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Tadschikistan half Kasachstan mit Wasser


Kasachstan leidet unter einem überaus akuten Wassermangel. Zur Hilfe sind Usbekistan, Tadschikistan und Kirgisien gekommen, die der Nachbarrepublik zusätzliche Wassermengen bereitstellen. Im Gegenzug werden sie Strom, Treib- und Schmierstoffe sowie Agrartechnik erhalten. Die Fragen der Wasserverteilung – überaus wichtige in der Region – werden beim Konsultativtreffen der Staatsoberhäupter am 6. August in der nationalen Tourismuszone Turkmenistans „Avasa“ erörtert werden.

Tadschikistan hat die Wasserbereitstellung aus dem Kairakkum-Stausee (Bahri-Totschik-Stausee) in den kasachischen Teil des grenzüberschreitenden Dostyk-Kanals von 80 Kubikmeter in der Sekunde bis auf 100 Kubikmeter in der Sekunde erhöht, teilte am 27. Juli der Pressedienst des Ministeriums für Ökologie, Geologie und Naturressourcen der Republik Kasachstan mit.

Seit Anfang des Sommersherrscht in Kasachstan ein anormal heißes Wetter, das zu einer Trockenheit und zum Verlust eines Teils der Getreideernte führte und der Viehwirtschaft einen unersetzlichen Schaden zugefügt hat. Besonders gelitten haben die Gebiete im Einzugsbereich des Flusses Syrdarja, wo Reis angebaut wird.

Der Syrdarja ist die wichtigste Wasserader der Region. Dieses Jahr ist jedoch ein trockenes, und die Ressourcen für eine Bewässerung der Reisfelder reichen nicht aus. Die hiesigen Landwirte mussten die Anbauflächen reduzieren, und die Behörden des Landes – kurzfristig Maßnahmen zur Versorgung der Regionen mit Wasser ausarbeiten.

Der Wassermangel ist eine der entscheidenden Herausforderungen der Gegenwart, und für die Länder Zentralasiens besonders. In Kasachstan kann der Wassermangel bis zum Jahr 2040 50 Prozent erreichen. Die Entscheidung über eine zusätzliche Bereitstellung von Wasser war am Vorabend im Verlauf von stattgefundenen Gesprächen zwischen den Premierministern Kasachstans und Tadschikistans, Askar Mamin und Kohir Rasulsoda, erzielt worden. Tadschikistan wird zusätzlich aus dem Kairakkum-Stausee 315 Millionen Kubikmeter Wasser im Zeitraum bis August dieses Jahres ableiten. Im Gegenzug wird die kasachische Seite Technik sowie Treib- und Schmierstoffe nach Tadschikistan liefern. Dies berichtete der stellvertretende Minister für Ökologie, Geologie und Naturressourcen der Republik, Serik Koschanijasow, in einem Gespräch mit Journalisten. Nach seinen Worten werde das Problem auf staatlicher Ebene gelöst. Die Offiziellen würden Regierungsabkommen und Programme ausarbeiten. Zu einer der Maßnahmen wurde ein Warenaustausch mit den Nachbarländern. Eine analoge Zusage über zusätzliche Wassermengen über den Dostyk-Kanal hatte Kasachstan zuvor von Usbekistan und Kirgisien erhalten.

Ungeachtet dessen, dass Kirgisien Kasachstan Hilfe leistet, reicht das Wasser auch dort nicht aus. Der Mangel an Wasser für Bewässerungsarbeiten führte in diesem Jahr zu Unmut und Meetings seitens Landwirte. Das Problem ist aber innerhalb eines Monats nicht gelöst worden. Insgesamt birgt solch eine Situation große Risiken für die Länder der Region in sich, darunter aus der Sicht der Lebensmittelsicherheit.

