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Über die Unzweckmäßigkeit einer Wiederherstellung der UdSSR


Der Pressesekretär des russischen Präsidenten, Dmitrij Peskow, hat gegenüber Journalisten erklärt, dass Wladimir Putin „die UdSSR nicht wiederherstellen will, da dies unmöglich ist“, und „darüber zu reden“ bedeute, „keine Achtung gegenüber unseren Partnern, den Verbündeten in der GUS an den Tag zu legen“. Dies war eine Antwort auf die Worte von Bundeskanzler Friedrich Merz, der in einer Sendung der ARD erklärt hatte, dass die Verteidigungsausgaben in den NATO-Ländern ansteigen würden, da man in der Allianz den Wunsch Moskaus, die Sowjetunion wiederherzustellen, fürchte und sich zu verteidigen beabsichtige. Peskow bezeichnete die Behauptungen, dass Russland die NATO-Länder angreifen könne, als „völligen Blödsinn“.

Zuvor hatte Wladimir Putin selbst auf eine Frage über das Auseinanderfallen und eine Wiederherstellung der UdSSR in dem jetzt häufig zitierten Interview für das indische Fernsehen geantwortet. Nach seinen Worten sei die Sowjetunion aufgrund des „lebensunfähigen Systems“ auseinandergebrochen. Und dies müsse man einfach anerkennen. Eine Reintegration der UdSSR sei nach seinen Worten „einfach ausgeschlossen“. Dies sei sinnlos und nicht zweckmäßig. Und dies würde überdies „sowohl die nationale als auch religiöse Zusammensetzung der Bevölkerung der Russischen Föderation kritisch verändern“. Im Westen aber würde man, wie Putin sagte, dennoch das schreiben, was man wolle, um „seinen aggressiven Kurs in Bezug auf Russland zu rechtfertigen“.

Im Oktober dieses Jahres hatte Putin während seines Duschanbe-Besuchs über die einstigen Republiken der UdSSR gesprochen: „Je weiter desto stärker erfolgt die Entwicklung auf einer eigenen wirtschaftlichen Grundlage, entsprechend einem eigenen Kultur-Code und auf der Basis eigener Traditionen. Und Russland entwickelt sich ebenso, Und hier ist es sehr wichtig, ganz und gar nicht weit voneinander auseinanderzudriften. Es ist sehr wichtig, ein Gefühl dafür zu bewahren, dass uns sehr viel vereint. Und dem ist auch tatsächlich so“.

Unter Berücksichtigung dessen, dass viele politische Entscheidungen in Russland hinter verschlossenen Türen getroffen werden, ist das Erfassen von Signalen eine der ständigen Beschäftigungen von Analytikern und Beobachtern. Die Aussagen des Präsidenten und seines Pressesekretärs kann man vom Prinzip her als solche auffassen – als einen Gedanken oder einfach als eine Tatsache. Putin hatte in der Tat den Zusammenbruch der UdSSR als größte geopolitische Katastrophe des 20. Jahrhunderts bezeichnet. Dabei hatte er nie von einer Wiedergeburt der Sowjetunion in irgendeiner Gestalt gesprochen. Es wurden eher andere Nuancen hervorgehoben: Es wäre wünschenswert, dass die früheren Republiken der UdSSR und heute unabhängigen Staaten die Kontakte mit Russland bewahren und sie nicht zugunsten von Beziehungen mit gegenüber der Russischen Föderation feindseligen Strukturen aufgeben.

Derart ist die geäußerte, die erklärte Position der Offiziellen. Dabei sind unter den Bürgern Russlands, darunter unter den politisch aktiven, imperiale oder postimperiale Stimmungen leicht auszumachen. Dies war beispielsweise im Jahr 2021 spürbar, als sich vor den Staatsduma-Wahlen die Partei „Gerechtes Russland“ mit der Sachar-Prilepin-Bewegung „Für die Wahrheit“, in deren Dokumenten das Artikulieren eines imperialen Wesens eines der Hauptmotive war, vereinten. Keiner hatte damals diese Welle gestoppt. Man hatte der Idee erlaubt, frei zu leben. Die Personen an der Macht hatten scheinbar begriffen, dass derartige Stimmungen in dem konkreten Zeitraum (im Jahr 2022 hatte die sogenannte militärische Sonderoperation Russlands gegen die Ukraine begonnen) eher nützlich den schädigend sind, mögen sie sich auch nicht mit den strategischen Aufgaben decken: Es wird keiner weder die Sowjetunion noch irgendein Imperium wiederauferstehen lassen.

Die militärische Sonderoperation dauert bereits das vierte Jahr an, dennoch verändert sich aber der Kontext. Und heutzutage ist es für die Herrschenden möglicherweise richtiger, sich deutlich und öffentlich von einem „proimperialen Kurs“ und von einer postsowjetischen Sehnsucht zu distanzieren. Die Administration von Donald Trump will ein Deal zwischen Moskau und Kiew erreichen. Die ihr nahestehenden Unternehmen können an gemeinsamen Projekten mit Russland interessiert sein. Und zwischen den Amerikanern und Europäern hat sich scheinbar eine Kluft herausgebildet. Das heißt: Heutzutage wäre es völlig falsch, Washington mit dem Gespenst der UdSSR Angst zu machen. Dies würde alle Bemühungen Trumps zu sinnlosen machen. Interviews für ausländische Journalisten senden natürlich Signale an die ganze Welt. Und wichtig ist es dabei, dass sie verantwortungslosen Erklärungen einzelner Abgeordneter, Politiker und Ex-Beamter, die eben jene imperialen Gedanken in Umlauf bringen, einen Riegel vorschieben.