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Über sexistische Klischees, stümperhafte Lüge und Zynismus


Am Internationalen Frauentag, der in Russland ein besonderer Feiertag ist, veröffentlichte das Hamburger Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ einen Beitrag von Solveig Grothe unter dem Titel „Die Frauen hinter Putin“. Natürlich ist dieser auch in der russischen Hauptstadt aufmerksam gelesen und kommentiert worden. Nach nicht einmal zehn Stunden postete die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, auf Telegram einen Beitrag, wobei sie offensichtlich eine mangelhafte Übersetzung verwendete (https://t.me/MariaVladimirovnaZakharova/4944). Die Reaktion der 47jährigen Diplomatin ist im Grunde genommen eine logische, schließlich war sie ebenfalls ins Blickfeld der „Spiegel“-Autorin geraten. Solveig Grothe schrieb unter anderem: „Die Sprecherin des Außenministeriums ist ein Onlinestar, der Millionen Aufrufe erzielt… Das Image Russlands verteidigt Sacharowa auf einem Twitteraccount, der schnell im Ruf stand, recht locker mit Fakten umzugehen“. Die Redaktion von „NG Deutschland“ hat eine Übersetzung des Telegram-Posts, den Maria Sacharowa am 8. März veröffentlichte, vorbereitet, um den LeserInnen die Möglichkeit zu geben, sich selbst eine Meinung zum aufgeworfenen Thema zu bilden.

 

„Das deutsche (Nachrichten-) Magazin „Spiegel“, das auch früher den Ruf eines Klospülbeckens deutscher Geheimdienste, aber auch eines Vermittlers von Desinformationen hatte, hat sich an diesem Internationalen Frauentag selbst übertroffen.

In dem vor abstoßenden sexistischen Klischees strotzenden Beitrag „Die Frauen hinter Putin“ hat die deutsche Journalistin Solveig Grothe kurz ihre Meinung über Russlands Frauen – Politikerinnen, Staatsangestellte, Journalistinnen, Wissenschaftlerinnen und Vertreterinnen der Zivilgesellschaft – vorgestellt. In ihrem Artikel hat sie wen als „repressive Panikmacherin“ (im Original: Angstmacherin) gelabelt, wen als „Mütterchen“, wen als „Troll“ (im Original: „Chef-Troll“) und wen als „eisernes Püppchen“ (im Original: „eiserne Puppe“). Mit einer besonderen Genugtuung ist die Autorin über Soldatenmütter hergezogen, darunter über jene, die ihre Söhne auf den Feldern der Schlachten gegen die neonazistischen Ratten verloren haben. Solveig Grothe schreibt unter Verweis auf die französisch-russische „Historikerin“ Galia Ackerman: „Zu Putins Unterstützerinnen zählen in Russland laut Galia Ackerman auch Frauen, von denen man es nach Lage der Dinge nicht vermuten würde: Mütter, deren Söhne als Soldaten in die Zone der militärischen Sonderoperation (im Original: „die Ukraine“) geschickt wurden“. … Laut ihren Worten sind viele „durch die Propaganda einer regelrechten Gehirnwäsche unterzogen worden“. „Es gebe „Patriotinnen, die nicht den Tod der Verwandten beweinen und sagen, dass dies notwendig sei“ (im Original: „die sich nicht über den Tod ihrer Angehörigen beschweren, sondern sagen, dass dieser notwendig sei“).

Diese Solveig Grothe hat freilich vergessen hinzuzufügen, dass alle von ihr erwähnten Frauen acht Jahre lang die internationale Staatengemeinschaft gebeten hatten, das Gemetzel im Donbass zu beenden, dorthin humanitäre Hilfe schickten, Geld für die Heilbehandlung von beim Beschuss durch ukrainische Neonazis verwundete friedliche Einwohner einschließlich Betagter und Kinder sammelten.

Genauso hat augenscheinlich die Deutsche vergessen, dass man die Söhne der Soldatenmütter aus eben jenen Waffen tötet, die unter anderem auch die deutsche Regierung an das Kiewer Regime liefert.

Nicht ein Wort hat sie darüber gesagt, dass Angela Merkel öffentlich eingestanden hat, dass Berlin gar nicht vorgehabt hatte, die Minsker Abkommen zu erfüllen, ein Festhalten an der Resolution des Sicherheitsrates imitierte, wobei Zeit für eine Neubewaffnung der Ukraine gewonnen wurde.

Mir haben bereits mehrere Personen die Frage gestellt, was machen denn eigentlich die „Spiegel“-Korrespondenten in Moskau? Ehrlich gesagt, ich kann nicht erklären, wozu der „Spiegel“ in Russland Journalisten braucht, wenn sie mit dem Zusammenschustern von Artikeln aus der Luft gegriffen beschäftigt sind.

