Seit Anfang März verschwinden ausländische Nachrichten-TV-Kanäle aus den Angeboten russischer Satelliten- und Kabel-Betreiber. Auf Beschluss ihrer Rechteinhaber haben CNN International (CNNI), France 24 und NHK WORLD TV den Sendebetrieb für Russland eingestellt. Unter den Bedingungen der entstandenen politischen Situation haben diese Fernsehkanäle beschlossen, den Sendebetrieb auf dem Territorium der Russischen Föderation beendet. Eine gesonderte Geschichte hatte sich mit der Deutschen Welle (DW) ergeben. Bereits Anfang Februar hatte das russische Außenministerium die Entscheidung bekanntgegeben, den satellitengestützten und anderen Sendebetrieb des deutschen Senders einzustellen, aber auch die Schließung dessen Korrespondentenbüros in Moskau anzuordnen und den Journalisten und russischen Mitarbeitern die Akkreditierungen zu entziehen. Wie auf der Internetseite des Außenministeriums erklärte wurde, sei diese Entscheidung im Zusammenhang mit dem Sendeverbot für den russischen staatlichen Fernsehkanal RT DE in Deutschland getroffen worden. (Die Chefredakteurin dieses russischen Auslandssenders Margarita Simonjan beklagte sich freilich, dass das Ministerium nicht auch gegen andere deutsche, in Moskau akkreditierte Sender vorgegangen sei. – Anmerkung der Redaktion) Damals hatte das Außenministerium der Russischen Föderation auch die Einleitung eines Verfahrens bekanntgegeben, um die Deutsche Welle in Russland als einen „ausländischen Agenten“ zu labeln.
Die erste Mitteilung über die Beendigung der Tätigkeit kam am 4. März von der britischen Funk- und Fernsehgesellschaft BBC, die informierte, dass der TV-Kanal BBC World News aufgrund der Verschärfung der russischen Gesetzgebung aus dem Sendebetrieb für Russland genommen werde. (Seinerseits hatte die russische Medienaufsicht Roskomnadzor auf der Grundlage einer Forderung der Generalstaatsanwaltschaft den Zugang zu einer Reihe ausländischer Massenmedien eingeschränkt, wobei unter anderem die Internetseiten des russischsprachigen Dienstes der BBC und der DW blockiert wurden.) Am 5. März stellte der Fernsehkanal CNNI seinen Sendebetrieb in Russland ein. Am gleichen Tag schaltete der französischsprachige TV-Kanal TV5Monde den Sendebetrieb auf dem Territorium der Russischen Föderation ab. Am 6. März folgten die Deutsche Welle und der französische Kanal France 24, aber auch das japanische öffentliche Fernsehen NHK WORLD.
Am 9. März erklärte die Einstellung des Sendebetriebs seiner 15 Kanäle in Russland der Konzern Discovery (Discovery Channel, Animal Planet, Investigation Discovery, Science Channel, TLC, Eurosport u. a.). Das US-amerikanische Medien-Unternehmen ist einer der größten und ältesten Akteure auf dem Pay-TV-Markt im Land. Sein Aushängeschild – Discovery Channel – hatte bereits 1998 seine Arbeit in Russland aufgenommen und war die ganze Zeit einer der populärsten nicht live sendenden Kanäle. Mehr noch, sein Anteil war mit dem Anteil vieler live sendender Fernsehkanäle vergleichbar.
Und schließlich hat nun am 10. März der internationale Kinderkanal JimJam den Sendebetrieb in Russland eingestellt, der auf dem europäischen Markt der Kinder-TV-Kanäle als einer der wichtigsten neben Disney Channel und Cartoon Network gilt.
Übrigens, die Trickfilm-Sender Cartoon Network und Boomerang sind gleichfalls ausgestiegen, wie auch das Studio Walt Disney, das die Beendigung der Arbeit auf dem Territorium der Russischen Föderation bekanntgegeben hat, darunter die Unterbrechung des Sendebetriebs all seiner linearen TV-Kanäle (dies sind der live sendende Fernsehkanal Disney, aber auch die kostenpflichtige Kanäle National Geographic, National Geographic Wild, Fox, Fox Life und Baby TV).
