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Über eine Trumpisierung der Regelung von Konflikten


In diesem Jahr ist eine neue Form für die Regulierung internationaler Konflikte entstanden, die Trumpisierung. Der US-Präsident Donald Trump wendet sich an die Seiten der markantesten internationalen Streitfälle mit dem Appell, sich an den Verhandlungstisch zu setzen, wobei er alle möglichen Maßnahmen zur Ausübung von Druck androht, aber die tiefliegenden Ursachen deren Widersprüche ignoriert. Die Logik dieser Vorgehensweisen hat der Hausherr des Weißen Hauses erneut skizziert, als er über seinen Beitrag zur Feuereinstellung zwischen Indien und Pakistan sprach. „Wenn man sich Indien und Pakistan anschaut, so haben sie eine Offensive begonnen“, erinnerte Trump beim Gipfeltreffen der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft (APEC) in Südkorea, wobei er die großangelegte Eskalierung zwischen den beiden Ländern im Frühjahr dieses Jahres im Blick hatte. „Sieben Flugzeuge wurden abgeschossen. Sie hatten wirklich zu handeln begonnen.“ Damals habe er sich mit den Spitzenvertretern Pakistans und Indiens in Verbindung gesetzt. „Ich sagte, dass ich vorhabe, Zolltarife in einer Höhe von 250 Prozent für jedes Land einzuführen. Und dies wird bedeuten, dass Sie niemals mit uns Geschäfte machen werden“, unterstrich Trump.
Der Präsident der Vereinigten Staaten ist der Auffassung, dass er acht Kriege beendet habe. Aber das Einzige, was er nach eigenem Eingeständnis nicht getan habe, ist die versprochene Beilegung des Konflikts zwischen Russland und der Ukraine. „Ich hatte gedacht, dass alles aufgrund meiner Beziehungen mit Putin einfacher sein wird“, sagte Trump, wobei er hinzufügte, dass sich der russische Präsident „als ein etwas anderer erwiesen hat“. „Ich denke aber, dass dies alles doch gelöst wird“, ergänzte er, als er in der südkoreanischen Stadt Gyeongju auftrat. Dass es für Washington Grenzen für eine Einflussnahme auf diesen Konfliktknoten gibt, gestand dieser Tage der amerikanische Vizepräsident James David „JD“ Vance in einem Interview für die Zeitung „The New York Post“ ein. „Wir sind wirklich der Auffassung, dass wir einen Punkt erreicht haben, an dem eine Einstellung der Kampfhandlungen den Interessen sowohl Russlands als auch der Ukraine entspricht. Aber verstehen Sie, Präsident Trump kann lediglich eine Tür öffnen. Er kann nicht eine der Seiten dazu zwingen, weiter zu gehen“. Nach Meinung von Vance sei der Ukraine-Konflikt an den „Punkt einer schwindenden Effektivität für beide Seiten“ angelangt.
Die russische Führung steht allen Anzeichen nach dem Vermittlungsenthusiasmus Trumps recht vorsichtig gegenüber. Möglicherweise, weil hinsichtlich der Konflikte, die das amerikanische Staatsoberhaupt für endgültig lösbare dank seiner Vermittlungstätigkeit erklärte, ernsthafte praktische Probleme existieren.
Zum Beispiel sieht das Regime der Feuereinstellung zwischen Israel und der HAMAS-Gruppierung, das am 10. Oktober unter der Ägide der USA in Kraft getreten ist, unsicher und schwach aus. Der Chef des Weißen Hauses, der dem jüdischen Staat einen historischen Besuch abstattete, gab feierlich von der Tribüne der Knesseth aus die Beendigung des Krieges im Gaza-Streifen und den Beginn einer neuen Epoche in der Region bekannt. Jedoch haben die Konfliktparteien im Verlauf von drei Wochen der Waffenruhe in der Praxis demonstriert, dass sie zu keiner realen Aussöhnung bereit sind. Und umso mehr zur Erörterung komplizierterer politischer Frage. Die palästinensischen Kämpfer übergeben mit Mühen den internationalen Unterhändlern die Leichname ums Leben gekommener israelischer Geiseln. Und überdies flammt im Gazastreifen erneut ein Schlagabtausch auf, in dessen Ergebnis systematisch israelische Militärs ums Leben kommen. Vor diesem Hintergrund arbeitet die von Premierminister Benjamin Netanyahu angeführte Regierung Szenarios für eine Wiederaufnahme massiver Bombardements von Gaza und eine Erweiterung der Zone unter Verantwortung der israelischen Armee entgegen den Bedingungen der erzielten Vereinbarung aus.
Eine qualitätsgerechte Regulierung internationaler Konflikte erfordert eine Berücksichtigung der tiefliegenden Widersprüche zwischen den Seiten, die Ausarbeitung klarer Kriterien für die Umsetzung der Friedensvereinbarungen und die Einführung eines objektiven Kontrollmechanismus. In den von der Trumpisierung beeinflussten Vereinbarungen ist der einzige Regulierungsmechanismus Donald Trump selbst, für den es wichtiger ist, einen dekorativen Punkt im jeweiligen Konflikt zu setzen. Solche Friedensinitiativen sind vorhersehbar störanfällige. Es gibt keine Wunder. Die Trumpisierung der Beilegung internationaler Konflikte wird zusammen mit Trump der Geschichte anheimfallen. Doch die Widersprüche zwischen den Seiten werden bleiben.