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Wintershall Dea und andere deutsche Gasfirmen präsentieren Analyse zur Zeit nach Covid-19


Die Covid-19-Pandemie ist eine der größten weltweiten Krisen der jüngeren Vergangenheit und stellt alle Volkswirtschaften vor ungewohnte Herausforderungen: medizinisch-gesundheitlich, wirtschaftlich, sozial und politisch. Die unterzeichnenden Unternehmen haben ihren Teil dieser Herausforderung angenommen und leisten seit Ausbruch der Krise ihren Beitrag dazu, die Versorgung von Haushalten und Unternehmen mit Gas zu gewährleisten. Dies gibt ein Stück Stabilität sowie Sicherheit und sichert Arbeitsplätze. 

Wir sind aber zugleich sicher, dass wir nach Überwindung der Pandemie einen entscheidenden Beitrag zum wirtschaftlichen Aufschwung leisten können – ohne Aufweichung von Klima schutzzielen. Gas ist für kostengünstigen Klimaschutz essenziell. Die Rolle von Gasen als Klimaschutzermöglicher mit niedrigen CO2-Vermeidungskosten, die schon vor der Pandemie unter Beweis gestellt wurde, kann sich danach umso stärker zeigen. Gemeinsam stehen wir zu den Maßnahmen der Bundes- und Landesregierungen sowie der Kommunen im Kampf gegen die Corona-Pandemie. Uns eint die Überzeugung, dass sowohl heute als auch künftig die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger oberste Priorität haben muss. 

Gleichsam darf uns diese Haltung nicht dazu verleiten, vom eingeschlagenen Pfad der Energie wende und des Klimaschutzes abzuweichen oder ihn zu verlangsamen. Das Gegenteil ist richtig: Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Konjunkturdiskussionen brauchen wir keine kurzfristigen Verpuffungen, sondern nachhaltige Weichenstellungen und Investitionen für den Umbau unseres Energiesystems. Die damit verbundene stetige Reduzierung von CO2-Emissionen ist nicht nur essenziell, um die mittel- und langfristigen Klimaziele zu erreichen. Mit diesen Investitionen stützen wir vielmehr auch kurzfristig die Wirtschaft, machen sie fit für morgen und schaffen zukunftssichere Arbeitsplätze. Vor diesem Hintergrund begrüßen wir sehr, dass sich die Bundesregierung jüngst auf ein umfangreiches Konjunkturpaket verständigt hat, welches mit seinem sogenannten Zukunftspaket viele Energiewende- und Klimaschutzmaßnahmen enthält, die obigen Erwägungen Rechnung tragen. Auch wenn viele Details noch offen sind: Eine zielgerichtete und zügige Umsetzung des beschlossenen Konjunkturpakets hat das Potenzial – zusätzlich zu den bereits auf dem Weg befindlichen Maßnahmen – einen „Wumms“ für beides zu liefern: Volkswirtschaft und Energiewende. Nur so kann es uns gelingen, Wirtschaft und Gesellschaft kraftvoll und nachhaltig aus der Krise zu führen.

Kohleausstieg zügig umsetzen und erfolgreichen Strukturwandel sicherstellen Allein im Jahr 2019 konnten durch den Umstieg von Kohle auf Gas 6 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden.1 Dies zeigt: Gemeinsam mit den erneuerbaren Energien leistet Gas wichtige CO2-Senkungsbeiträge. Der vereinbarte Kohleausstieg war und ist ein fragiler Kompromiss, der lange zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen ausgehandelt wurde und von der Politik nun umgesetzt werden soll. Im Sinne der Planungssicherheit für alle Beteiligten unterstützen wir die Bundesregierung darin, eine zügige Verabschiedung des Kohle ausstiegsgesetzes und des Strukturstärkungsgesetzes zu forcieren, um somit auch einen erfolgreichen Strukturwandel in den Kohleregionen sicherzustellen.

