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„Squid Game“ erzieht heute mehr als Bücher


In den Diskussionen um den Einfluss der modernen Medien auf die Psyche der Kinder und Jugendlichen tauchen ständig immer neue Anlässe auf. Der aktuellste ist der phänomenale weltweite Erfolg der südkoreanischen TV-Serie im Genre Überlebenskampf, Thriller, Mystery und Drama „Squid Game“ („Tintenfischspiel“). Die auf Netflix am 17. September veröffentlichte Serie berichtet über eine Gruppe von Menschen, die aufgrund von Geldnöten eine Einladung zur Teilnahme an einem geheimen Überlebensturnier mit einem finalen Preis von mehreren dutzend Millionen Dollar annehmen. Vier Wochen nach Veröffentlichung war die Serie von zirka 142 Millionen Netflix-Konten aus abgerufen worden (am 12. Oktober wurde beispielsweise die 111-Millionen-Planke genommen – Anmerkung der Redaktion). Dabei wurde sie in 90 Ländern die am meisten gesehene Serie. Auch Russland hat diese Medien-Infektion erwischt.

Laut Angaben des staatlichen Allrussischen Zentrums für öffentliche Meinungsforschung (VTsIOM) haben 47 Prozent der Bürger Russlands von der Serie „Squid Game“ gehört. Dabei wissen 8 Prozent gut über die Serie Bescheid (20 bis 36 Prozent unter den Jugendlichen, 16 Prozent – unter den Einwohner Moskaus und von Sankt Petersburg). 13 Prozent haben in allgemeinen Zügen gehört, worum es in dieser Serie geht. Und 26 Prozent haben nur den Titel der Serie gehört, wissen aber nicht, worum es in ihr geht.

Interessant ist, dass eine beinahe genau solche Begeisterung laut einer VTsIOM-Umfrage vom 18. Februar dieses Jahres die Bürger Russlands auch für den wissenschaftlichen Bereich demonstrieren. Im vergangenen Jahr hatten 48 Prozent der Befragten Informationen über junge russische Wissenschaftler in den Medien oder im Internet angetroffen. Das heißt, die Popularisierung der Wissenschaft beeinflusst in keinerlei Weise den gewissen mittleren Grad von „Obskurantismus“.

Derweil halten 40 Prozent derjenigen, die in groben Zügen über die Serie „Squid Game“ informiert sind, es für durchaus möglich, dass die Szenen von Brutalität und Gewalt in der Serie Brutalität und Gewalt im realen Leben unter den Zuschauern des „Tintenfischspiels“ provozieren könnten. 57 Prozent halten dies für wenig wahrscheinlich. Unter jenen, die zumindest den Titel der Serie „Squid Game“ gehört haben, unterstützen 26 Prozent eher die Idee, die Serie in Russland zu verbieten (32 bis 46 Prozent unter den Bürgern der älteren Generation), 29 Prozent sind eher gegen solch ein Verbot (41 bis 53 Prozent unter der Jugend). Und 31 Prozent antworteten, dass ihnen dies egal sei.

Die Beraterin des VTsIOM-Generaldirektors, Jelena Michailowa, kommentierte die Ergebnisse der VTsIOM-Untersuchung über die südkoreanische Dramaserie „Tintenfischspiel“ so: „Die zunehmende soziale Distanz zwischen Reichen und Armen, die Notwendigkeit, Kreditschulden zu begleichen, und die wachsende Arbeitslosigkeit sind Themen, die die Menschen in der ganzen Welt bewegen. Ebenso die miserablen Chancen, im Gegengewicht zu den unerträglichen Bedingungen des Alltagslebens zu überleben. Die symbolische Sättigung der Serie reflektiert den emotionalen Zustand einer Ausweglosigkeit. Und das riskante Glücksspiel wird als eine der schnellsten Formen für eine Lösung der Probleme gezeigt.

