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Volkswagen wurde am Ausgang aufgehalten


Vor dem Hintergrund der antirussischen Sanktionen haben sich viele westliche Unternehmen angeschickt, den russischen Markt zu verlassen. Wichtig ist, dass in diesem Prozess in erster Linie die Interessen des einheimischen Business gewahrt werden. Besonders jenes Teils von ihm, der am meisten durch die ausländischen Restriktionen und der damit ausgelösten Probleme in der Wirtschaft gelitten hat. Bei einer jüngsten Beratung mit der Regierung hatte Präsident Wladimir Putin unter solchen Branchen besonders den Automobilbau hervorgehoben.

Hier vollzieht sich eine in vieler Beziehungen demonstrative Geschichte. Der deutsche Auto-Gigant „Volkswagen“ hatte beschlossen, seine Vermögen in Russland zu verkaufen. Dabei ergaben sich für ihn Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich der Trennung mit einem lokalen Partner – dem Konzern GAZ. Der russische Automobilbauer fordert jetzt auf dem Gerichtsweg eine Kompensierung der Verluste aufgrund des Abbruchs der Zusammenarbeit im Umfang von 15,6 Milliarden Rubel.

Die Beziehungen der Konzerne GAZ und VW besitzen eine langjährige Geschichte. Als internationale Autogiganten begannen, nach Russland zu kommen, war GAZ für sie ein Wunschpartner als einer der landesweit größten Auto-Montageorte mit einem zuverlässigen Business-Modell und umfangreichen Möglichkeiten – von Personenkraftwagen und Bussen bis zu schweren Lastkraftwagen. Im Unternehmen hatte man auf VW gesetzt, wobei damit gerechnet wurde, dass die Zusammenarbeit eine allumfassende und langfristige sein werde.

Diese Rechnung war lange Zeit vollkommen aufgegangen. Im Jahr 2012 wurde im Gorki-Autowerk in Nishnij Nowgorod die Fertigung von Fahrzeugen der Marken VW und Skoda mit einem kompletten Zyklus begonnen worden. Dafür hatte GAZ neue Abteilungen und die Infrastruktur geschaffen, errichtete ein Schulungszentrum und bildete über 3.000 Mitarbeiter aus. Die Investitionen in das Projekt beliefen sich auf 300 Millionen Euro. Die Partner befassten sich gleichfalls mit der Schaffung gemeinsamer Produkte, einer Bauteil-Basis sowie Export-Vorhaben. Die Abkommen darüber wurden im Jahr 2017 unterzeichnet.

Die Seiten waren mit dem breiten Zusammenwirken zufrieden. Volkswagen fertigte bei GAZ neue Modelle für den russischen Markt. Und später hatte der deutsche Konzern auch begonnen, sie nach Europa zu liefern. Und GAZ baute in seine Fahrzeuge Motoren des deutschen Partners ein und arbeitete an einer Lokalisierung der Motoren-Fertigung: Die entsprechenden Pflichten waren in einen speziellen Investitionsvertrag des Unternehmens integriert worden.

Die Zusammenarbeit endete aufgrund der Entscheidung von VW, vor dem Hintergrund der sogenannten militärischen Sonderoperation in der Ukraine Russland zu verlassen. Der Konzern stellte die Produktion ein und verließ das GAZ-Standort in Nishnij Nowgorod. Und später schrieb er den Verkauf des eigenen Werkes in Kaluga aus. In dieser Zeit hatten sich bei GAZ, das ein Abkommen mit VW bis zum Jahr 2025 verband, Kapazitäten für die Fertigung von 140.000 PKW im Jahr als unnötig erwiesen, verloren wurden 3.000 Arbeitsplätze und Investitionen im Umfang von mehreren Milliarden Rubel.

Das russische Unternehmen wandte sich an das Schiedsgericht im Verwaltungsgebiet Nishnij Nowgorod mit der Forderung, vom einstigen Partner 15,6 Milliarden Rubel einzutreiben. Als Sicherungsmaßnahme wurden Vermögenswerte von VW in Russland festgesetzt. Am 3. April wurde jedoch bekannt, dass ein Teil der blockierten russischen VW-Vermögen ausgeklammert wurden — konkret das VW-Werk in Kaluga und Objekte im Kreis Tschechow des Moskauer Verwaltungsgebietes. „Das Vor-Gericht-gehen durch GAZ und ein Einfrieren von Vermögenswerten sind gesetzmäßig. VW muss sich zuerst gerecht vom früheren Partner trennen und danach bereits nach einem Vorteil aus dem Verkauf seiner Aktiva in Russland suchen“, meint Prof. Marat Baschirow von der Hochschule für Wirtschaftswissenschaften in Moskau. „Jetzt betonen die PR-Spezialisten des europäischen Konzerns, dass aufgrund der Klage der Betrieb in Kaluga leide. Nur ist schwerlich zu glauben, dass der deutsche Konzern, der seine Produktion in Russland bereits vor mehr als einem Jahr eingestellt hat, sich tatsächlich um das Schicksal des Werkes in Kaluga Sorgen macht“. Der Wirtschaftsfachmann Nikita Kritschewskij fügte hinzu, dass VW unter anderem „in den letzten zehn Jahren durch das begünstigte Arbeitsregime in Russland um die 350 Milliarden Rubel an Vorteilen erzielte (Zollvergünstigungen, Kompensationen für die Verwertungsgebühr, die Teilnahme an Programmen zur Stimulierung des Marktes u. a.)“.

Experten sind sich sicher: Bevor der deutsche Autogigant das Land endgültig verlässt, muss er Rechnungen begleichen. Solch eine Meinung vertritt man auch in der Staatsduma (das russische Unterhaus – Anmerkung der Redaktion). Die Abgeordnete Natalia Nasarowa (Kremlpartei „Einiges Russland“) bat das Industrie- und Handelsministerium, die Situation unter seine Kontrolle zu nehmen. „Können wir etwa dem westlichen Unternehmen erlauben, das die antirussischen Sanktionen unterstützt, sich Treibhaus-Bedingungen für ein Verlassen des Landes auszuhandeln, während eben dieses Unternehmen einem der führenden Autobauer des Landes einen Schlag versetzt?“, erklärte sie. Die Parlamentarierin rief dazu auf, „keine solche Straffreiheit zuzulassen, die auch noch einen Präzedenzfall für andere westliche Unternehmen schaffen kann“.