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Südossetien wird ein früherer „Geheimdienstler“ regieren


Alan Gaglojew – ein früherer Mitarbeiter des südossetischen Komitees für Staatssicherheit und Anführer der Partei „Nychas“ – hat die Stichwahlen gewonnen und ist zum fünften Präsidenten der international nur teilweise anerkannten Republik Südossetien geworden. Sein Rivale, der scheidende Republikschef Anatolij Bibilow, der kurz vor dem zweiten Urnengang vergeblich um Unterstützung seitens des Kremls gebuhlt hatte, gestand die Niederlage ein, gratulierte Gaglojew zum Sieg und wünschte ihm Erfolg. Somit ist es scheinbar gelungen, dieses Mal eine Nachwahl-Krise zu vermeiden, die in Südossetien zu einer Tradition geworden war.

Bibilow vermochte nicht, sein Verweilen im Präsidentenamt für eine zweite Legislaturperiode zu verlängern. Für Südossetien (das völkerrechtlich zu Georgien gehört und dort als Teil der Region Innerkartlien betrachtet wird – Anmerkung der Redaktion) ist er doch kein eigener Mann geworden. Mehr noch, während seiner Herrschaft verstärkte sich der Einfluss der Clans. Er demonstrierte einen Hang zu Alleinentscheidungen, von denen einige recht „merkwürdige“ waren. Unter anderem der Versuch, beinahe die Hälfte des Staatshaushaltes in seinen Präsidentenfonds zu transferieren. All dies konnte natürlich nicht die südossetische Gesellschaft erfreuen die buchstäblich in jedem Bereich mit kolossalen Problemen konfrontiert wird. Überdies wirkte sich gegen Bibilow zweifellos auch dies aus, wie er an die Macht gekommen war. Es sei daran erinnert, dass die letzten Präsidentschaftswahlen faktisch die „Kandidatin aus dem Volke“ Alla Dschiojewa gewonnen hatte. Die Ergebnisse wurden jedoch annulliert, und die Schlüssel zum Präsidentenkabinett erhielt unter dem Druck von Moskau Anatolij Bibilow.

Der Triumph von Gaglojew (mit 54,2 Prozent aller abgegebenen Stimmen) ist auch noch damit zu erklären, dass sich Moskau dieses Mal im Unterschied zu den meisten vorangegangenen Wahlen in Südossetien von den Kandidaten distanziert hatte. Dem 52jährigen Bibilow hatten natürlich auch Moskauer Polittechnologen geholfen, doch das Eingreifen in den Wahlprozess war kein so offensichtliches. Wenn man die Wahlkampfprogramme der Kandidaten vergleicht, so besteht deren Hauptunterschied wohl in der Haltung zu Russland. Der 41jährige Alan Gaglojew bekundete Moskau tiefe Achtung sowie den Wunsch, die Beziehungen mit der Russischen Föderation zu entwickeln und zu verstärken. Anatolij Bibilow fixierte aber das Bestreben, sich dem mächtigen Beschützer anzuschließen. Nach Eingeständnis seiner Niederlage erklärte er dennoch, dass ein Referendum zur Frage nach einem Beitritt Südossetiens zu Russland unbedingt erfolgen werde. Er teilte mit, dass alle Dokumente für die Abhaltung einer Abstimmung bereits gesammelt und an die Zentrale Wahlkommission Südossetiens übergeben worden seien. „Die Zentrale Wahlkommission wird sie behandeln, an das Oberste Gericht weiterleiten, und dann wird ein Datum für das Referendum bestimmt werden“, sagte er gegenüber Journalisten.

Die eigentliche Idee eines Beitritts von Südossetien zur Russischen Föderation ist schon nicht mehr so populär wie vor einigen Jahren. Unter anderem erklärte der Ex-Präsident Südossetiens Eduard Kokoity, nachdem er betont hatte, dass er selbst seiner Zeit die Idee von einer Vereinigung von Nord- und Südossetien lobbyiert hätte, dass heutzutage nur schwache Politiker von der Notwendigkeit eines Beitritts von Südossetien zu Russland reden könnten. „Wir haben unsere Entscheidung getroffen. Russland hat unsere Staatlichkeit anerkannt. Man muss die Meinung Moskaus berücksichtigen und keine populistischen Wahlen spielen. De facto befindet sich Ossetien auch so im Bestand Russlands. Und wir müssen die Möglichkeit nutzen, die Staatlichkeit zu festigen und uns zu entwickeln“, sagte Kokoity gegenüber Journalisten.

Dennoch ist das südossetische Elektorat ähnlich einer Reihe postsowjetischer imstande, bei einem Referendum ein paradoxes Ergebnis zu liefern. Während des den Kandidaten ablehnt, kann es auf einmal für dessen Idee votieren. In diesem Fall kann es sich für einen Beitritt zu Russland aussprechen, nachdem es zuvor Bibilow eine erneute Präsidentschaft versagte. Dies ist mit den Sympathien und Antipathien gegenüber einem konkreten Politiker zu erklären. In Zchinwali heißt es, dass Gaglojew ein Kandidat des gesamten Protestelektorats gewesen sei. Er konnte die Stimmen jener für sich verbuchen, die Bibilow loswerden wollten. Dies bedeutet aber nicht, dass die Ideen des einen für die Bevölkerung der Republik unannehmbar sind, die Vorschläge des anderen aber Begeisterung in der Gesellschaft auslösten. Somit kann das Elektorat nach der Wahl Gaglojews zum Präsidenten für einen Beitritt der Republik in den Bestand der Russischen Föderation stimmen. Dies ist beinahe der einzige wichtige Unterschied in den Programmen der Kandidaten gewesen.

Nach Aussagen des Politologen Wjatscheslaw Gobosow sei zur hauptsächlichen Triebkraft der Abstimmung der Wunsch der Menschen geworden, einen „anständigen Mann“ als Oberhaupt der Republik sehen zu wollen. Er pflichtet nicht der Bewertung bei, dass die Wahlen saubere gewesen seien. Nach seiner Meinung sei der Einsatz administrativer Ressourcen sehr spürbar gewesen, bis dahin, dass Einwohner aus Nordossetien zum Abstimmen gekommen seien, die Pässe von Bürgern Südossetiens erhalten hätten. „Das Protestelektorat hat sich lediglich konsolidiert, sicherte eine große Wahlbeteiligung und hatte Erfolg“, sagte Gobosow Journalisten.

Nach Einschätzung einer Reihe von Experten sei die Zeit für ein Referendum zum Beitritt zu Russland sehr unglücklich ausgewählt worden. Moskau habe aufgrund der Ukraine durchaus genug Probleme am Hals. Und der deklarierte Beitritt Südossetiens zur Russischen Föderation werde den Westen nur zu neuen antirussischen Handlungen animieren. Unter Berücksichtigung dessen ist nicht auszuschließen, dass die Frage hinsichtlich eines Referendums entsprechend Moskauer Statements auf bessere Zeiten verschoben wird. Wobei selbstverständlich klar ist: Südossetien wird weiterhin nur dank russischer Gelder existieren können. Beispielsweise machten im vergangenen Jahr 81,7 Prozent des Staatshaushaltes von Südossetien Finanzhilfen aus Russland aus. Und für dieses Jahr sind 7,2 Milliarden Rubel aus Moskau für Zchinwali geplant (81,865 Prozent des Staatshaushaltes).

In Georgien hat man natürlich die Präsidentschaftswahlen in der nicht mehr kontrollierten Autonomie als ungültige gewertet. Und man wird dies erneut besonders am 24. Mai unterstreichen, am Tag der geplanten Amtseinführung von Alan Gaglojew.