Der Anteil des staatlichen Sektors an der Mehrwertschaffung in Russland belief sich im Jahr 2016 auf 33 Prozent, haben Experten des Internationalen Währungsfonds (IWF) berechnet, was erheblich unter alternativen Expertenschätzungen liegt. Die staatliche Leitung sicherte 13,5 Prozent des BSP im Jahr 2016, und die staatlichen Unternehmen – weitere 19,3 Prozent des BSP. Die Haushaltseinrichtungen und größten staatlichen Konzerne stellten im formalen Sektor 50 Prozent der Arbeitsplätze.
Die Einschätzung des IWF ist mit den Angaben der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung vergleichbar, die den Anteil des Staates mit 35 Prozent in den Jahren 2005-2010 bezifferte, was sich erheblich von den Ergebnissen alternativer Berechnungen unterscheidet. Moody’s schätzt, dass der Anteil des staatlichen Sektors an der russischen Wirtschaft 40 bis 50 Prozent unter Berücksichtigung der teilweise privatisierten Unternehmen ausmacht. Einen ähnlichen Standpunkt vertritt das Zentrum für strategische Entwicklungen – 46 Prozent entsprechend den Ergebnissen des Jahres 2016. Die Schätzung des russischen Kartellamts FAS (Föderaler Antimonopoler Dienst) ist radikaler: Der Anteil der Staatsunternehmen am BSP erreichte 2015 70 Prozent im Vergleich zu den 35 Prozent von 2005.
Eine für Russland spezifische Besonderheit ist das Dominieren des Staates im Finanzsektor. Groß ist die staatliche Präsenz in den strategischen Wirtschaftssektoren – in der Öl- und Gasförderung, der Rüstungsindustrie sowie auf dem Gebiet der natürlichen Monopole und staatlichen Dienste (Elektroenergie, Wasserversorgung und Kanalisation, Heizung sowie Pipeline- und Bahntransport). Vorrangig privatwirtschaftliche Branchen sind die Landwirtschaft und Lebensmittelindustrie sowie ein Großteil der verarbeitenden Industrie und des Handels. Die Zahlen unterscheiden sich in starkem Maße, was mit den unterschiedlichen Bewertungsmethoden zu erklären ist. Traditionell wird die Auffassung vertreten, dass der staatliche oder der private Sektor anhand des kontrollierenden Aktionärs bestimmt wird. Das heißt, dass „Gazprom“ beispielsweise ein Staatskonzern ist. Andererseits befindet sich etwas weniger als die Hälfte seines Aktienkapitals in privater Hand. Alle Blue Chips der Moskauer Börse stellen außer LUKOIL, „Surgutneftjegaz“ und „Norilsk Nickel“ staatliche Unternehmen.
So oder so ist der Staat in Russland der Hauptoligarch. Dies bedeutet nicht, dass dies schlecht ist. Die Transport-, Finanz-, Elektroenergetik- und anderen Monopolen müssen durch die Regierung kontrolliert werden. Genauso wie auch die entscheidenden Lagerstätten der Naturressourcen. Anfang der sogenannten Null-Jahre (zu Beginn des 21. Jahrhunderts) kaufte „Gazprom“ „Sibneftj“ auf. Und der Staat erhielt die direkte Kontrolle im Aktienkapital des Unternehmens. Auf der Basis der YUKOS-Aktiva wurde „Rosneftj“ gebildet, das später das gemeinsame Business von TNK und BP übernahm.
Kann sich in er überschaubaren Zukunft in Russland der Anteil des Staates entscheidend verringern? Das ist sehr wenig wahrscheinlich. Nach den Vouchern und Pfandauktionen ist eine Privatisierung in Russland nicht populär. Überdies engen die Sanktionen den Kreis der potenziellen Investoren stark ein. Dabei wurde unserer Meinung nach der Mechanismus der Volks-IPO (Gang an die Börse, um auch Investoren aus dem Volk zu gewinnen – Anmerkung der Redaktion). In deren Rahmen kann man Aktien von „Gazprom Neftj“, der russischen Staatsbahn RZD usw. an die Öffentlichkeit verkaufen. Je größer der Kreis der Börsenspekulanten in Russland, umso größer die Mittelklasse, die bekanntlich eine Garantie vor jeglichen Revolutionen ist. Der Kleinbürger soll und muss sich für Börsennotierungen und -nachrichten interessieren, und nicht für Politik.