Investitionen in gesicherte KWK-Erzeugung ermöglichen Gleichzeitig müssen die Bedingungen für Investitionen in verlässliche und gleichzeitig  flexible Kraftwerke verbessert werden. Wir sind davon überzeugt, dass bestehende und neue Gaskraftwerke hier eine wichtige Rolle spielen werden, um eine bezahlbare und sichere Strom   versorgung in Deutschland zu gewährleisten. Um das sicherzustellen, braucht es auch eine langfristig angelegte KWK-Gesetzgebung und einen deutlich attraktiveren Kohleersatzbonus. 

Gasinnovationen kraftvoll vorantreiben – technologie- und anwendungsoffener  Ansatz notwendig Keine Energiewende ohne Innovation. Zur Umsetzung brauchen wir verstärkt neue Technologien und Prozesse. Ein Erkenntnisgewinn der letzten zwei Jahre: Wasserstoff und entsprechende Infrastrukturen werden eine größere und sektorübergreifende Rolle spielen, insbesondere dort, wo kein erneuerbarer Strom direkt zur Verfügung steht oder wo dessen Einsatz mit großen technischen und damit wirtschaftlichen Herausforderungen verbunden ist. Hier sind explizit auch der Wärmemarkt und der Gebäudesektor verstärkt in die Überlegungen einzubeziehen.

Die Nationale Wasserstoffstrategie der Bundesregierung ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung. Das Ziel, bis 2030 5 GW industrielle H2-Anlagen bauen zu wollen sowie weitere 5 GW bis spätestens 2040, unterstützen wir dabei ausdrücklich. Nun gilt es, den Markthochlauf von Power-to-Gas durch Abschaffung verbleibender Hindernisse und gezielte Anreize sicherzustellen. Dies gilt sowohl auf der Angebotsseite über z. B. ein Marktanreizprogramm als auch auf der Nachfrageseite durch eine mögliche Einführung einer Treibhausgas-Minderungsquote bei Gasverbrauchern im Wärmesektor. Das erklärte Ziel, dabei die Produktion von grünem H2 von der EEG-Umlage zu befreien, ist ein wichtiger Schritt. Auf diese Weise entstehen zukunftssichere Arbeitsplätze, und es wird gezeigt, dass die Technologien auch in größeren Maßstäben funktionieren – eine gute Basis für Exportpotenziale.

Dabei sollte auch hier ein technologie- und anwendungsoffener Ansatz ermöglicht werden, der neben erneuerbarem Wasserstoff auch den Einsatz von dekarbonisiertem Wasserstoff ermöglicht und anreizt. Dabei können die Pyrolyse2 in Deutschland sowie die CCOS-Technologie3, wie sie z. B. in Norwegen momentan angewandt wird, eine wichtige Rolle spielen. Diese Energieträger können in allen Sektoren, auch in Gebäuden, einen entscheidenden Beitrag zur Dekarbonisierung leisten. 

Darüber hinaus ist Deutschland im Rahmen der anstehenden EU-Ratspräsidentschaft gefordert, das Thema Wasserstoff voranzutreiben. Das gilt insbesondere für die ausstehenden Delegierten Rechtsakte der REDII, für deren Umsetzung sich Deutschland einsetzen muss, damit ein Markthochlauf von CO2-freiem H2 stattfinden kann. So bietet sich die Chance, Wirtschaft, sichere Arbeitsplätze und Klimaschutz groß zu denken und klug miteinander zu verknüpfen. Eine Chance, die wir im internationalen Wettbewerb stehend nicht ungenutzt an uns vorbeiziehen lassen sollten.

Ausbau erneuerbarer Energien kontinuierlich fortsetzen Das 65 %-Ziel erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch bis 2030 ist nur zu erreichen, wenn es zügig verlässliche Rahmenbedingungen für den weiteren Ausbau von erneuerbaren Energien gibt. Diese werden im Zusammenspiel mit Gas helfen, eine sichere, CO2-arme und bezahlbare Energieversorgung zu gewährleisten. Unser Appell an die Bundesregierung lautet, das 65 %-Ziel klar gesetzlich zu verankern. Vor diesem Hintergrund begrüßen wir, dass es insbesondere beim Windausbau an Land endlich eine Einigung innerhalb der Bundesregierung gibt, die auch den Weg frei macht für den verstärkten Ausbau von Offshorewind und die Streichung des PV-Deckels von 52 GW. 

