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Über russisches Geld in einem italienischen Kurort


In dieser Woche findet in dem italienischen Kurort Borgo Egnazia, der sich an der Adria-Küste in der Region Apulien befindet, der 50. Gipfel der G-7 (Großbritannien, Deutschland, Italien, Kanada, USA, Frankreich und Japan) statt. „Wir haben Apulien ausgewählt, da es eine symbolische Bedeutung hat: Im Verlauf von Jahrhunderten diente es als eine Brücke zwischen dem Westen und dem Osten“, sagte die Gastgeberin des Treffens, Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni.

Dies passt nicht sehr mit den Appellen der Staats- und Regierungschefs der G-7 zu einer weiteren Verschärfung des Kurses in Bezug auf Russland zusammen. Sie würden beabsichtigen, informierte The Financial Times, neue Sanktionen gegen natürliche und Rechtspersonen zu verhängen. Man wolle „die Anstrengungen verdoppeln“, die darauf ausgerichtet sind, dass die Unternehmen und Finanzinstitute der G-7-Länder nicht an einer Umgehung der Sanktionen beteiligt sind. Man droht entschiedene Maßnahmen allen an, die helfen, russisches Erdöl zu transportieren, oder gegen den früher eingeführten Preisdeckel für dieses verstoßen. Konkretes war aus dem Munde der Pressesekretärin des Weißen Hauses, Karine Jean-Pierre, zu vernehmen: „Die Staats- und Regierungschefs werden Anstrengungen entwickeln, die auf eine Nutzung der lahmgelegten souveränen Vermögenswerte Russlands für eine Hilfe für die Ukraine, aber auch für eine weitere Bestrafung Russlands und jener, die dessen militärischen Bestrebungen unterstützen, abzielen“.

Washington veranlasst die Partner in der G-7 zuzustimmen, der Ukraine einen Kredit mit einer Kaution in Form künftiger Einnahmen aus den im Westen auf Eis gelegten russischen staatlichen Vermögen bis zur möglichen Rückkehr von Donald Trump ins Amt des Präsidenten zu gewähren. Letzterer hatte sich früher gegen eine Finanzierung Kiews ausgesprochen. Nach Meinung der USA würde ein Kredit im Umfang von 50 Milliarden Dollar zur bevorzugtesten Variante unter Berücksichtigung dessen werden, dass sich die G-7-Länder nach wie vor hinsichtlich einer vollkommenen Konfiszierung russischer Vermögenwerte uneins sind. Der französische Präsident Emmanuel Macron hatte am 8. Juni bei einem Treffen mit dem amerikanischen Amtskollegen Joseph Biden in Paris die Hoffnung bekundet, dass die Staats- und Regierungschefs der G-7 in Italien der Bildung eines „Solidaritätsfonds“ für die Ukraine im Umfang von 50 Milliarden Doller, der durch Einnahmen aus Vermögenswerten der Russischen Föderation abgesichert wird, zustimmen werden.

Die Gruppe der Sieben hat nach wie vor keinen Mechanismus zur Nutzung solcher Einnahmen für eine Hilfe für die Ukraine abgestimmt, worüber Diplomaten-Quellen die Nachrichtenagentur informiert hatten. In Italien berichtete man der Agentur, dass die „schwierige technische Diskussion“ andauere. Und eine Quelle in der Regierung Deutschlands sagte AFP, dass das Abkommen durch die Länder der Europäischen Union gebilligt werden müsse, wo die größte Summe von Vermögenswerten Russlands eingefroren wurde. Allein im belgischen Depositarium Euroclear befinden sich russische Mittel im Umfang von 204 Milliarden Dollar.

Dabei hat die Europäische Union einen alternativen Vorschlag unterbreitet, dem gemäß Brüssel selbst Kiew einen Kredit bereitstellt, wobei als Kaution der eigene 7-Jahreshaushalt im Umfang von 1,2 Billionen Euro verwendet wird. Bei einer Online-Diskussion am 5. Juni haben die Finanzminister der EU-Länder jedoch nicht entscheiden können, welchen der beiden Vorschläge sie unterstützen.

Außerdem müssen für das Erzielen einer Einheit hinsichtlich der Frage nach einer Nutzung der Einnahmen aus den Vermögenswerten der Russischen Föderation für die Bedürfnisse der Ukraine die Zweifel einer Reihe von Verbündeten sowohl hinsichtlich der Effektivität dieser Maßnahme als auch hinsichtlich der Sicherheit ihrer Anwendung für die Länder an sich, die sie implementieren, überwunden werden. Nach Meinung des Zentralbankchefs Italiens, Fabio Panetta, beispielsweise „können Folgen für das Funktionieren des internationalen Währungssystems auftreten“, was zu einer Schwächung eines wichtigen Instruments zur Ausübung von Druck auf Russland führe.

In Moskau hat man gewarnt, dass eine Konfiszierung, ein Einfrieren und die Nutzung von Einnahmen russischer Vermögenswerte durch die G-7-Länder negative Konsequenzen für die Entwicklung des globalen Finanzsystems nach sich ziehen würden. Nach Aussagen von Dmitrij Peskow, des Pressesekretärs des russischen Präsidenten, beabsichtige Russland, derartige Schritte des Westens anzufechten, und dies unbefristet. Wie er erläuterte würde dies sehr ernsthafte Gerichtskosten und juristische Folgen für jene nach sich ziehen, die solche Entscheidungen treffen, und für jene, die solche Entscheidungen ausnutzen.