„Der Plan für die außerordentlichen Maßnahmen, den die Offiziellen umsetzen, ist noch aus den Sowjetzeiten durchaus bekannt. Dies ist eine Umleitung von Wasser und Futtermitteln aus einer Republik in die andere. Ich kann nicht sagen, dass dies äußerst rechtzeitig getan wird, da die Anzeichen dafür, dass es in Kasachstan eine sehr starke Trockenzeit geben wird, bereits zu Beginn des Sommers zu bemerken waren. Daher hätte man einen Teil der Maßnahmen früher ergreifen können. Eine andere Sache ist, dass dies mit der dritten COVID-Welle zusammengekommen ist, und die Kapazitäten der Stäbe, die sich mit der Überwindung von außerordentlichen Situationen befassen, haben einfach nicht ausgereicht. Es ist schwer, mit zwei Notstandssituationen fertig zu werden“, sagte der „NG“ die Direktorin des Zentrums für komplexe europäische und internationale Studien der Moskauer Hochschule für Wirtschaftswissenschaften Anastasia Lichatschjowa.

Die Expertin ist der Auffassung, dass Nur-Sultan überall ein Regime einer maximalen Wassereinsparung, wo dies möglich sei, verhänge. In einzelnen Regionen gehe es nicht einmal um die Landwirtschaft, sondern um das Trinkwasser. Oft seien punktuelle Lösungen erforderlich. Und für deren Realisierung würden die Streitkräfte eingesetzt werden.

Die Wasserfrage wird zu einer der zentralen beim Gipfeltreffen der Staatsoberhäupter der Länder Zentralasiens in Turkmenistan. Konkrete Informationen gibt es aber bisher keine. „Die Probleme Zentralasiens genauso wie auch einer Reihe südlicher Gebiete Russlands, die an die Region angrenzen, bestehen darin, dass sich die Dürren häufen und die Wasserknappheiten zu regelmäßigen und akuteren werden. Die punktuellen Lösungen im Zusammenhang mit der Verhängung von Notstandsmaßnahmen sind notwendige. Dies ist so, als würde man einem nach Luft ringenden Menschen Sauerstoff geben. Wenn der Mensch dabei aber ein Raucher ist, so ist das Problem mit einer Sauerstoffflasche nicht zu lösen. Die Region muss eine neue Herangehensweise an die Lösung der Wasser- und Energieprobleme entwickeln. Das alte Format, dem entsprechend die Länder, die oberhalb der Flussläufe liegen, – Kirgisien und Tadschikistan -, im Gegenzug für Energieressourcen entsprechend dem sowjetischen Zeitplan Wasser liefern, hört zu funktionieren auf. Die Klima-Veränderungen und die demografische Belastung in der Region verlangen andere Lösungen“, meint die Expertin.

Die Länder müssten nach Meinung von Lichatschjowa sich darüber Gedanken machen, wie man systematisch in Wasser-Infrastruktur-Projekte investiert, neue Technologien implementiert und in einzelnen Regionen die Landwirtschaft und Industrie auf Kulturen und Technologien mit einem geringeren Wasserbedarf umorientiert. Denn das Problem der Trockenheit in der Region, wo man sich mit dem Reisanbau befasst, ist eine Herausforderung für den gesunden Menschenverstand. Ergo muss man in dieser Region im Verlauf von 20 Jahren den Reisanbau einstellen.

„Die sich durchgesetzte Fragestellung in den internationalen Wasserangelegenheiten ist eine sehr richtige. Dies ist nicht bloß ein Wasserproblem. Dies ist eine Wechselbeziehung des Wasserproblems, der Probleme der Lebensmittel, des Klimas, der Energiewirtschaft und in einzelnen Fällen der Forstwirtschaft. Daher muss die Region mit Hilfe auswärtiger Investoren auf neue Ebenen der Aufgabenstellung kommen, um auf die Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Wasserproblem zu reagieren. Dies ist die Trockenheit, aber nicht als letztes Problem. In den Gebirgsregionen wird es Hochwasser geben. Dies ist ein Problem der klimatischen Extremsituationen, an die man sich anpassen muss. Dabei sind die Länder Zentralasiens Mitglieder der Asiatischen Bank für Infrastrukturinvestitionen und nehmen an Programmen der Eurasischen Bank teil. Vom Prinzip her gibt es einen Kanal, um Wasser-Projekte zu realisieren“, betonte Lichatschjowa.