Unabhängige Zeitung

Private Tageszeitung

Russlands Zentrale Wahlkommission ist zur aktiven Verteidigung übergegangen


Das Prozedere der dreitägigen Abstimmung plant die Zentrale Wahlkommission Russlands bei einer Tagung am 1. Juli zu bestätigen. Danach wird das Format der Wahlkampagne vollendete juristische Konturen erlangen. Die politischen Konturen sind ja bereits bekannt: Am 23. Juni verkündete die Zentrale Wahlkommission, dass sie hart auf die Attacken seitens der Opposition antworten werde. Die Chefin der Zentralen Wahlkommission Ella Pamfilowa hat schon die aktive Verteidigung begonnen. Bestimmt wurden gleichfalls die Methoden des Kampfes. Und der Hauptverfolger der ungesetzlichen Agitation wird die Sekretärin des Gremiums Natalia Budarina sein.

Die Zentrale Wahlkommission hat die für die Wahlen aus dem föderalen Haushalt bereitgestellten 21,4 Milliarden Rubel (umgerechnet etwa 248 Millionen Euro) aufgeteilt, von denen mehr als 4,7 Milliarden „für Maßnahmen zur Einhaltung der sanitär-epidemiologischen Sicherheit“ bestimmt sind. Daraus kann man die vorläufige Schlussfolgerung ziehen, dass, wenn die Zentrale Wahlkommission am 1. Juli das Prozedere für eine dreitägige Abstimmung bestimmen wird, den Maßnahmen zur COVID-19-Bekämpfung größere Priorität als der mit den Wahlzettel-Manipulationen eingeräumt wird.

Der Aufgabe, die politische Sicherheit der Wahlen zu erhöhen, hat sich die Zentrale Wahlkommission unverzüglich angenommen. Pamfilowa hatte beispielsweise gleich zu Beginn der Tagung vom 23. Juni gewarnt, dass es außerhalb der Tagesordnung noch einen Punkt geben werde – über die Antwort auf mehrere Beanstandungen gegenüber der Kommission. Zum Punkt „Verschiedenes“ war man schnell gekommen, obgleich davor recht ernsthafte Frage zu klären waren. Zum Beispiel wurde die Sekretärin der Zentralen Wahlkommission Natalia Budarina – in der Vergangenheit eine Wahlrechtsjuristin und Mitarbeiterin der Präsidialadministration – zur Erstellung von ordnungsrechtlichen Protokollen ermächtigt. Das heißt: Gerade sie wird die ungesetzliche Agitation und andere Verstöße verfolgen, sich aber auch im Namen der Zentralen Wahlkommission an die Aufsichtsbehörde für das Internet und Fernmeldewesen Roskomnadzor mit Vorschlägen zur Blockierung schädlicher Internetressourcen wenden.

Auch die Seite der Bewegung „Golos“ („Die Stimme“) riskiert, sich unter ihnen wiederzufinden. Pamfilowa bezichtigte erneut direkt diese Bewegung einer Tätigkeit im Interesse ausländischer Staaten, und zwar für die USA. Konkret erwischte es den Co-Vorsitzenden von „Golos“ Grigorij Melkonjanz. Die Aufmerksamkeit der Zentralen Wahlkommission hatte der Report über das Vorhandensein von mindestens neun Millionen „Beraubten“ in der Russischen Föderation ausgelöst, das heißt von Bürgern, denen es nicht erlaubt ist, als Kandidaten an den Wahlen teilzunehmen. Pamfilowa erklärte, dass die Zentrale Wahlkommission jetzt zu schweigen aufhöre und auf jede solche Art von Invektive (mündliche oder schriftliche Äußerung von absichtlich beleidigendem Charakter) nicht bloß mit Beweisen, sondern vergleichsweise wie auch Amerika antworten werde. Nach ihren Worten sei es an der Zeit, endlich jenen zu zeigen, die Russland die ganze Zeit Zurechtweisungen machen und versuchen, sich in dessen Wahlen einzumischen, dass sie selbst etwas haben, worauf sie gucken sollten. Kurz gesagt, eine der Garnisonen der „belagerten Festung“ ist zum Regime einer aktiven Verteidigung übergegangen.

Wie die „NG“ bereits geschrieben hat, bedeutet dies, dass die Zentrale Wahlkommission selbst die mustergültige und nicht einfach die formelle Neutralität über den Haufen wirft. Und daraus ergibt sich, dass sich zumindest die außerparlamentarischen Oppositionellen am besten gar nicht erst auf der Suche nach Gerechtigkeit an die Große Tscherkasskij-Gasse (Sitz der Zentralen Wahlkommission im Herzen der russischen Hauptstadt – Anmerkung der Redaktion) wenden sollten. Allerdings ist zweifellhaft, dass dort irgendetwas von dem selbst auch die System-Oppositionellen finden werden.