Russlands Rechtsschutzorgane verfolgen allem nach zu urteilen zielgerichtet die Äußerungen der Anhänger von Alexej Nawalny in den sozialen Netzwerken. Der gegenwärtige Anführer der Nawalny-Vertreter Leonid Wolkow erklärte dieser Tage, dass das Netz der außerparlamentarischen Oppositionellen beabsichtige, seine Arbeit fortzusetzen. Und bereits am 28. Dezember wurden in einer Reihe von Regionen Ex-Koordinatoren von Nawalny-Stäben festgenommen. Die gegen sie angewandten Paragrafen des Strafgesetzbuches sehen eine Haftstrafe vor. Und einer von ihnen war früher gegen Sektenmitglieder angewandt worden. Doch die Sicherungsmaßnahmen, die bisher gewählt worden sind, sind relativ milde – das Verbot für bestimmte Handlungen. Freilich, in Bezug auf die politischen Aktivisten ist dies gerade die wirksamste.
Bereits in den frühen Morgenstunden hat Wolkow selbst auch Alarm geschlagen. Die früheren Koordinatoren in Irkutsk und Tomsk, Sachar Sarapulow und Xenia Fadejewa, waren nicht erreichbar gewesen. Der Anführer der Nawalny-Vertreter gestand ein, dass er die Mitstreiter schon lange zu überreden versucht hatte, aufgrund der Gefahr eine strafrechtlichen Verfolgung Russland zu verlassen. Sie hätten es jedoch abgelehnt. Sarapul hatte ein eigenes oppositionelles Medium gepusht. Und Fadejewa, Abgeordnete im Tomsker Stadtparlament, wollte ihre Wähler nicht im Stich lassen.
Übrigens dieser Status wird eventuell dazu führen, dass man ihr gegenüber den Teil 3 des Paragrafen 282.1 des Strafgesetzbuches „Organisierung einer extremistischen Gemeinschaft“ anwendet, und überdies mit einem erschwerenden Umstand – Ausnutzung der Dienststellung. Dies sind sieben bis zwölf Jahre Haft, die ihr da drohen. Noch eine weitere Anklage wird augenscheinlich entsprechend dem Paragrafen 239 „Bildung einer NGO, die die Persönlichkeit und Rechte der Bürger antastet“ erhoben werden.
Neben den Ex-Koordinatoren aus Irkutsk und Tomsk haben die Rechtsschützer die Nawalny-Anhänger Jegor Butakow aus Archangelsk und Wadim Ostanin aus Barnaul festgenommen und verhört. Strafrechtlich verfolgt wird auch der ehemalige Aktivist des Saratower Nawalny-Stabes Andrej Gorodezkij. Entsprechend den Ergebnissen des Tages und der bereits erfolgten Gerichtsverhandlungen ist für alle regionalen Führungskräfte solch eine Sicherungsmaßnahme wie das Verbot bestimmter Handlungen festgelegt worden. Dies ist eine von den Behörden erprobte Blockierung gerade für Oppositionelle, bei der man ihnen vor allem Kontakte per Internet und jegliche gesellschaftliche Aktivität verbietet. Der frühere SMM-Manager der Nawalny-Anhänger aus Saratow musste ein Protokoll unterschreiben, wonach er sich verpflichtet, den Inhalt des Verhörs nicht preiszugeben.
Bisher ist nicht ganz klar, ob neue Strafverfahren angeschoben werden oder ob die neuen Verfolgten auf die Listen derjenigen gesetzt werden, gegen die schon Untersuchungen im Zusammenhang mit der schädlichen Organisation (deren Anführer zum Bedauern der eifrigen Rechtsschützer emigriert sind) laufen. Im Übrigen hat noch ein Abgeordneter des Tomsker Stadtparlaments – Andrej Fatejew – bereits mitgeteilt, dass er operativ Russland verlassen habe. „Ich musste die schwere Entscheidung treffen und zeitweilig das Land verlassen. Es ist durchaus möglich, dass gegen mich gleichfalls ein Verfahren eingeleitet worden ist“, schrieb er in den sozialen Netzwerken, wobei er unterstrich, dass er nicht über die Abreise informiert hätte, um Fadejewa keiner Gefahr auszusetzen.
„Heute ist irgendein höllischer Tag. Erneut sperrt man alle ein und liquidiert alle“, erklärte Wolkow in seinem Telegram-Kanal, bevor er ein neues Video darüber ankündigte, wie erfolgreich die Nawalny-Vertreter bei den Wahlen gegen die Herrschenden und deren Blockierung der „Smart Voting“-Ressourcen gekämpft hätten. Diese Geste wird man im Kreml bestimmt als eine Demonstration der Absicht werten, nicht zurückzuweichen, was sich wohl kaum wohltuend auf das Schicksal der neuen Angeklagten auswirken wird, denen Extremismus-Paragrafen des Strafgesetzbuches angehängt werden.