Die „Nesawisimaya Gazeta“ veröffentlichte dieser Tage einen Kommentar zu möglichen Auswirkungen der Festnahme russischer Söldner bei Minsk mit Blick auf den postsowjetischen Raum.
Minsk hat mit der Übergabe von Listen der verhafteten Bürger Russlands aus der privaten Militärfirma (PMF) „Wagner“ an das Außenministerium der Ukraine den Punkt, wo es kein Zurück mehr gibt, durchlaufen und vom Wesen her damit den Unionsvertrag null und nichtig gemacht, nachdem es den nächsten Verbündeten der Absicht bezichtigte, einen Umsturz in Weißrussland vorzunehmen. Als man am 29. Juli im weißrussischen KGB (Inlandsgeheimdienst – Anmerkung der Redaktion) und im Untersuchungskomitee über die Festnahme von 33 PMF-Vertretern in einem Sanatorium bei Minsk informierte, äußerte sich Alexander Lukaschenko äußerst hart: „Ich sehe, unsere älteren Brüder sind verstummt. Sie tönen schon nicht mehr, dass sie diese Jungs nach Istanbul entsandt haben. Da gab es und konnte es gar kein Istanbul geben, wie sich bei einer Überprüfung herausgestellt hat. Es ist klar, dass diese Gruppe andere Ziele hatte. Und es ist Aufgabe der Ermittlungsarbeiten, diese Ziele herauszufinden“.
Lukaschenko unterstrich, dass in Weißrussland eine Erlaubnis zum Besuch der Republik durch Militärs (mit Technik oder ohne sie) nur der Präsident geben könne. „Niemand hat irgendwelche Genehmigungen erteilt. Mehr noch, ernste Verdachte lösen bei uns heute die Ziele aus, die sich die Gruppe gestellt hat“, betonte er. Gesagt wurde dies mit dem klaren Begreifen dessen, was weiter geschehen wird: Die bisherigen Beziehungen zwischen den Ländern wird es nicht mehr geben. Da beißt die Maus keinen Faden ab. Minsk wird dorthin gehen, wohin seinerzeit die Ukraine gegangen ist – in die zur Russischen Föderation entgegengesetzte Richtung. Für Russland wird es unwichtig werden, wer am 9. August bei den Wahlen in Weißrussland siegen wird. Selbst wenn der Gewinner der gegenwärtige Präsident sein wird, wird dies für ihn die letzte Amtszeit sein. Und Lukaschenko hat die Karten offengelegt, indem er die Kontrolle an der Grenze zur Russischen Föderation verschärft hat. Die Kontrahenten von Alexander Lukaschenko machen ebenfalls keinen Hehl aus den Absichten, im Land sehr Vieles zu verändern – angefangen von der Innen- bis hin zur Außenpolitik. Die Kandidatin für das Amt des weißrussischen Präsidenten Anna Kanopazkaja hat offen erklärt, dass Minsk und Moskau keinen gemeinsamen Weg gehen würden.
Weißrusslands Präsident ist offen gegen den langjährigen Partner losgezogen. Und dies ist nicht nur für die Beziehungen innerhalb des Unionsstaates wichtig, sondern auch für alle Länder des postsowjetischen Raums. Deren Spitzenvertreter schauen aufmerksam darauf, wie Russland antworten wird. Und davon wird abhängen, wohin die übrigen GUS-Länder gehen werden. Bisher hat Alexander Grigorjewitsch mit seinen Handlungen und Erklärungen faktisch eine endgültige Zerstörung dieser Struktur, aber auch der Eurasischen Wirtschaftsunion initiiert.
Als die nächsten in der Liste für ein Weggehen von Moskau können sich die Länder Mittelasiens erweisen. In der Region arbeiten seit langem die Amerikaner, Chinesen und Türken. In den USA werde laut Aussagen des bekannten Experten Carlo Caro aktiv die Idee von der Notwendigkeit einer Zuspitzung des geopolitischen Kampfes gegen Moskau um den Einfluss in der zentralasiatischen Region propagiert. Caro bezeichnet die Region als „Hinterhof Moskaus“. Und nach Erlangung der Unabhängigkeit würden die Vereinigten Staaten viel unternehmen, um ihren Einfluss auf diesem „Hof“ auszudehnen.
Hinsichtlich des Westens verhalten sich die einstigen Sowjetrepubliken unterschiedlich. Turkmenistan beispielsweise – betont neutral. Usbekistan aber zieht eine Zusammenarbeit vor – sowohl mit den USA als auch mit den Ländern der Europäischen Union. Die Spitzenvertreter dieser Länder wollen nicht, dass der Krieg aus Afghanistan in die Region gelangt und sind daher gezwungen, die Zusammenarbeit mit den großen geopolitischen Akteuren zu vertiefen. Alle außer Tadschikistan, das die Beziehungen mit Russland festigt, arbeiten für eine Anbahnung von Kontakten mit den USA. Um Kirgisien kümmert sich die Türkei, wo Kirgisen hochqualifizierte Jobs bekommen. Tadschikistans Markt ist seit langem durch billige chinesische Waren überschwemmt. Die Arbeitsplätze befinden sich dabei nicht in Russland, sondern in China. Und Duschanbe orientiert sich immer häufiger schon nicht auf Moskau, sondern auf Peking.
Russlands naher Kreis verändert sich auf radikale Weise. Und dies ist ein natürlicher Prozess. Moskau hat aber lange die sich vollziehenden Veränderungen buchstäblich nicht zur Kenntnis genommen und ist nun gezwungen, eiligst nach neuen Vorgehensweisen hinsichtlich der nächsten Nachbarn zu suchen. Wenn aber die bisherige Politik fortgesetzt wird, wird sich die Russische Föderation in einer Umgebung wiederfinden, die ganz und gar keine freundschaftliche ist.