Im Ministerium für Bildung und Wissenschaft der Russischen Föderation veröffentlichte man Daten über die Anzahl der Studenten, die exmatrikuliert wurden oder freiwillig das Hochschulstudium aufgaben, ohne die gesamte Ausbildung zu absolvieren. Im Studienjahr 2024/2025 warfen von den 4,6 Millionen Studenten 10,7 Prozent das Handtuch. Dabei nimmt, wie im Ministerium hervorgehoben wurde, der Anteil derjenigen seit dem Jahr 2020 unablässig zu, die aufgrund mangelhafter Studienleistungen aufhören.
Im Juni dieses Jahres hatte der stellvertretende Bildungs- und Wissenschaftsminister Dmitrij Afanasjew Zahlen darüber vorgelegt, wie viele Studenten während des Studiums auf der Strecke geblieben sind. „In den Studienjahren sind hinsichtlich der verschiedenen Fachrichtungen 15 bis 32 Prozent sowie teilweise auch bis zu 40 Prozent der Studierenden aus dem Studienprozess ausgestiegen. Am meisten, weil die Studenten nicht in der Lage sind zu studieren. Daher haben wir riesige Forderungen gegenüber dem System der allgemeinen Ausbildung. Gemeinsam arbeiten wir daran, damit die Qualität der Mathematik, der naturwissenschaftlichen und natürlich der geisteswissenschaftlichen Ausbildung zunimmt, damit die am besten ausgebildeten und wissensreichsten Abiturienten immatrikuliert werden. Wichtig ist aber auch noch die Motivation“, erklärte der stellvertretende Minister. Als Gründe für eine Exmatrikulation von Studenten nennt man im Bildungs- und Wissenschaftsministerium verschiedene: Mehr als 1000 verließen aufgrund von Krankheiten die Hochschulen und Universitäten, auf eigenen Wunsch haben 157.500 Jungen und Mädchen Abschied vom Studium genommen. Und aufgrund anderer Ursachen sind 147.000 gegangen. Die meisten Studenten (186.132) wurden im Studienjahr 2024/2025 aufgrund schlechter Studienleistungen exmatrikuliert.
Schaut man sich die Berichte der Hochschulen an, kann man auch eine genauere Aufschlüsselung der Ursachen feststellen. Schwierigkeiten beim Studium, Finanzprobleme und eine Änderung der Karrierepläne veranlassen die Studenten, ihr Studium abzubrechen. Gleichfalls stören „persönliche Umstände“, das Hochschulstudium zu beenden. Und schließlich kann ein Mangel an Interesse für das Studium ein Grund sein. Es keinen Enthusiasmus oder keine Motivation, für seine ursprünglich gewählte Fachrichtung zu studieren.
Das Abspringen von Studierenden vom Studium ist ein großes Problem, nicht nur für Russland. Schließlich kann für jeglichen Staat eine Exmatrikulation von Studenten als ein Verlust von Mitteln (im Fall einer Finanzierung des Studiums aus dem Staatshaushalt) und ein Entstehen zusätzlicher Ausgaben im Zusammenhang mit dem Verlust qualifizierter Fachkräfte aufgefasst werden.
Die Organisation für Wirtschaftskooperation und Entwicklung (OECD) veröffentlichte einen Jahresbericht für das Jahr 2024 unter dem Titel „Blick auf das Bildungswesen“. Er enthält statistische Angaben und Umfrageergebnisse, die den Zustand und die aktuellen Probleme der Bildungssysteme von 49 Ländern, darunter von den 38 OECD-Ländern, aber auch von Partnerstaaten, zu beurteilen erlauben. In dem Bericht gibt es da solch eine Feststellung: Studenten, deren Eltern nur eine allgemeine Grundausbildung besitzen, beenden um 17 Prozent seltener den kompletten Ausbildungszyklus als ihre Altersgefährten, deren Eltern ein College oder Hochschulen besuchten. Unter den jungen Menschen, deren Eltern keine Mittelschulausbildung besitzen, beenden nur 19 Prozent das Hochschulstudium. Wenn mindestens ein Elternteil ein Hochschulstudium absolvierte, so beträgt die Wahrscheinlichkeit, dass das Kind in deren Fußstapfen tritt, 72 Prozent.
In Russland sind im Übrigen auch einige interessante Gesetzmäßigkeiten ermittelt worden. Laut Angaben der Nationalen Forschungsuniversität „Hochschule für Wirtschaftswissenschaften“ verringert das Vorhandensein einer Goldmedaille für einen ausgezeichneten Schulabschluss die Wahrscheinlichkeit einer Exmatrikulation um etwa 67 Prozent. Je älter der Student bei einer Immatrikulation desto größer ist die Wahrscheinlichkeit seiner Exmatrikulation. Das Geschlecht des Studenten sei ebenfalls einer der Faktoren, die die Wahrscheinlichkeit einer Exmatrikulation beeinflussen. Für Jungen ist das Risiko einer Exmatrikulation um mehr als das 1,5fache größer als für Mädchen. Eine Immatrikulation für ein Studium mit einer Finanzierung aus der eigenen Tasche erhöht das Risiko einer Exmatrikulation im Vergleich zu einem Studenten, der kostenlos studieren kann.
Die problematischsten Fächer bei vielen Fachrichtungen sind die wirtschaftswissenschaftlichen und Mathematik-Disziplinen: Mikro- und Makroökonomie, höhere Mathematik (Algebra und lineare Analyse), Arbeitsökonomie und die Disziplinen, die mit einer Analyse von Daten verbunden sind.
In der Hochschule für Wirtschaftswissenschaften führte man eine Untersuchung der Gründe für Exmatrikulationen von Studenten, die entsprechend den Ergebnissen bei Schülerolympiaden immatrikuliert wurden, durch. Wie sich herausstellte, werden rund 25 Prozent solcher Studenten bereits in den ersten Studienjahren mit einer Exmatrikulation konfrontiert. Die Wissenschaftler unterteilten die Exmatrikulationsgründe in mehrere Gruppen. Die erste hängt mit den Persönlichkeitseigenschaften der Studenten und deren Angewohnheiten aus der Schulzeit zusammen. Die Olympiade-Teilnehmer eignen sich in der Regel ein Fach tiefgründig an, wobei andere Disziplinen ignoriert werden. In den Hochschulen und Universitäten wird aber eine gleichwertige Beachtung für die unterschiedlichen Lehrfächer gefordert, was sich als eine komplizierte Aufgabe erweist. Einige der Studenten gestehen ein, dass die Teilnahme an Schülerolympiaden bei ihnen keine Arbeitsliebe herausgebildet habe. Die zweite Gruppe der Ursachen betrifft die Organisierung des Studienprozesses. Oft kennen die Olympiade-Teilnehmer bereits das Lehrprogramm des ersten Studienjahres, was ihr Engagement für das Studium verringert. Solche Studenten sehen da für sich keine neuen Erkenntnisse und hören auf, den Unterricht zu besuchen und Studienaufgaben zu erfüllen, was zu einer Anhäufung überfälliger Zwischentestate und -prüfungen und zu einer Exmatrikulation führt.