Georgiens Offizielle glauben nicht daran, dass Ex-Präsident Michail Saakaschwili laut Mitteilungen seiner Anwälte und Nächsten die Politik verlassen werde. Dies haben direkt mehrere Vertreter der regierenden Partei „Georgischer Traum“ erklärt, darunter ihr Vorsitzender Irakli Kobachidse. Laut ihrer Auffassung sei dies ein neuer Trick Saakaschwilis, der darauf abziele, irgendwie aus der Haft herauszukommen.
Irakli Kobachidse, der behauptet, dass Saakaschwili erneut etwas im Schilde führe, verweist dabei auf den formalen Anführer der „Nationalen Bewegung“ Nika Melia, der zu viel gesagt hätte, indem er die Handlungen des Ex-Präsidenten als „Strategie für den eigenen Schutz“ bezeichnete. Aus den Worten von Melia würde sich ergeben, dass die Meldungen über einen Ausstieg des Ex-Präsidenten aus der Politik gerade darauf abzielen würden, die Wachsamkeit der Offiziellen einzuschläfern, und dass dies eine gestaltete Linie zur Verteidigung der Interessen des Inhaftierten sei.
„Melia hat die Taktik der Anwälte Saakaschwilis preisgegeben. Folglich ist dies ein simples taktisches Manöver, dass selbst für Kinder klar ist. Interessant ist, warum hat der formelle Anführer der „Nationalen Bewegung“ Nikanor Melia das Geheimnis preisgegeben? Sicherlich gibt es innerhalb dieser Partei eine ernsthafte Spaltung und Polarisierung“, meint Kobachidse. Was aber eine mögliche Heilbehandlung für Saakaschwili im Ausland angeht, so erklärte Kobachidse, dass dieses Thema die Gesellschaft ermüdet habe. Der Vorsitzende der Partei „Georgischer Traum“ sagte, dass es im Land etwa 10.000 Häftlinge gebe und sie alle müssten die gleichen Rechte nutzen können.
Das Gerede vom Verlassen der georgischen Politik durch Michail Saakaschwili hat vor einigen Tagen begonnen. Sein Sohn Eduard hatte nach einem Treffen mit dem Vater überraschend gegenüber Journalisten erklärt, dass die Rückkehr des Ex-Präsidenten nach Georgien (am 29. September 2021 – Anmerkung der Redaktion) ein Fehler gewesen sei. „Ich weiß, dass es Menschen gegeben hatte, die ihm angeraten hatten, auf die Reise zu verzichten. Und wie die Zeit gezeigt hat, hatten sie recht gehabt“, sagte Eduard Saakaschwili. Er teilte gleichfalls mit, dass der Ex-Präsident von der georgischen Politik müde geworden sei. Er habe aufgehört, sich für sie zu interessieren und beschränke sich nur auf Informationen rund um die Ukraine.
Einige Tage später hat dies vom Wesen her auch der einstige Außenminister Grigol Waschadse wiederholt. Er hatte Saakaschwili in der Klinik „Vivamed“ aufgesucht, wo der 54jährige Ex-Präsident behandelt wird. Nach Aussagen von Waschadse hätten sie sich über die Ukraine und über den Regierungsrücktritt in Italien unterhalten sowie andere Themen außer Fragen im Zusammenhang mit Georgien tangiert. „Dies hat aufgehört, ihn zu interessieren… Jetzt ist er mehr mit den Problemen seiner Gesundheit beschäftigt. Man muss den Ex-Präsidenten zu einer Heilbehandlung ins Ausland schicken. Dies ist offensichtlich. Daran arbeiten nicht wenige Menschen auf internationaler Ebene“, erklärte Waschadse. Nach seinen Worten werde, wenn Saakaschwili wirklich beschlossen habe, die georgische Politik zu verlassen, dies sehr viel für die „Nationale Bewegung“ verändern. Und in der Geschichte Georgiens werde ein bedeutendes Kapital abgeschlossen.
Dass selbst ein zeitweiliges Verlassen der georgischen Politik durch Saakaschwili die bestehenden Kräfteverhältnisse verändere, meinte auch der Vertreter der oppositionellen Partei „Agmaschenebeli-Strategie“, Paata Mandschgaladse. „Die Offiziellen werden seine Figur nicht als Schreckgespenst verwenden können. Die Partei „Georgischer Traum“ wird nicht mehr die Aufmerksamkeit des Elektorats auf eine „schreckliche“ Rückkehr von Michail Saakaschwili an die Macht akzentuieren können. Es wird sich die Polarisierung verringern. Dies aber hat gerade Saakaschwili zu entscheiden, der ein Gefangener der Herrschenden bleibt“, erklärte Mandschgaladse.
Der Anführer noch einer Oppositionspartei, der 2020 gegründeten „Bürger“-Partei, Aleko Elisashvili, ist davon überzeugt, dass das Gerede von einem Verlassen der Politik durch Saakaschwili ein Zeichen dafür sei, dass zwischen ihm und den Offiziellen ein Deal vorbereitet werde. „Er verspricht, sich nicht in die inneren Angelegenheiten Georgiens einzumischen, und die Herrschenden werden ihm erlauben, ins Ausland zu gehen, um sich dort behandeln zu lassen“, sagte Elisashvili. Er bezeichnet solch einen Verlauf der Ereignisse als einen nützlichen auf für die „Nationale Bewegung“, in der nach dem Weggang von Saakaschwili ein Prozess einer Gesundung der Partei beginnen könne.
Seinen Standpunkt begründete Elisashvili damit, dass Saakaschwili keine Führungskraft für das künftige Georgien sei. Mehr noch, er habe sich als Politiker in der Heimat erschöpft und bremse vom Wesen her die politischen Prozesse, was den Offiziellen zum Nutzen gereichen würde. „Alle werden dadurch gewinnen, dass Saakaschwili aufhören wird, sich in die einheimische Politik einzumischen – sowohl die Herrschenden als auch die Opposition und das Volk“, resümierte Elisashvili.
Es sei daran erinnert, dass Michail Saakaschwili, nachdem die Behörden Georgiens die Fahndung nach ihm aufgrund einer Reihe von Rechtsverstößen ausgeschrieben hatten, am 29. September 2021 illegal in die Heimat zurückgekehrt war. Wenige Tage wurde dies bekannt. Und der Ex-Präsident wurde festgenommen und ins Gefängnis der Stadt Rustawi gebracht. Zu den bereits gegen ihn eingeleiteten Verfahren kam noch eines hinzu – illegaler Grenzübertritt. Hinsichtlich einiger Episoden hat das zuständige georgische Gericht bereits Schuldsprüche verkündet und Saakaschwili insgesamt zu acht Jahren Freiheitsentzug verurteilt. Derzeit wird sein Fall über den Diebstahl von neun Millionen Lari (etwas mehr als drei Millionen Dollar) aus dem Staatshaushalt verhandelt. Aufgrund des Gesundheitszustands weigert sich Saakaschwili, an den Sitzungen des Gerichts teilzunehmen. Daher ist der Prozess bis zum 20. September vertagt worden.