Es ist nachgezählt worden, dass während der jüngsten TV-Debatte der US-Präsidentschaftskandidaten Kamala Harris Wladimir Putin viermal erwähnte, und Russland – zweimal. Dies erfolgte im Kontext des russisch-ukrainischen Konfliktes. Donald Trump erwähnte die Russische Föderation zehnmal. Und Putin – sechsmal. Der Kontext war erwartungsgemäß der gleiche.
Ist dies viel oder wenig? Genug, um zu unterstreichen, dass das Thema im US-amerikanischen politischen Diskurs präsent ist. Und sicherlich unzureichend für jene, die angenommen hatten, dass der eigentliche Ausgang des Konfliktes zwischen Moskau und Kiew vom Ausgang der Wahlen in den Vereinigten Staaten abhängen könne. In Journalisten- und Politiker-Kreisen Russlands hat man sie beinahe als Schlüsselereignis bezeichnet. Die Rede war davon, dass Moskau sich nur dann über etwas einigen könne, wenn der Hausherr des White House für die nächsten vier Jahre feststehe. Es war erwartet worden, dass sich Trump unter Berücksichtigung seines Versprechens, einen baldigen Frieden zu erreichen, als ein für Russland bequemerer Präsident erweisen könne.
Tatsächlich hat Trump bei den Debatten dem Publikum keinerlei Plan für eine Beilegung des Konfliktes vorgelegt, keinerlei Thesen, die man erörtern könnte. Er sagte einfach, dass unter ihm so etwas nicht geschehen wäre, dass sowohl Wladimir Putin als auch Wladimir Selenskij „ihn achten“. Daher sei es für ihn ausreichend, sie anzurufen. Und alles werde sich richten. Diese Erklärung unterstützt das Bild von einem Leader, dem man keine Fragen stellt, sondern einfach vertraut. Harris erklärte als Antwort, dass unter Trump Putin bereits in Kiew gewesen wäre. Im Großen und Ganzen hatte sich damit die Diskussion erschöpft.
Braucht denn das amerikanische Publikum eine detailliertere Erörterung der russisch-amerikanischen Thematik? Wenn sie nötig wäre, hätten die Debatten dies reflektiert. Die Sache ist nicht, dass Harris und Trump keine klare Vision davon haben, wie man den Konflikt lösen kann. Sie ist wahrscheinlich auch nicht so erforderlich, wie es aus Moskau, aus Kiew und aus Europa scheinen mag. In der Welt hängt alles zusammen. Es sind isolierte, nichts beeinflussende Konflikte schwer vorstellbar. Washington verhängt aber gegen Russland Sanktionen und unterstützt die ukrainischen Offiziellen. Viele amerikanische Wähler spüren jedoch allem Anschein nach nicht, dass die Auseinandersetzung von Moskau und Kiew sie persönlich tangiert, ihr Leben beeinflusst. Der europäische Wähler spürt dies stärker. Es brennt nebenan, und in seinem Land werden es mehr Einwanderer aus der Ukraine.
Der Kongress verlangte von der derzeitigen US-Administration, ihre Vision hinsichtlich einer Beendigung des russisch-ukrainischen Konfliktes darzulegen. Aber alles läuft auf das Geld hinaus. Wie effizient ist die amerikanische Hilfe? Wie viele Haushaltsausgaben müssen noch eingeplant werden? Wenn wird man Gelder für etwas anderes einsetzen können? Trump könnte seine Kampagne auf dem ineffizienten Charakter der Hilfe für die Ukraine aufbauen. Aber dies ist für ihn bei weitem nicht das Hauptthema. Dies wird sich augenscheinlich nicht so spürbar auf das Leben der Amerikaner auswirken.
Die bewaffneten Konflikte in der Welt werden zu einem wichtigen Thema während der Wahlen in den USA, wenn irgendwo dort amerikanische Militärs, Ehemänner, Brüder und Söhne der Wähler ums Leben kommen. Wenn es nicht dazu kommt, sind die Ukraine und Jemen gleichwertig und von den Interessen des Elektorats in gleichem Maße entfernt. Eine direkte Verwicklung der USA in den Konflikt ist eine gewisse rote Linie, die heutzutage weder die Demokraten noch die Republikaner übertreten würden. Im Übrigen muss Trump zeigen, dass er ein Leader ist. Die Demokraten aber nicht. Während es für die Demokraten wichtig ist, Trump zu diskreditieren. Ob aber Washington helfen wird, den russisch-ukrainischen Konflikt zu lösen, wird nicht von der Person des Siegers abhängen, sondern vom kontextuellen Interesse der Vereinigten Staaten. Wird es nützlich sein, zeitweilig die Beziehungen mit Moskau zu stabilisieren und Kiew zu einem Dialog zu veranlassen? Oder wird es nützlich sein, sich weiter zu bemühen, Russland zu schwächen, während man weiterhin Kiew in dem Konflikt unterstützt, wobei unter anderem die Forderungen hinsichtlich eines Einsatzes amerikanischer Waffen gelockert werden?