Zu den erneuerbaren und klimafreundlichen Energien zählen nach unserer Überzeugung ausdrücklich auch Investitionen in erneuerbare und dekarbonisierte Gase, die wesentlich zu  Methanpyrolyse ist die Aufsplittung von Erdgas in seine Bestandteile Wasserstoff und festen Kohlenstoff unter   hohen Temperaturen.In Kombination mit der autothermischen Reformierung von Erdgas zu Wasserstoff ist damit die Abscheidung   von CO2 und die Speicherung in ausgeschöpften Gasvorkommen auf hoher See bzw. in besonderen tiefen   Gesteinsschichten (Carbon Capture and Offshore Storage, CCOS) gemeint. Diese Gesteinsschichten sind mit   Sandstein und Salzwasser gefüllt und tragen daher die Bezeichnung „saline Aquiferen“ einer nachhaltigen Wertschöpfung und damit zum Wirtschaftswachstum beitragen. Neben enormen CO2-Einsparpotenzialen bieten die Technologien auch große ökonomische Potenziale, wie verschiedene Studien zeigen.

Wir begrüßen die Ankündigung, dass die Bundesregierung das CO2-Gebäudesanierungsprogramm um zusätzlich 1 Milliarde Euro auf nun 2,5 Milliarden Euro aufstocken will. Die steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung ist dabei ein wichtiges Instrument, um die CO2-Reduktion im Wärmemarkt umzusetzen. Auch hier können gasbasierte An wendungen im Zusammenspiel mit erneuerbaren Energien weiterhin wichtige Impulse für eine nachhaltige Reduzierung von CO2 geben – technologieoffen,  sozialverträglich und umweltschonend. Der Schlüssel dazu ist insbesondere die Modernisierung der Heizungstechnik, vorrangig im Bestand. Dafür sollten die Fördermechanismen (derzeit MAP 2020, perspektivisch BEG) derart angepasst werden, dass auch der Einsatz von Brennwertkesseln bei entsprechendem Nachweis des Einsatzes erneuerbarer und dekarbonisierter Gase förderfähig wird. Unsere Anregung war, im Gebäudeenergiegesetz einen Anreiz für die Nutzung von erneuerbaren und dekarbonisierten Gasen zu implementieren, indem der Einsatz von erneuerbaren und dekarbonisierten Gasen mit einem Primärenergiefaktor von 0,1 definiert wird. 

Mobilität CO2-arm und technologieoffen gewährleisten Elektro-, gas- und wasserstoffbasierte Kraftstoffe und Technologien sind Garanten auf dem schwierigen Weg, im Mobilitätssektor CO2-Emissionen nachhaltig zu reduzieren. Dabei sind die Batterie, die Brennstoffzelle, CNG, Bio-CNG, SNG, LNG, Bio-LNG und e-fuels im Zusammenspiel Technologien, die im Mosaik der Mobilität zusammen mit Effizienzgewinnen der Fahrzeuge je nach Mobilitätsbedarf Lösungen anbieten können. Auch hier gilt: Mit einem technologieoffenen Ansatz gibt es die beste Chance, für jede Mobilitätsanwendung die optimale CO2-Reduktion erreichen zu können. Ganz konkret geht es hier darum, das CO2-Reduktionspotenzial aller Energieträger gleichermaßen in der EU-Flottenregulierung anzuerkennen.

Planungssicherheit schafft Arbeitsplätze und Investitionen Um die Corona-Krise zu bewältigen, geht es zunächst darum, kurzfristige Wachstumsimpulse zu setzen. Der sektoroffene Einsatz von Gas und Wasserstoff und die Entwicklung der vielfältigen Technologien zur Erzeugung erneuerbarer und dekarbonisierter Gase tragen dazu wesentlich bei. Gleichzeitig kommt es darauf an, auch die langfristige Nachhaltigkeit der angestrebten Lösungen – sowohl ökonomisch als auch ökologisch – zu bedenken. Wir sind der Überzeugung, dass der Einsatz von Gasen auch langfristig Wachstums- und Jobmotor sein wird, der unverzichtbar für die Dekarbonisierung unserer Systeme sein wird.