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Über den Status sogenannter ausländischer Agenten für Telegram-


Die Praxis des russischen Justizministeriums, freitags neue ausländische Agenten bekanntzugeben, hat auch den gewohnten Informationskreis von Journalisten und Politikern, wobei unterschiedlicher und oft diametral entgegengesetzter Ansichten, tangiert. Den entsprechenden Status verlieh man populären Telegram-Kanälen, auf denen die interessierten Leser aktuelle Nachrichten und deren Auslegung erfuhren. Dabei konnten dort die Überlegungen von Militärkorrespondenten mit Äußerungen von Oppositionellen und Politemigranten parallel einhergehen. Im Ministerium erläuterte man, dass diese Ressourcen an der Verbreitung von Mitteilungen und Materialien von ausländischen Agenten für einen unbegrenzten Personenkreis teilgenommen, aber auch unbestätigte Informationen über von den staatlichen Behörden getroffene Entscheidungen und die von ihnen verfolgte Politik veröffentlicht hätten. Man kann sagen, dass dies eine universelle Begründung für solche Fälle ist, wobei gar keine konkreten Beweise ausgewiesen werden. Folglich kann man jegliche beliebigen Veröffentlichungen und Informationspraktiken als solche labeln.

Dutzende kritische Kommentare von Politikern, Politologen, Journalisten und Bloggern, die oft den Offiziellen durchaus loyal gegenüberstehen, kann man als bezeichnende Reaktion ansehen. Sie weist unter anderem darauf hin, dass die Spielregeln aufhören, selbst für jene verständliche zu sein, die sich einverstanden erklärten, in den vorgegebenen Rahmen zu existieren. Es war die Auffassung vertreten worden (so scheint es), dass die Logik des Verleihens des Status eines ausländischen Agenten und ähnlicher Labels in der Markierung des Informationsraums bestehe. Ein Standpunkt ist akzeptabel, ein anderer löst Zweifel aus oder deckt sich mit einem westlichen. Und dem unkundigen Leser wird sofort deutlich gemacht: Who is who. Die Logik hat sich jedoch entweder geändert oder war ursprünglich eine andere. Und sie reduziert sich eher auf eine Säuberung des Informationsraums. Eine Koexistenz unterschiedlicher Standpunkte in ihm, selbst mit allen vorgeschriebenen Markierungen, wird nicht begrüßt, denn damit wird die Illusion eines informationsseitigen Gleichgewichts geschaffen.

Die Spielregeln können keine klaren, reglementierten sein, wenn eine Maschinerie zur Einschränkung, Unterdrückung und Bestrafung in Gang gesetzt worden ist. Sie funktioniert entsprechend einer eigenen Logik. Letztlich geht es um Menschen, denen man die Aktualität und die staatliche Wichtigkeit ihrer Tätigkeit unterstreichen und begründen muss. Mit solch einer Ausrichtung wird man stets ausländische Agenten und unerwünschte Organisationen finden. Die gesetzgeberische Basis und der Reichtum der Auslegungen gereichen hier nur zur Hilfe.

Fördert dies die Sicherheit des Staates? Es ähnelt mehr einer Rückversicherung, über die man bürokratisch Bericht erstatten kann. Wird das informationsseitige Umfeld steriler? Dies aber wohl kaum, da die Trägheit des Widerstands der Telegram-Kanäle wie auch jeglicher anderer Internetressourcen eine recht große ist. Im Informationsraum wird es einfach mehr Buchstaben geben – aufgrund der erzwungenen Anmerkungen über die Verleihung des Status eines ausländischen Agenten. Wahrscheinlich werden die Kanäle ausländischer Agenten weniger Leser aus den Reihen jener, die einfach Nachrichten erfahren wollen, haben. Allem Anschein nach wird es für sie – diese Kanäle – weitaus schwieriger werden, Geld mit ihrer Arbeit zu verdienen.

Die Maschinerie für eine Beschränkung und Säuberung stoppt nicht eigenständig ihre Arbeit. Dafür gibt es keinerlei Interesse seitens der Menschen, die das Funktionieren des Räderwerkes gewährleisten. Die Bewegung, die bereits einer eigenen inneren Logik untergeordnet ist, kann man entsprechend einem Signal oder auf direkte Anweisung von oben stoppen. Bisher ist dies nicht der Fall. Und die Gesellschaft erhält ein anderes Signal: Es ist besser, für sich eine maximal unpolitische Informationsnische auszuwählen. „Hänge Dich nicht zu weit raus“, solange die Zeiten keine einfachen sind.

Wie dem auch immer sein möge, für die Herrschenden wird es wohl kaum zum Nutzen gereichen, die Situation bis zu einer völligen Absurdität zu bringen. Einerseits werden sie eine schlecht informierte Gesellschaft erhalten, von der man weder ein Feedback noch eine Initiative oder eine qualifizierte Unterstützung in schwierigen Situationen oder eine Ressource für einer Erneuerung erwarten kann. Andererseits können für die Herrschenden die Kontakte nicht bloß mit dem intellektuellen Segment der Gesellschaft, sondern überhaupt mit den realen Menschen, denen nichtsanktionierte Protestaktionen nicht recht sind, die sich dabei aber an ein komfortables informationsseitiges Umfeld ohne Restriktionen außerhalb des gesunden Menschenverstands gewöhnt haben, in die Brüche gehen.