Eine der deutschen monatlich erscheinenden Finanzzeitschriften, das BTC-ECHO Magazin, erschien dieser Tage mit einem Aufmacher, der der Lage des US-amerikanischen Dollars galt. Der Autor des Beitrags „BRICS-Staaten: Ist die De-Dollarisierung zum Scheitern verurteilt?“, der Chefredakteur des Magazins Sven Wagenknecht, stellte sich die Frage, ob eine De-Dollarisierung gelingen werde. Schließlich verzichte man in internationalen Handelsgeschäften immer häufiger auf den Dollar. Zuvor waren bei einem Briefing im US-Außenministerium solche Fragen gestellt worden: „China und Brasilien haben im März ein Abkommen über die Führung des Handels in ihren eigenen Währungen anstelle des Dollars abgeschlossen. Sind die USA über diese Tendenz zu einer De-Dollarisierung, die von der Kommunistischen Partei Chinas vorangetrieben wird, besorgt? Gibt es einen Plan zur Verhinderung derartiger Verträge mit anderen amerikanischen Partnern?“. Der erste stellvertretende Pressechef des State Departments, Vedant Patel, antwortete ausweichend.
Der Dollar befindet sich wirklich unter dem Druck der Ländergruppe BRICS (Brasilien, Russland, Indien, die Volksrepublik China und die Republik Südafrika). Und schließlich sei die amerikanische Währung vom Wesen her, betont Wagenknecht, der größte Exportschlager der USA. Und die ständige internationale Nachfrage nach ihm sichere Finanzstabilität und Potenz der Weltmacht. Dieser Hegemonialstatus bekomme jetzt aber auch Risse. Die BRICS-Staaten – und vor allem China und Russland – würden schrittweise am Leitwährungsstatus sägen.
Es ergibt sich da aber auch eine andere Frage: Wird es gelingen, dies endgültig zu tun? Besteht nicht das Risiko, das Gewünschte als Tatsächliches anzusehen? Zu einem Wendepunkt, nachdem sich die Haltung vieler Staaten Asiens, Afrikas und Lateinamerikas zum Dollar auf grundlegende Art und Weise zu ändern begann, wurden die amerikanischen Sanktionen gegen die Russische Föderation und das Einfrieren russischer Vermögenswerte im Ausland durch die westlichen Länder. Diese Handlungen haben die Hegemonie des Dollars in Frage gestellt. Alle begreifen, dass sich anstelle Russlands unter bestimmten Umständen jegliches andere Land wiederfinden kann. Seitdem werden unter der Ägide der BRICS-Gruppe neue Allianzen von Staaten gebildet, die bestrebt sind, sich im internationalen Handel auf andere Währungen oder gar auf Gold zu stützen.
Während früher jeglicher internationale Vertrag zu Rohstofflieferungen obligatorisch unter Verwendung des Dollars realisiert wurde, so einigen sich heutzutage beide Partner nicht selten über die Verwendung einer anderen Währung. Dies betrifft die Länder, die problematische Beziehungen mit den USA und insgesamt mit dem Westen haben. Obgleich die in Basel ansässige Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) behauptet, dass bis zu 90 Prozent des globalen Devisenhandels nach wie vor immer noch in Dollar abgewickelt werden würden. Laut Angaben des erwähnten Magazins hätten es die Zentralbaken aller Länder der Welt mit Stand Ende des Jahres 2022 vorgezogen, 60 Prozent ihrer Reserven in Dollar zu behalten, 20 Prozent in Euro und sechs Prozent im japanischen Yen. (Die BRICS-Staaten spielen bislang also kaum eine Rolle auf dem Paket der Fremdwährungsreserven. – Anmerkung der Redaktion)
Daher würden jetzt, wie Analytiker meinen, immer lauter die Stimmen jener zu vernehmen sein, die einen Übergang (oder eine Rückkehr) zum Gold fordern. Aber die Regeln dieses neuen Übergangs würden aber bereits nicht die USA wie 1944 mit der Etablierung des Bretton-Woods-Systems diktieren, sondern die BRICS-Staaten, beispielsweise China. Freilich bleiben die Anstrengungen in dieser Richtung vorerst im Stadium der Entwicklung von Konzeptionen. Schließlich ist eine Rückkehr zu einer 100-Prozent-Gold-Deckung in der Praxis wohl kaum möglich, da gerade die USA über die weltweit größten Goldreserven verfügen. Laut Angaben des Magazins haben sie 8133 Tonnen. Zum Vergleich: Russland hat über 2329 Tonnen (laut Angaben der Zentralbank für den März dieses Jahres), China – über 2.000 Tonnen, wie Nachrichtenagenturen unter Berufung auf offizielle statistische Angaben berichteten.
Aufwind bekommt das Narrativ des neuen rohstoffgedeckten Währungssystems vom schweizerischen Wirtschaftsfachmann Zoltan Pozsar, ein Credit-Suisse-Stratege. Er skizziert ein zu schaffendes System Bretton Woods III. Aber Experten-Einschätzungen nach zu urteilen, ist diese Konzeption gleichfalls einer Spekulation ähnlich. Für eine Weltwährung sei generelles Vertrauen nötig. Und im Fall mit dem politisch instabilen Brasilien oder Russland, das sich unter den Bedingungen der militärischen Sonderoperation in der Ukraine befindet, oder China und Indien mit ihren angespannten bilateralen Beziehungen ergeben sich Risiken, wie man urteilen kann. Und solange diese Risiken nicht beseitigt worden sind, werden sich nicht viele entscheiden, einen neuen Multi-Devisen-Korb anstelle des Dollars zu nutzen. Es kann angenommen werden, dass der Prozess dessen Schaffung nicht einmal Jahre, sondern Jahrzehnte in Anspruch nehmen wird.