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Verbündete schubsen die KPRF nach links


Der Start der Duma-Wahlkampagne hat gezeigt, dass die Verbündeten der KPRF hinsichtlich des linkspatriotischen Blocks die Partei an den Rand des politischen Spektrums drängen werden. Der Führer der „Linken Front“ Sergej Udakzow hat die Roten zum Kampf gegen die Kremlpartei „Einiges Russland“ aufgerufen, und im Interesse eines Sieges räumte er eine Zusammenarbeit mit den Resten der Nawalny-Vertreter ein. Allem nach zu urteilen, wird die Möglichkeit realisiert werden, den Wahlparteitag von „Einiges Russland“ als ungesetzlichen anzuerkennen.

Sergej Udalzow hat die „Bären“ (ein Bär ist Teil des Logos der Kremlpartei – Anmerkung der Redaktion) aus der regierenden Partei mit weitaus kleineren, dafür aber raffinierteren Tieren verglichen. Er rief sowohl die linke als auch die rechte Opposition auf, um eine Erhöhung der Wahlbeteiligung des Protestelektorats zu kämpfen. „Wir sind uns sicher, dass es noch möglich ist, die Offensive der Diktatur in Russland und die rasante Faschisierung des politischen Regimes zu stoppen“, erklärte der Führer der „Linken Front“ in seinem Namen und angeblich im Auftrag der Verbündeten der KPRF.

„Wenn für die Offiziellen eine Wahlbeteiligung von maximal 50 Prozent von Vorteil ist, so ist es unsere Aufgabe, eine Wahlbeteiligung in einer Höhe von mindestens 65 bis 70 Prozent zu sichern“, hat Udalzow bereits die Kräfteverhältnisse berechnet. Und hat gerade da einen „Boden für eine gemeinsame Arbeit aller realen Strukturen der Opposition“ ausfindig gemacht, „da eine hohe Beteiligung der Wähler und eine großangelegte Kontrolle seitens der Beobachter sowohl für die Linken als auch für die Rechten sowie für alle anderen Oppositionellen wirken werden“.

Für Udalzow an sich wird noch lange das Verbot gelten, an den Wahlen als ein Kandidat teilzunehmen, doch agitiert er in der Tat für zwei, denn seine Gattin Anastasia Udalzowa erwartet von der Kommunistischen Partei Unterstützung im hauptstädtischen Direktwahlbezirk Nr. 201. Sie selbst ist jedoch in den Appellen an die potenziellen Wähler vorsichtiger: „Bisher plane ich eine Kandidatur im Wahlbezirk Nr. 201. Die endgültige Entscheidung wird der KPRF-Parteitag treffen, der am 24. Juni stattfinden wird. Auf jeden Fall wird es während der Wahlkampagne sehr viel Arbeit geben. Daher lade ich Sie ein, Teilnehmer unseres Teams zu werden“. Udalzow äußert sich kategorischer. Angeblich „werden die Vertreter der „Linken Front“ von der KPRF sowohl in den Direktwahlbezirken als auch entsprechend Parteilisten nominiert. Details werden anhand der Ergebnisse des Parteitages der Kommunistischen Partei bekannt“.

Vom Prinzip her gibt es innerhalb der KPRF an sich auch so ausreichend viele Radikale, um noch irgendwen als Kandidaten aufzustellen. Mehr noch, es bestehen große Zweifel, dass sich die bekanntesten Popularisatoren für eine Verschärfung der Position der Partei – beispielsweise der Staatsduma-Abgeordnete Valerij Raschkin – auf den sichersten Positionen oder in den freien Wahlbezirken erweisen werden. Diese Radikalen und ihre Mitstreiter aus der linkspatriotischen Peripherie der KPRF treiben sie jedoch offenkundig und hartnäckig nach links, um in den Listen mehr Plätze für sich freizumachen. Die Parteiführung hat eine vorsichtigere Position. Sie zieht es vor, globale Beanstandungen gegenüber den Herrschenden vorzubringen und nicht zu beleidigen.

