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US-Marines sind bereit, den Sudan von russischen Militärs zu säubern


Die Interessen der Russischen Föderation und der Vereinigten Staaten sind im Sudan aufeinandergeprallt, wo Moskau plant, an der Küste des Roten Meeres, in Port Sudan einen Marinestützpunkt einzurichten. Ein Abkommen mit Khartum hatte Moskau Ende letzten Jahres unterzeichnet. Auf Port Sudan und andere Objekte im Land erheben jedoch die Amerikaner Anspruch. Das Internetportal Al-Arab, aber auch andere sudanesische Medien behaupten, dass das Afrikanische Kommando der Streitkräfte der Vereinigten Staaten (AFRICOM — mit Sitz des Hauptquartiers in den Kelley Barracks in Stuttgart) beinahe zwei Monate versuche, den Sudan davon zu überzeugen, die Vereinbarungen mit der Russischen Föderation fallen zu lassen und mit dem Pentagon zusammenzuarbeiten.

Am 24. Februar ist erstmals seit Etablierung von AFRICOM (im Jahr 2007, Aktivierung – im Jahr 2008) in Port Sudan das Hochgeschwindigkeitsexpeditions- und Transportschiff USNS Carson City mit US-Marinesoldaten an Bord eingelaufen. Wie der stellvertretende AFRICOM-Kommandierende Andrew Young erklärte, „ist dies ein Moment grundlegender Veränderungen in den bilateralen Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und dem Sudan“. Arabische Medien meldeten, dass der Katamaran der US-Navy im Rahmen irgendwelcher Militärverträge, von Vereinbarungen zwischen Khartum und Washington in Port Sudan eingelaufen sei. Dies sieht sensationell aus, da erst im Dezember des Jahres 2020 die USA-Führung den Sudan aus der Liste der Staaten, die den Terrorismus sponsern, ausgeschlossen hatte. Und bis dahin hatte es beinahe im Verlauf von über 20 Jahren keinerlei Militärkontakte, umso mehr eine Zusammenarbeit zwischen den Ländern gegeben. Es hatte lediglich die Sanktionen gegeben, die die Entwicklung des afrikanischen Landes sehr störten.

Und am 6. Januar traf in Khartum US-Finanzminister Steven Mnuchin ein, der laut Informationen arabischer Medien die Möglichkeit einer Verlegung der AFRICOM-Führung aus Deutschland in den Sudan erörtert habe. Im Januar dieses Jahres erfolgte auch ein Sudan-Besuch von Andrew Young und von Konteradmiral Heidi Berg, der Chefin der Aufklärungsverwaltung. Sie hatten Treffen mit Premierminister Abdalla Hamdok, dem Vorsitzenden des „Souveränen Rats“, dem Verteidigungsminister und dem Generalstabschef der Streitkräfte des Landes. Diese Kontakte kommentierend, erklärte der offizielle Sprecher von AFRICOM Oberst Chris Karns, dass „die USA bereit sind, den sudanesischen Streitkräften zu helfen, den Grad der Professionalität zu erhöhen“. Gerade nach dem Besuch des Sudans durch die AFRICOM-Spitzenmilitärs haben auch die arabischen Medien begonnen, von irgendwelchen mit den Amerikanern unterzeichneten Militärvereinbarungen zu berichten. Auf offizieller Ebene bestätigt die sudanesische Führung dies nicht, sie dementiert es aber auch nicht. Obgleich den Wunsch, mit den USA eine Freundschaft zu halten, die gegenwärtige Führung in Gestalt des Leiters des herrschenden Rates General Abdel Fattah al-Burhan demonstriert.

