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Selenskij will gleichgeschlechtliche Beziehungen legalisieren


Der ukrainische Präsident Wladimir Selebskij hat Premierminister Denis Schmygal beauftragt, die Frage hinsichtlich einer Legalisierung gleichgeschlechtlicher Ehen im Land zu prüfen. So reagierte er auf eine Internet-Petition, die von mehr als 25.000 Bürgern unterstützt wurde. Selenskij verwies darauf, dass die Verfassung bisher keine Gay-Ehen zulasse, und man können sie nicht während des Kriegszustands ändern. Das Ministerkabinett hätte aber Varianten für die Einführung des Instituts registrierter Bürgerpartnerschaften ausgearbeitet, erinnerte der Präsident.

Die elektronische Petition „Legalisierung gleichgeschlechtlicher Ehen“ war am 3. Juni auf der Internetseite des Präsidenten der Ukraine aufgetaucht. Die Autorin ruft auf, den Ukrainern eines Geschlechts die gleichen Rechte wie auch den traditionellen Paaren zu geben – um die Möglichkeit zu haben, eine Familie zu gründen – und dies durch ein offizielles Dokument zu bestätigen. „In dieser Zeit kann jeder Tag der letzte sein“, erläuterte die Initiatorin des Appells die Notwendigkeit von Änderungen an der ukrainischen Gesetzgebung gerade jetzt. Innerhalb von weniger als einem Monat hatten sich ihm 25.000 Menschen angeschlossen, was erforderlich für den Erhalt einer offiziellen Reaktion vom Präsidenten erforderlich ist. Gegenwärtig sind es bereits über 28.500 Unterzeichner.

Selenskij demonstrierte in seiner Antwort Wohlwollen und gab zu verstehen, dass er den Vorschlag aus der Sicht der Menschenrechte prüfe. „Dank an alle, die sich dieser Petition angeschlossen haben, für die aktive Bürgerhaltung“, dankte das Staatsoberhaupt. „In der heutigen Welt wird der Grad des demokratischen Charakters einer Gesellschaft unter anderem an der Staatspolitik gemessen, die auf die Gewährleistung gleicher Rechte für alle Bürger ausgerichtet ist“.

Zur gleichen Zeit verwies Selenskij auf die Verfassungshürden, die bisher nicht erlauben, die Initiative zu realisieren. Gemäß Artikel 51 des Grundgesetzes der Ukraine beruhe eine Ehe auf dem freien Einverständnis einer Frau und eines Mannes. Und Artikel 157 verbietet, die Verfassung unter Bedingungen eines Kriegs- oder Ausnahmezustands zu ändern. Es sei daran erinnert, dass seit dem 24. Februar der Kriegszustand auf dem gesamten Landesterritorium gilt und mehrfach verlängert wurde. Das letzte Mal bis zum 23. August. Und es gibt keinerlei Voraussetzungen für dessen Beendigung.

Zur gleichen Zeit hätte die Regierung, wie Selenskij präzisierte, Varianten für Lösungen hinsichtlich einer Legalisierung von Bürgerpartnerschaften ausgearbeitet. Der Präsident teilte mit, dass, da die Regierung Maßnahmen zur Gewährleistung der Menschen- und Bürgerrechte und -freiheiten treffe, er sich an den Premierminister mit der Bitte gewandt habe, die in der elektronischen Petition aufgeworfene Frage zu prüfen.

Die Entwicklung eines Instituts einer registrierbaren Bürger- bzw. zivilrechtlichen Partnerschaft als alternative Form von Familienbeziehungen zur Ehe erfolgt in der Ukraine seit 2015 im Rahmen des Prozesses zur Euro-Integration. Es wird angenommen, dass bei Abschluss solch einer Partnerschaft die Paare – darunter gleichgeschlechtliche – eine Reihe von Rechten erwerben. Eine entsprechende Gesetzesvorlage ist vorbereitet worden.

Dieser Tage antwortete Selenskij auf noch eine „nichttraditionelle“ Petition. Der Vorschlag bestand darin, dass man in Odessa das Denkmal für Katharina II. (genauer gesagt – für die Gründer der Stadt) durch ein Denkmal für den US-amerikanischen Schauspieler von Gay-Pornos Billy Harrington ersetzt. Der 2018 ums Leben gekommene Schauspieler ist Held einer Vielzahl von Mems. Und im Internet werden Porträts und Videos mit ihm oft für ein Internet-Trolling – für soziale Provokationen – verwendet. Internet-Akteure haben als Scherz mehrfach Petitionen über die Notwendigkeit des Errichtens eines Harrington-Denkmals in verschiedenen Städten gestartet, wobei sie diese auf unterschiedlichen Unterhaltsseiten und in sozialen Netzwerken pushten. Jedoch hat nur der Vorschlag für Odessa solch ein Niveau erreicht. Dennoch hat der Präsident den Appell an den Stadtrat von Odessa weitergeleitet, wobei er die Kommunalpolitiker auf die Notwendigkeit einer „Bereinigung des öffentlichen Raums von Objekten und Denkmälern, die das russische zaristische und sowjetische Erbe betreffen“, hinwies.

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Freilich sei an der Stelle angemerkt, dass in der Ukraine die Toleranz gegenüber gleichgeschlechtlichen Beziehungen unterschiedlich ausgeprägt ist. Ein offenes Demonstrieren von nichttraditionellen Werten wurde in früheren Jahren massiv von erzkonservativen und traditionellen Vertretern der ukrainischen Gesellschaft angegriffen, wobei diese nicht vor Gewalt zurückschreckten. Aktuellen Daten zur Wahrnehmung von LGBTQ-Personen in der Ukraine liegen aufgrund des Angriffskrieges Russlands nicht vor. Es ist aber nicht auszuschließen, dass staatsbürgerliches Engagement von solchen Menschen in der gegenwärtigen Zeit (zur Verteidigung des Landes) Anerkennung findet und dementsprechend bestehende Vorbehalte in den Hintergrund rücken lässt.