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Sputnik-V kann in den EU-Impfpass aufgenommen werden


Die EU-Kommission hat am Mittwoch vorgeschlagen, Impfpässe zur Vereinfachung des Grenzübertritts in der Region der EU-Mitgliedsstaaten einzuführen. Initiator der Idee ist die Präsidentin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen. Die unterstützen die vom Tourismus abhängigen Länder Spanien, Portugal und Griechenland. Belgien, die BRD und Frankreich sind dagegen, da die COVID-Vakzine nicht für alle zugänglich sind. Und überhaupt wird eine derartige Maßnahme von ihnen als eine Form von Diskriminierung und als ein Angriff auf die Bewegungs- bzw. Reisefreiheit angesehen. Im Falle der wahrscheinlichen Einführung des Systems wird sich jedoch die Frage stellen, ob die russischen Impfstoffe in diese einbezogen werden. Die Chancen für einen erfolgreichen Ausgang sind recht groß.

Das sogenannte Digitale grüne Zertifikat kann bald zu einem unersetzlichen Dokument für diejenigen werden, die planen, für Arbeitszwecke oder touristische Ziele durch EU-Mitgliedsländer zu reisen.

In dieses werden Informationen über COVID-19-Tests und über eine Genesung aufgenommen. Das Wichtigste aber wird die Bestätigung einer Vakzinierung sein. Damit jedoch die Impfungen, darunter auch die mit russischen Präparaten, anerkannt werden, müssen sie durch die europäische Aufsichtsbehörde – durch die European Medicines Agency (Europäische Arzneimittel-Agentur — EMA) – gebilligt werden.

Hier aber ergeben sich Komplikationen. Den russischen und chinesischen Vakzinen will man den Zugang zum europäischen Markt aufgrund politischer Motive nicht ermöglichen. Beispielsweise hat der Präsident des Europäischen Rates Charles Michel direkt geschrieben, dass man die Vakzine der Russischen Föderation und der Volksrepublik China aufgrund dessen nicht akzeptieren dürfe, weil „beide Regimes weniger wünschenswerte als unsere Werte haben“. Die Situation hinsichtlich des Impfens der Bevölkerung in der EU ist jedoch eine schwierige. Nicht nur, dass es Probleme mit der Herstellung und den Lieferungen gibt, sondern es hat sich noch herausgestellt, dass der Impfstoff von AstraZeneca zu Problemen mit der Blutgerinnung und zur Bildung von Thromben führen kann. Gezählt werden bisher etwas mehr als 40 Fälle. Dies hat aber für eine Panik und eine Aussetzung der Vakzinierung in einer Reihe von Ländern inkl. der Niederlande und Deutschlands gereicht.

In Europa hat man bereits begonnen, sich ernsthaft Gedanken über einen Einsatz des Vakzins „Sputnik-V“ zu machen. Solch eine Möglichkeit schließt man in Frankreich und Österreich nicht aus, schon ganz zu schweigen von Deutschland. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sogar die Bereitschaft bekundet, mit dessen Billigung in der EMA zu helfen. Wenn letzteres von einem Erfolg gekrönt wird, wird dies sofort die Frage nach einer Aufnahme der russischen Impfstoffe in das Digitale grüne Zertifikat klären und den Bürgern Russlands potenziell die Möglichkeit für Reisen in die Länder Europas eröffnen.

„Wahrscheinlich wird sich „Sputnik-V“ bis zum April doch einen Weg nach Europa bahnen, obgleich sich natürlich der negative politische Hintergrund auswirken wird. Ich denke aber, dass bald eine offizielle positive Entscheidung gefällt wird, da von einer Herstellung von „Sputnik-V“ in Deutschland durch eine angesehene bayrische Firma mit russischem Kapital die Rede ist“, sagte der „NG“ der stellvertretende Direktor des Europa-Instituts der Russischen Akademie der Wissenschaften, Vladislav Belov. Diese Meinung bestätigt auch der EU-Kommissar für Binnenmarkt und Dienstleistungen Thierry Breton, der erklärte, dass für eine Beschleunigung des Tempos der Impfungen mehr Vakzine nötig seien und „Sputnik-V“ ein guter Impfstoff sei und auf den EU-Markt gelassen werden könne.

Mit der Idee der EU-Kommission hinsichtlich eines Impfpasses ist man übrigens auch in Großbritannien einverstanden. Wie aber Brüssel die Initiative mit London abstimmen wird, ist eine andere Frage.

Für den Anfang muss die EU zumindest die Probleme bei sich im Innern lösen. Mit der Idee einer obligatorischen Vakzinierung für Reisen innerhalb der Union ist man in Deutschland, Frankreich und Belgien nicht einverstanden. Nicht alle könnten sich impfen lassen, darunter auch aufgrund medizinischer Indikationen.

„Die Achtung des Prinzips einer Nichtdiskriminierung ist ein grundlegenderes, da die Vakzinierung keine obligatorische ist und der Zugang zu Vakzinen noch nicht gewährleistet ist“, sagte Belgiens Außenministerin Sophie Wilmès. Sie ist der Auffassung, dass die Idee der EU-Kommission die Reisefreiheit verletze.

„Es wird noch eine Gradation eingeführt, obwohl es auch bis dahin keine volle Reisefreiheit gegeben hat. Dies betrifft beispielsweise Personen unter Hausarrest oder jene, die auf eine schwarze Liste außerhalb der EU gekommen sind. Hier aber geht es darum, dass formell der Mensch doch nicht Schuld hat, wenn er nicht geimpft wurde. Daher ist auch die Wahrnehmung der Situation eine besondere“, urteilt Alexander Tewdoi-Burmuli, Dozent des Lehrstuhls für Integrationsprozesse an der Moskauer staatlichen Hochschule für internationale Beziehungen.

In einem Gespräch mit der „NG“ betonte er, dass den Staaten, den Verteidigern der Interessen ihrer Bürger, selbst freigestellt sei zu entscheiden, Ausländer zu sich zu lassen oder nicht. Gleichzeitig habe Griechenland den übrigen EU-Ländern ein kein einfaches Dilemma beschert: es hatte den Bürgern Russlands versprochen, im Mai die Grenzen zu öffnen und sie unter der Bedingung einer vorgenommenen Vakzinierung, darunter auch mit „Sputnik-V“ ins Land zu lassen. Derartige Präzedenzfälle wird es wahrscheinlich noch geben.

„In solch einer Situation gibt es die Variante, überhaupt die Grenzen mit den anderen EU-Mitgliedern zu schließen. Wenn – sagen wir einmal – die Handlungen der Griechen Deutschland nicht zufriedenstellen, so kann es dies formell tun. Dagegen treten jedoch die Vertreter der Wirtschaft auf. Daher müssen sich letzten Endes aufgrund der Öffnung der Grenzen einer Reihe von Ländern die anderen einfach anpassen“, sagt der Experte.