Studium im Falle einer Weigerung zu dieser Tätigkeit gezwungen. Im Ergebnis dessen haben sie einfach Daten erfunden und aufgeschrieben. Gerade daher sind in der Statistik Moskaus Spitzenwerte für die Menschen zu sehen, die in den Jahren geboren wurden, die mit einer Null oder einer 5 enden. Wie ist aber solch eine Erscheinung beispielsweise in Inguschetien zu erklären?“, berichtet Rakscha.

Die Merkmale für ein Herumtricksen mit den Zahlen ermitteln die Demografen anhand der Nichtübereinstimmung der Zahlen und der Proportionen von Todesfällen und Geburten mit der gesamten Bevölkerungszahl. Die Bevölkerungszahl Inguschetiens ist beispielsweise mit 60 Prozent mehr ausgewiesen worden. Anstelle der realen 330.000 bis 335.000 sehen wir in der offiziellen Statistik mehr als 500.000, fügt Rakscha hinzu. Ein hoher Anteil von getürkten Bevölkerungszahlen wird gleichfalls in Dagestan, in der Republik der Kabardiner und Balkaren, in der Karatschai-Tscherkessischen Republik, in Kalmykien, Mordowien und einigen anderen Regionen festgestellt.

Der russische Regierungschef Michail Mischustin unterzeichnete einen Beschluss über eine (erneute) Verschiebung der Hauptetappe der Gesamtrussischen Bevölkerungszählung auf den Zeitraum vom 15. Oktober bis einschließlich 14. November. Zuletzt war mitgeteilt worden, dass die Bevölkerungszählung vom 1. bis einschließlich 31. Oktober stattfinden werde.

Die Gesamtrussische Bevölkerungszählung wird in diesem Jahr unter Einsatz digitaler Technologien erfolgen. Zur Hauptneuerung wird die Möglichkeit eines selbständigen Ausfüllens des elektronischen Fragebogens zur Bevölkerungszählung auf dem Gesamtportal für die staatlichen Leistungen (www.gosuslugi.ru) durch die Einwohner des Landes ab dem 15. Oktober bis einschließlich 8. November 2021.

Indirekte Methoden zur Schätzung der Bevölkerungszahl mit Hilfe von Sim-Karten, die die Regierung der Ukraine anwandte, hält der Experte für ungenau. Und mit Hilfe einer Ermittlung des Verbrauchs von Elektroenergie, Brot oder des Umfangs von Einkäufen – für lächerlich.

Für die einzige primäre Quelle von Daten über die Bevölkerung hält Rakscha die Daten von Rosstat. Und eine Nutzung verdienende Berechnungen – die von der UNO und der unabhängigen Organisation Population Reference Bureau. Laut Angaben der Weltorganisation machte die Bevölkerung Russlands im Jahr 2019 143,9 Millionen Menschen, während Rosstat 146,8 Millionen Menschen gezählt hatte. Die Differenzen der ausländischen Schätzungen hinsichtlich der Bevölkerungszahl in einer Höhe von drei bis vier Millionen Menschen hält Rakscha nicht für prinzipiell wichtig für die Berechnung der Wirtschaftsparameter pro Kopf der Bevölkerung.