Und nun ist die analoge Version von CNN, der europäische, rund um die Uhr sendende Nachrichtenkanal Euronews, von den Bildschirmen zu Beginn dieser Woche verschwunden. Aber aufgrund einer anderen Ursache. Seit dem 21. März taucht beim Anwählen dieses Kanals genauso eine Schrifttafel wie an der Stelle der verschwundenen Sender Animal Planet, TLC u. ä. auf: „Sehr geehrte Zuschauer, auf Verlangen des Rechteinhabers ist die Ausstrahlung des Fernsehkanals eingestellt worden. Danke für die Aufmerksamkeit“. Was im Fall von Euronews nicht der Wirklichkeit entspricht, da ihn Roskomnadzor blockiert hat. Und die Blockierung hängt mit einer angeblichen unglaubwürdigen Berichterstattung durch Euronews über die von Präsident Putin angeordneten Kampfhandlungen Russlands in der Ukraine zusammen (die russischen Aufsichtsbehörden blockieren in der Regel Medien mit dieser Formulierung, ohne jedoch konkrete Beispiele dafür auszuweisen – Anmerkung der Redaktion). Der Zugang zur Internetseite von Euronews wurde eingeschränkt, und die Internet-Adresse des Fernsehkanals ist ins Register von Roskomnadzor für verbotene Informationen aufgenommen worden.
Zuvor war bei der Medien-Aufsichtsbehörde eine Klage über den TV-Kanal Euronews vom extrem rechten monarchistischen Fernsehsender „Zargrad“ eingegangen. Und zwar ein Informationsschreiben, in dem das Augenmerk der „Medienhüter“ darauf gelenkt worden war, dass Euronews angeblich die Gesetzgebung des Landes der Ausstrahlung verletze, indem Fake-News über die Aktionen Russlands ausgestrahlt werden würden. „Im Zusammenhang damit bitten wir, eine Überprüfung des oben ausgewiesenen Mediums in Bezug auf die Rechtmäßigkeit des verbreiteten Contents auf dem Fernsehsender und im Internet vorzunehmen und auch die Ausstrahlung des TV-Kanals Euronews in Russland einzustellen“, hieß es in dem (denunzierenden) Schreiben.
In Russland gibt es eine Vielzahl von Pay-TV-Anbietern (MTS, „Akado“, „Tricolore“, „NTW-Plus“, „Vympelcom“ u. a.). Bei den einen oder anderen von ihnen sei laut einer Mitteilung der Internetseite „Kabelbetreiber“ anstelle von Euronews die standardmäßige Schrifttafel über die Rechteinhaber aufgetaucht. Und der komplette TV-Kanal „Rossia 24“ (Russlands staatliches Nachrichtenfernsehen, das rund um die Uhr arbeitet – Anmerkung der Redaktion). „Das Signal des Fernsehkanals Euronews wurde in den Sendenetzen durch den Kanal „Rossia 24“ ersetzt.“ Diese Information gaben die Netzbetreiber und bestätigte man auch im Pressedienst von Euronews.
Zieht man eine Bilanz, so hat sich das Programmangebot zum heutigen Tag drastisch verändert. Viele Fernsehzuschauer haben für sich überraschenderweise solche schon lange existierenden Kanäle wie beispielsweise „Schmuckgegenstände“ (einer der vielen TV-Shops in Russland), LDPR-TV (ein rund um die Uhr sendender Jugendkanal der Schirinowskij-Partei, der als ein regionaler seit 2014 sendet) und „Zusammen-RF“ (ein Parlaments-TV-Kanal, der seit 2013 über das Wirken des Oberhauses des Parlaments, des Föderationsrates, berichtet und sich seitdem auch als ein „Kanal der Regionen“ positioniert hatte) entdeckt.
Und vor dem Hintergrund all dieser Ereignisse wurde unbemerkt der 100. Jahrestag der Errichtung des Symbols des russischen Fernsehens – des Schuchow-Sendeturms – begangen, der auf den 19. März gefallen war.