Dennoch haben viele Bürger Russlands die in „Squid Game“ verwendeten künstlerischen Mittel als inakzeptable aufgefasst. Gewalt und Brutalität werden als Methoden wahrgenommen, die auf eine Aufrechterhaltung der Spannung abzielen und die visuelle Attraktivität verstärken, aber nicht als gerechtfertigte Mittel für eine Vermittlung der Gedanken, die in der Serie enthalten sind“.

Während aber „Squid Game“ doch die mehr oder weniger heranwachsende Generation interessiert, war ein anderes Phänomen ursprünglich auf Kinder im Vorschulalter ausgerichtet gewesen. Es geht um die britische Zeichentrick-Fernsehserie „Peppa Pig“ („Peppa Wutz“).

Die Expertin für kindliches Verhalten Sophie Giles, die die Zeitung „The Sun“ zitiert, ist der Auffassung, dass in dieser Zeichentrickserie die Kinder ständig mit einem Schwein als Vater in einem bevormundenden Ton reden würden. Und dies sei unzulässig. Daher empfiehlt die Expertin den Eltern, sich zuerst selbst ein paar Serien der Trickfilmserie anzuschauen.

Also denn, TV-Serien und Trickfilme erziehen heute mehr als ein Buch. Dies ist ein Axiom. Sie ersetzen eine Nunny in der Situation, in der die Eltern beschäftigt sind. Sie unterhalten, lehren, vermitteln Empathie (Mitgefühl) und vieles andere mehr. Brutalität und Gewalt ebenfalls. Wie kann man dies aber kontrollieren?

Die sanitär-hygienischen und epidemiologischen Normen empfehlen in Russland folgende Gesamtdauer des Fernsehguckens für Kinder: Diejenigen, die älter als zwei Jahre sind – maximal 30 Minuten am Tag. Kinder ab drei bis sieben Jahre können maximal 40 bis 55 Minuten am Tag vor dem Fernsehgerät sitzen. Ab sieben und bis dreizehn Jahre – nicht mehr als zwei Stunden am Tag (dabei sollte die ununterbrochene Belastung nicht mehr als 1,5 Stunden am Tag ausmachen). Diese Normen sind aber schon längst vergessen. Das Fernsehgerät arbeitet oft überhaupt ständig im Hintergrund, den ganzen Tag über ändern sich die Bilder des Kinderkanals. Zu verfolgen, wieviel Zeit ein Kind am TV-Bildschirm verbringt, ist schwierig.

Die Expertin Sophie Giles macht sich aber nicht einmal über diese Seite der Frage Sorgen, sondern über den Inhalt der Trickfilme. Und es muss gesagt werden, dass es gerade um die Zeichentrickserie „Peppa Wutz“ sehr viele Streitereien gibt, und sie werden schon seit langem geführt, beinahe seit der ersten Ausstrahlung (im Jahr 2004). Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind 420 Episoden (in Russland 303) mit einer Länge von jeweils fünf Monaten ausgestrahlt worden. Ein Teil der Psychologen ist der Auffassung, dass hier beinahe ein Programmieren des kindlichen Bewusstseins erfolge. Und sie erklären, dass dank solcher Trickfilme heute immer häufiger Kinder anzutreffen seien, „die nach jeden mehreren Minuten ohne irgendeinen Anlass anfangen, hysterisch zu lachen, sich sehr laut und zügellos verhalten“.

Übrigens, dies ist persönlich an unterschiedlichen Kindern überprüft worden. Den Trickfilm schauen sich ganz kleine Knirpse an. Ab dem fünften Lebensjahr wachsen sie bereits über ihn hinaus. Und mit sechs Jahren steigen sie auf Trickfilme mit einem tiefgründigeren Inhalt.

Und die Schlussfolgerung ist da eine: Im Grunde genommen die, zu der auch die Expertin aus der britischen Zeitung gekommen ist. Für die Eltern wäre es besser, sich vorab mit dem Inhalt des jeweiligen Trickfilms vertraut zu machen, um zu begreifen: Entspricht der Trickfilm jener Position, die der konkrete Elternteil bei der Erziehung des jeweils konkreten Kindes vertritt. Und es ist eine Sache der Forscher, jene Probleme zu untersuchen, die die Gesellschaft bewegen.