Die Passagen über die Mütter von Helden verblüffen durch ihren Zynismus, schockieren durch Unmoral. Ja, und überhaupt, soviel Unsinn, stümperhafte Lüge und Klischees an einem Ort zusammenzutragen, können nur professionelle Lügner. Allein schon der Untertitel im Geiste westlicher politischer Agitationsmaterialien spricht Bände: „Die russischen Frauen als Stütze des Regimes: Stalinistinnen, die hinter Wladimir Putin stehen“ (im Original: „Krieg gilt gemeinhin als Männersache. Doch in Russland treten starke Frauen als tragende Säulen des Putin-Regimes auf. Was das mit Stalin zu tun hat. Und warum selbst Soldatenmütter den Krieg unterstützen“.)

Auch Russlands Außenministerium hat sein Fett abbekommen, dass man als „absolut sexistische Behörde“ bezeichnete (im Original: „ansonsten wohl sexistische Regierungsbehörde Russlands“). Es ist schade, dass man nicht präzisierte, wer wenn einem „Harassment“ aussetzt: Männer die Frauen oder Frauen die Männer. Denn gestern haben uns die Kollegen ein Lied gesungen. Und man könnte durchaus auf den Gedanken kommen, dass sie dies unter den Läufen von Frauen-Maschinenpistolen getan haben.

Ja, und es hatte sich bereits so ergeben, dass auf der Internetseite der „Komsomolskaja Prawda“ heute eine asymmetrische Antwort auf die Verleumdung des „Spiegels“ veröffentlicht wurde. In der erzählen Diplomatinnen selbst, wie sie im System des Außenministeriums Russlands arbeiten.

Wenn die „Spiegel“-Korrespondenten zumindest einmal bei Briefings des Außenministeriums gewesen oder sich einfach angesehen hätten, würden sie wissen, dass im Ministerium gut die Hälfte der Mitarbeiter (47 Prozent) Frauen sind. Wenn man nur die Diplomaten nimmt, so sind dies um die 35 Prozent Frauen, in leitenden Funktionen – der fünfte Teil. Sie hätten erfahren, dass ich nicht die einzige bin, dass Nadeschda Barinowa die Direktorin des Historischen und Dokumenten-Departments ist, dass Botschafterinnen Ludmilla Worobjowa und Eleonora Mitrofanowa (die übrigens das Amt eines Stellvertreters des Außenministers bekleidet hatte) sind, es Frauen als Generalkonsuls, Direktoren und stellvertretende Direktoren von Departments sowie Abteilungsleiter gibt. Dies ist gerade jetzt der Fall, und es werden noch mehr. Und dies ohne künstlicher Gender-Quoten, ausschließlich auf der Grundlage professioneller Eigenschaften.

Aber die in Russland akkreditierten „Spiegel“-Korrespondenten Christian Esch und Christina Hebel haben augenscheinlich dafür keine Zeit. Womit sie sich hier befassen, ist unbekannt. Der erste ist überhaupt in der Ukraine abgeblieben und produziert im Fließbandverfahren russophobe Schmähschriften. Die zweite verhält sich mucksmäuschenstill in Moskau. Es ist wohl so zu verstehen, lediglich nur, um das Gehalt für das Amt des Chefkorrespondenten des deutschen Blattes zu erhalten. Reale Informationen über unser Land übermittelt weder der eine noch der andere an das eigene Hauptquartier.“

Wir als Redaktion von „NG-Deutschland“ werden nicht die Redaktionspolitik vom „Spiegel“ beurteilen. Jede Zeitung oder Zeitschrift — sei es in Deutschland oder in Russland — verfolgt eine eigene Redaktionspolitik, und in der Geschichte vom „Spiegel“ gab es verschiedene Journalisten, die in Russland gewirkt haben, mal freundliche, mal kritische Artikel aus Moskau geschrieben haben. Das Wichtigste ist, dass für die Journalisten, die für ihre eigene Leser in ihrer Heimat berichten, ein freier Zugang zu Information gewährt wurde und sie in ihrer Tätigkeit nicht eingeschränkt wurden. Sonst werden Millionen Menschen in unseren Ländern in dieser schwierigen Zeit der Konfrontation irregeführt, sodass der Grad der Entfremdung zwischen den Völkern zunimmt. Und das wird die Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Russland in den kommenden Jahren enorm erschweren. Das brauchen unsere Völker offenkundig nicht.

Das faktische Verbot der Tätigkeit von „Russia Today“ in Deutschland und der Deutschen Welle in Russland hat eher geschadet und in die Hände der Falken in Russland und in Deutschland gespielt. Im Interesse von unseren Völker ist, eine weitere Entwicklung in dieser Richtung zu vermeiden-