Im August letzten Jahres hatte US-Außenminister Michael Pompeo Khartum besucht. Die Vereinigten Staaten hatten zugesagt, der Entwicklung des Landes materiell und finanziell zu helfen. Der General hatte nicht abgelehnt. Aus Medienberichten wird klar, dass Washington den Sudan ebenfalls zu bewegen versuchte, sich mit Israel auszusöhnen. Khartum war scheinbar auch dagegen nicht, forderte aber, die Sanktionen gegen das Land aufzuheben. Und da hat man im Dezember die Sanktionen aufgehoben. Und bereits am 6. Januar dieses Jahres hat der Sudan wie auch einige andere arabische Länder ein Abkommen mit Israel über die Normalisierung der Beziehungen unterschrieben. Das erfolgte im Beisein des US-Finanzministers, der nach Khartum gekommen war und der sudanesischen Führung half, neben anderen Fragen „die Schulden Khartums gegenüber der Weltbank zu regeln“. Eine aktive Finanzhilfe von den USA für den Sudan ist aber bisher nicht zu beobachten. Und eine Reihe russischer Experten vertritt die Auffassung, dass die Aktivitäten der Amerikaner in diesem Land mit der Entscheidung Russlands, im Sudan einen Militärstützpunkt der Kriegsmarine einzurichten, zusammenhängen würden. Doch die Militärkontakte von AFRICOM mit Khartum stehen wohl kaum nur mit dem Wunsch in einen Zusammenhang, Moskau entgegenzuwirken. Der neue Chef des US-Verteidigungsministeriums Lloyd Austin hat wirklich erklärt, dass „die destabilisierende Politik“ der Russischen Föderation eine der Hauptherausforderungen für die NATO sei, denen man nicht nur in Europa, sondern auch in anderen Regionen – im Nahen Osten, in Afrika – entgegenwirken müsse.

Die USA haben ihre geopolitischen und Wirtschaftsinteressen im Sudan und in den Regionen, die an ihn angrenzen. In erster Linie – im Roten Meer. „Wenn Russland einen Militärstützpunkt im Sudan errichtet, so wird es wie auch zu Zeiten der UdSSR, als diese dort Stützpunkte hatte, die Passage von Schiffen und Frachtern durch das Rote Meer kontrollieren können. Gerade durch dieses Meer und durch den Suez-Kanal erfolgt beinahe der zehnte Teil aller weltweiten maritimen Frachtguttransporte“, sagte der Militärexperte Oberst Nikolaj Schulgin. Er lenkt das Augenmerk darauf, dass der ehemalige sudanesische Staatschef Umar al-Baschir diese Region für „die Schlüssel zu Afrika“ hielt. Baschir hatte lange Russland zu überreden versucht, sich diese „Schlüssel“ zu greifen. Und sie scheinen jetzt auch bei ihr zu sein. Obgleich der Militärstützpunkt Russlands im Sudan bisher nur auf dem Papier existiert. Die Opponenten der Russischen Föderation haben aber sozusagen alles im Griff“, erklärte der Experte.

Es ist kein Geheimnis, dass in der Region der Meeresstraße Bab al-Mandab, die den kürzesten Weg aus dem Atlantik zum Indischen Ozean möglich macht, bereits Marine-Gruppierungen der USA und deren Verbündeten konzentriert sind. „Im Hafen von Djibouti ist der 152. Militärverband der Teilnehmerstaaten der Antiterror-Operation – der USA, Großbritanniens, der BRD, Frankreichs, Spaniens und einer Reihe anderer Länder – stationiert. Und daneben haben in diesem Land die Chinesen ihren Stützpunkt errichtet. Und gerade Russland und die Volksrepublik China hält man in den USA für die größten Feinde“, betont Schulgin.

Derweil hat die Errichtung des russischen Militärstützpunktes im Sudan scheinbar noch nicht begonnen. Der russische stellvertretende Verteidigungsminister Timur Iwanow teilte jüngst mit, dass im Sudan eine „Rekognoszierungskommission weilte, die dort arbeitete und technische Möglichkeiten und den erforderlichen Umfang an Hilfsgebäuden und -bauten präzisierte“. Diese Kommission des russischen Verteidigungsministeriums handelte im Rahmen des bilateralen Abkommens über die Einrichtung eines Punktes in diesem Land für die materiell-technische Sicherstellung der Seekriegsflotte der Russischen Föderation. „Gegenwärtig bereiten wir einen Bericht vor. Wir bereiten die erforderlichen Grundlagen zur Berechnung der Kosten vor und werden in der festgelegten Art und Weise eine Entscheidung über die Aufnahme der Bauarbeiten fällen“, teilte der Vizeminister mit, wobei er präzisierte, dass die Termine für den Beginn der Errichtung des Punktes im Sudan bisher nicht bestimmt worden seien.