Unabhängige Zeitung

Private Tageszeitung

Weißrussland hat Import-Käse verboten


Weißrussland hat seine Androhung, auf die Sanktionen des Westens zu antworten, wahrgemacht und die Einfuhr mehrerer Lebensmittel aus den unfreundlichen Ländern auf das eigene Territorium verboten. Beim genaueren Analysieren hat sich jedoch herausgestellt, dass es keinerlei Verbot gibt. Unter die Sanktionen fallenden Produkte wird man entsprechend einer speziellen Genehmigung der Regierung von Roman Golowtschenko einführen können.

Neue Sanktionen gegen Weißrussland waren am vergangenen Freitag verhängt worden, und die weißrussischen Offiziellen hatten sofort erklärt, dass sie gleich nach dem Wochenende eine harte Antwort geben würden. Die versprochene Antwort veröffentlichte die Regierung am Dienstagabend. In ihr gibt es eine Liste „verbotener Waren“, unter denen Fleisch (Rind- und Schweinefleisch), Käse, Wurstwaren, Früchte, Nüsse und Konditoreierzeugnisse sind. Das Verbot tritt ab 1. Januar in Kraft. Unter ein Einfuhrverbot gerieten Erzeugnisse aus den EU-Ländern, aus den USA, Kanada, Norwegen, Albanien, Island, Mazedonien, Großbritannien, Montenegro und der Schweiz.

Zusammen mit dem Verzeichnis der verbotenen Waren aus unfreundlichen Ländern gibt es in dem Dokument eine Anlage über eine Quotierung, aus der sich ergibt, dass man dennoch irgendeine Menge verbotener Waren einführen kann. Die Quoten festlegen und unter den Importeuren aufteilen wird die Regierung. Gleichfalls wird genehmigt, alle auf die Liste gesetzten Waren für den persönlichen Verbrauch einzuführen.

Das Thema der Gegensanktionen wurde am Mittwoch zum am meisten diskutierten sowohl unter Experten als auch in der Bevölkerung, da es sich um Konsumgüter handelt. Weißrusslands Handelsminister Wladimir Koltowitsch teilte mit, dass das Land insgesamt Waren aus den Ländern, die als unfreundliche bezeichnet wurden, im Wert von zwei Milliarden Dollar einführe. Doch unter die Sanktionen sei lediglich ein Viertel dieser Summe gefallen. Die Behörden hätten nicht die Einfuhr von Kindernahrung und Waren des sogenannten kritischen Imports untersagt, erklärte der Minister. Übrigens, laut der Außenhandelsbilanz kauft Weißrussland allein in der EU Waren im Wert von fünf Milliarden Dollar ein.

Weißrussland sei gezwungen, auf den Sanktionsdruck zu reagieren, erläuterte Koltowitsch die für die Bevölkerung nicht sehr angenehme Entscheidung. Die Restriktionen würden nach seinen Worten über 20 Warengruppen betreffen. „Dazu gehören Waren, die sowohl für die Produktion als auch für eine Realisierung im Einzelhandelsnetz genutzt werden“, erklärte Wladimir Koltowitsch.

Nach seinen Worten können man diese Waren in drei angenommene Kategorien unterteilen. „Das sind Waren, die vollkommen substituiert werden durch einheimische Hersteller oder Fertigungsstätten, die sich in Ländern befinden, die für Weißrussland befreundete sind. Waren, die (im eigenen Land) hergestellt werden, aber nicht in einem ausreichenden Umfang. Und Waren des sogenannten kritischen Imports“, betonte der Minister. Er bekundete die Hoffnung, dass die Käufer nicht einmal die Sanktionen spüren werden.

Zur gleichen Zeit hat Weißrusslands Regierung das Landwirtschaftsministerium beauftragt, den Markt mit den verbotenen Produkten durch deren Einkauf in „befreundeten“ Staaten zu versorgen. Der stellvertretende Minister Weißrusslands für Landwirtschaft und Lebensmittel Alexej Bogdanow versicherte als Antwort, dass die Weißrussen das Fehlen von Waren wirklich nicht spüren werden. „Belarus hat schon lange eine Politik zur Gewährleistung der Lebensmittelsicherheit mit eigenen Kräften entwickelt. Es ist uns gelungen, die bereits vor mehr als zehn Jahren zu erreichen“, behauptet er.

Bei der Kommentierung der Regierungsentscheidung erklären Experten, dass dies wirklich jener seltene Fall sein könne, in dem man den Staatsbeamten zustimmen könne. Es sei durchaus wahrscheinlich, dass aufgrund solcher Sanktionen in der Tat nichts aus dem Verkauf verschwinden werde. Zu spüren würden dies die Importunternehmen bekommen, von denen viele vom Markt abgeschnitten werden würden. In Business-Kreisen ist man der Annahme, dass das Recht auf die Lieferung von Sanktionswaren die Geschäftsleute erhalten würden, die den Herrschenden nahestehe. Dies werde den Wettbewerb auf dem Markt einschränken und folglich zu einem Ansteigen der Preise führen. „Aus dem, was wir hinsichtlich der verhängten Maßnahmen nachlesen können, wird eines klar: Es ist verboten einzuführen, es wird aber jener dies tun können, dem man es separat erlauben wird“, schreibt der politische Analytiker Pjotr Kusnezow über die Entscheidung des Ministerkabinetts. Der Experte lenkt gleichfalls das Augenmerk darauf, dass man diejenigen, die das Verbot verletzen, nur mit einer (Geld-) Strafe belegen werde (oder zwinge, die verbotenen Waren wieder aus dem Land zu bringen). 2Sagen wir es einmal direkt: Es ist keine besondere Maßnahme, wenn von einem potenziellen Gewinn aus einem seriös organisierten Strom von Schmuggelgut die Rede ist“, schreibt der Experte in seinem Telegram-Kanal.

Der Regierungsbeschluss wird ein halbes Jahr gelten. Und es gibt auch keinerlei Verbot für einen Verkauf von Vorräten. „Das heißt: Man kann unter Androhung einer „kosmischen“ Strafe auch weiterhin Importe tätigen, wobei der Anschein erweckt wird, dass Reserven verkauft werden. Freilich werden dabei die Unkosten, die Risiken und … der unweigerliche Saldo (das Plus) aus der zunehmenden Nachfrage bei einem zurückgehenden Angebot auf den Preis aufgeschlagen“, meint diesbezüglich Pjotr Kusnezow. „Wer Snickers möchte, wird Snickers kaufen. Nur möglicherweise schon nicht an jeglicher x-beliebigen Haltestelle. Und zu einem anderen Preis“, resümiert der Experte.

Zuvor hatten Experten gesagt, dass angesichts ihrer Offenheit und der geringen Bedeutsamkeit die weißrussische Wirtschaft keinerlei ernsthafte Hebel für eine Einflussnahme auf die europäischen Partner habe, während sie selbst recht ernsthaft von ihnen abhänge. Dorthin gehen vor allem die Exportwaren – Erdöl und Erdölprodukte. Die Europäischen Sanktionen gegen Weißrussland sind bisher noch nicht wirksam geworden, obgleich sie verabschiedet worden sind. Im besten Fall wird man ab Jahresbeginn einen gewissen Einfluss zu spüren beginnen. Europa hat auch ein sechstes (Sanktions-) Paket versprochen. Daher sind „die gegenwärtigen“ Gegensanktionen für Minsk an sich unvorteilhaft. Doch man muss soviel wie möglich Rummel machen, um seine Unbeugsamkeit zu demonstrieren, kommentieren einheimische Beobachter die Antwort von Weißrussland für die westlichen Länder.