Gerade deshalb wird die kleine Flamme des potenziellen juristisch-politischen Brandes in Gestalt von Forderungen nach einer Anerkennung des Parteitages von „Einiges Russland“ als einen illegitimen allem Anschein nach bald gänzlich verlöschen. Gleich nach der Veröffentlichung des Präsidentenerlasses über das Datum für die Wahlen zur Staatsduma wurden die Internetressourcen der KPRF mit einer Aufzählung der durch die Vertreter von „Einiges Russland“ verletzten Normen zur Organisierung dieses Parteitages aufgefüllt. Die generelle Schlussfolgerung ist solch eine: Die abendliche Veröffentlichung des Erlasses am 17. Juni mache eine korrekte Prozedur für die Einberufung des Parteitages für den 19. (Juni) unmöglich. Folglich sei auch die Nominierung aller Kandidaten illegitim. Und dies bedeute: Jegliche Partei könne den Versuch unternehmen, die Teilnahme von „Einiges Russland“ an den Wahlen anzufechten.

Dieses Thema sprach beispielsweise Muchamed Bidschew, Jurist des Moskauer Stadtkomitees der KPRF, an. Auf die Frage der „NG“, ob die Kommunistische Partei an sich eine derartige Beschwerde initiieren werde, antwortete er: „Ich kann nicht für die Partei sprechen. Die Entscheidung trifft das ZK. Grundlagen für solch eine Entscheidung gibt es“. Er teilte mit, dass „er alles durchgewählt hat, was nur möglich ist, um zu überprüfen, ob „Einiges Russland“ bei der Zentralen Wahlkommission in der festgelegten Art und Weise eine Benachrichtigung über den Parteitag hätte einreichen können, und hat nichts gefunden“. Bidschew erinnerte daran, dass laut Gesetz die Wahlen ab dem Moment der Veröffentlichung eines (entsprechenden) Erlasses des Präsidenten angesetzt werden. Jedoch müsse danach jegliche Partei eine Versammlung der Führungsorgane durchführen. Weiter: einen Tag vorher die Zentrale Wahlkommission über den Parteitag informieren. Wenn der Erlass des Präsidenten am 17. Juni, um 22.30 Uhr herausgegeben wurde, so war die Zentrale Wahlkommission, die bis 18.00 Uhr arbeitet, bereits geschlossen. Ergo konnten ihre Mitarbeiter vor dem 18. Juni weder ein Fax noch eine telefonische Benachrichtigung oder eine schriftliche Mitteilung erhalten. Folglich hätte der Parteitag von „Einiges Russland“ erst am 20. (Juni) legitim stattfinden können.

Freilich könne nur eine zu den Wahlen registrierte Partei die Ungesetzlichkeit von Handlungen der Konkurrenten signalisieren, präzisierte er. Und wenn die Zentrale Wahlkommission die Registrierung der KPRF-Liste in die Länge ziehe, die Kandidaten von „Einiges Russland“ aber rasch „durchwinke“, so würden die Kommunisten die Fristen für eine Klage verpassen. Für die KPRF bleibe jedoch die Möglichkeit, die Registrierung der Direktwahlkandidaten von „Einiges Russland“ sowohl in den Wahlbezirkskommissionen als auch beim Obersten Gericht anzufechten. Allerdings erläuterte der „NG“ der stellvertretende ZK-Vorsitzende Dmitrij Nowikow, dass „die Frage eine sorgfältige juristische Durcharbeitung erfordert, denn „Einiges Russland“ wird sicherlich ein System zum Schutz ihrer Entscheidungen schaffen“. Alles in allem werden die KPRF-Juristen noch einmal eine juristische Expertise durchführen. Und bereits ausgehend von deren Ergebnissen wird die Parteiführung eine politische Entscheidung treffen. „Dies wird sowohl im Präsidium als auch bei Tagung des Stabs und im ZK diskutiert werden“, sagte Nowikow. Übersetzt in eine allgemein verständliche Sprache bedeutet dies, dass dieses Thema scheinbar kein Interesse seitens der Spitze der Kommunistischen Partei auslöst.