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Wohin wird Trump Amerika führen?


Die Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus hat eine Menge an Vermutungen hinsichtlich dessen ausgelöst, wie seine neue, die zweite Kadenz aussehen werde. Da er bisher sein Amt noch nicht angetreten hat (die Amtseinführung wird für den 20. Januar kommenden Jahres erwartet – Anmerkung der Redaktion), sind diese Vermutungen und Annahmen phantasiereiche und reflektieren eher Hoffnungen und Phobien ihrer Autoren, denn seine realen Pläne.
Mit einem Fingerzeig der Opponenten Trumps stellt man den 78jährigen oft mit V. Orban, R. T. Erdogan und anderen Staatsmännern in eine Reihe, die lange und – soweit dies die Möglichkeiten erlauben – autoritär regieren wollen, wobei die Rhetorik von einer Verteidigung konservativer Werte ins Spiel gebracht wird. So habe er sich angeblich in der ersten Amtszeit nicht in dieser Qualität demonstrieren können. Sowohl der Kongress sei nicht unter seiner Kontrolle gewesen, und auch die Parteigenossen seien nicht alle für ihn sowie die Richter gewesen sein. Jetzt aber, da die Republikaner-Partei im Grunde genommen doch zu einer Trump-Partei geworden ist, im Repräsentantenhaus und im Senat sie eine Mehrheit besitzt und ein Großteil der Mitglieder des Obersten Gerichts hinsichtlich ihrer Überzeugungen zu den Republikanern tendieren, wird Trump wohl loslegen.
Man kann nicht sagen, dass derartige Annahmen nicht ganz grundlos sind. In der Republikaner-Partei gibt es Kreise, die Trump gern als einen „konservativen Revolutionär“ und Autokraten sehen möchten. Im vergangenen Jahr hatte der Republikaner-Polittechnologe Kevin Roberts (von der Heritage Foundation – Anmerkung der Redaktion), über den sich der Trump-Kandidat für das Amt des Vizepräsidenten, James David Vance, recht positiv geäußert hat, eine Arbeit unter dem Titel „Project 2025“ veröffentlicht. Dies ist eine Anleitung für Trump, was man nach dem Machtantritt tun müsse. Dort wird vorgeschlagen, drastisch die Vollmachten des Staatsoberhauptes zu verstärken – eine Reihe von Institutionen unter seine direkte Kontrolle zu stellen (und die ihm lt. Verfassung nichtunterstehenden – insbesondere das FBI – aufzulösen), mit eiserner Hand die Frage der illegalen Einwanderung zu lösen, indem alle Illegalen aus dem Land vertrieben werden, und die „föderalen Bürokraten gegenüber dem demokratisch gewählten Präsidenten und dem Kongress verantwortungsbewusster zu machen“. Zur ideologischen Basis für die Veränderungen wird der Kampf für eine Wiedergeburt der „christlichen Grundlagen“ der amerikanischen Gesellschaft erklärt. Von der Notwendigkeit, beispielsweise eine Zunahme der Besucherzahlen der Kirchen zu erreichen, ist in dem Dokument direkt die Rede. Kurzum, das Projekt ist dazu angetan, die amerikanischen Liberalen einzuschüchtern. Es ist natürlich kein Hitler-Programm, wie man es in den Agitationsmaterialien der Demokratischen Partei zeichnet, tatsächlich ähnelt es aber der Politik Orbans in Ungarn.
Die Auffassung zu vertreten, dass das „Project 2025“ von Trump als eine Handlungsanleitung aufgefasst wird, verhindern zwei Faktoren. Erstens unterstreicht Roberts selbst, dass dies gerade seine Ideen und nicht die des gewählten Präsidenten seien. Wenn man sie mit dem vergleicht, was Trump zumindest im Verlauf des vergangenen Wahlkampfes sagte, so gibt es da wenig Übereinstimmungen. Zweitens harmonieren die Aussagen von „Project 2025“ nicht mit dem offiziellen Programm der Republikanischen Partei. In dessen Hinsicht waren gleichfalls viele Beanstandungen formuliert worden. Sie betreffen aber eines: Da gibt es viel Allgemeines und wenig Konkretes. Es gibt da beispielsweise den Verweis darauf, dass man die Steuern senken müsse. Es wurde aber nicht gesagt, welche. Es gibt Aussagen über eine Bildungsreform, wobei aber in keiner Weise erläutert wurde, worin sie bestehen werde, usw. Und es gibt dort keine Andeutung in Bezug auf einen Autoritarismus. Und in den USA ist ein Parteiprogramm kein deklaratives Papierchen. Dies ist der offizielle Standpunkt einer Partei. Würde Trump entscheiden, es zu ignorieren, würden die Republikaner gegen ihn antreten. Dies ist lediglich einer der Bremsklötze und eines der Gegengewichte, die den Präsidenten daran hindern, sozusagen die Machtorgane zu kontrollieren, was er eigentlich gern tun möchte. Es gibt noch die Offiziellen der Bundesstaaten, die Opposition, die Presse (in den USA ist sie wirklich die vierte Gewalt), die lokalen Gerichte und das Wichtigste – die generelle Überzeugung der Amerikaner, dass der Präsident zwar auch der höchste, aber letztlich doch nur ein Beamter ist. Ein Diener des Volkes, den man von Zeit zu Zeit an dies erinnern muss.
Ein Antasten der Demokratie ist eine rote Linie, die man Trump nicht zu übertreten erlauben wird. Experimente hinsichtlich einer Implementierung konservativer Werte sind aber durchaus möglich. Trump hat bereits versprochen, gesetzgeberisch zu verankern, dass in den USA offiziell nur zwei Geschlechter, dass männliche und das weibliche, anerkannt werden. Die Annahme zu hegen, dass er dies nicht schaffen werde, ist grundlos. Freilich haben derartige Novitäten nicht mit einer Revolution gemein.