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Zehntausende Arbeitsplätze in den sogenannten Mono-Städten können verschwinden


Die offizielle Arbeitslosenrate in der Russischen Föderation befindet sich auf einem Rekordtief, obgleich immer mehr Unternehmen über Entlassungen, einen Personalabbau oder gar über eine Einstellung der Produktion berichten. Zum akutesten kann das Problem der Arbeitslosigkeit in den sogenannten Mono-Städten werden, wo ein Teil der städtebildenden Unternehmen aufgrund der antirussischen Sanktionen wesentlich gelitten haben. Russische Staatsbeamte versprechen, die Maßnahmen zur Unterstützung der Beschäftigung zu verstärken, Experten halten aber die Zunahme der Arbeitslosigkeit in den nächsten Monaten für eine unausweichliche.

Den größten Schaden haben die westlichen Sanktionen der russischen Autoindustrie, der Metallurgie und dem Sektor der Holzverarbeitung zugefügt. Allein in den russischen Mono-Städten wird eine signifikante Verschlechterung der Lage der städtebildenden Unternehmen konstatiert, wo bis in die jüngste Vergangenheit über 180.000 Menschen beschäftigt waren. Solche Angaben führt das russische Zentrum für strategische Entwicklungsarbeiten an.

Aber Entlassungen und ein Stellenabbau erfolgen heute nicht nur in den Mono-Städten. Eines der jüngsten Beispiele ist die Kündigung von über einhundert Menschen in einem Peterburger Betrieb, wo man sich mit der Herstellung von Bauteilen die Autowerke von Nissan und Hyundai befasste. Es ist verständlich, dass viele tausende Bürger Russlands, die heute den Job verlieren, nicht in die Statistik über die Zunahme der Arbeitslosigkeit in den Mono-Städten gelangen. Allerdings haben für einige Unternehmen die Sanktionen und der Weggang der Ausländer Möglichkeiten für ein Wachstum der Produktion und das Einstellen neuer Mitarbeiter geschaffen.

Einen erheblichen Anstieg der Arbeitslosigkeit erwartet man auch in der russischen Regierung. Im Mai hatte das Ministerium für Wirtschaftsentwicklung vorausgesagt, dass die Arbeitslosigkeit in Russland von 4,8 Prozent des Vorjahres bis auf 6,7 Prozent zunehmen werde. Heute sprechen aber die Beamten aus dem Ministerium von Maxim Reschetnikow von einer Revision dieser Prognose in eine positive Richtung im Juli-August. Laut offiziellen Angaben des russischen Statistikamtes Rosstat sei die Arbeitslosigkeit in Russland im Juni auf dem historischen Minimum von 3,9 Prozent geblieben.

Die Arbeitslosenrate in Russland werde im Jahr 2022 maximal bis auf 6 Prozent ansteigen, was nicht kritisch sei. Es werde keinerlei Einbruch auf dem Arbeitsmarkt des Landes geben, prognostiziert der Direktor des Zentrums für Konjunkturforschungen an der in Moskau ansässigen Hochschule für Wirtschaftswissenschaften, Georgij Ostapkowitsch. „Es wird keinerlei Einbruch auf dem russischen Arbeitsmarkt, den viele Wirtschaftsfachleute vorausgesagt hatten, geben“, meint der Experte.

Derweil bereiten sich die russischen Staatsbeamten vor, die Normativen für die sogenannte zeitweilige Beschäftigung zu verdoppeln. Der Zeitraum für die Beschäftigung auf Zeitarbeitsplätzen für systembildende Unternehmen werde von drei bis auf sechs Monate verlängert, teilte man im Apparat der russischen Vizeregierungschefin Tatjana Golikowa nach einer Tagung der russischen dreiseitigen Kommission für soziale und Arbeitsbeziehungen mit. Die Rückkehr der Arbeitslosenrate zum Vorkrisenstand von 2021 erwarte man in der Regierung erst im Jahr 2025.

Die hauptsächlichen negativen Folgen für die Lage der russischen Mono-Städte werden sich im dritten und vierten Quartal dieses Jahres bemerkbar machen und können sich in einer Reduzierung der Beschäftigtenzahlen, einer Verringerung der Löhne und Gehälter, einem Rückgang der Produktionszahlen und sogar in einer Stilllegung von Unternehmen äußern, prognostiziert man im Zentrum für strategische Entwicklungsarbeiten.

Die größten Verschlechterungen der Situation erfolgten in der Forstindustrie und Holzverarbeitung, der Metallurgie, aber auch in der Autoindustrie sowie im Transport- und Sondermaschinenbau.

Im ersten Halbjahr haben sich in 16 Mono-Städten Risiken für eine erhebliche Verschlechterung der Situation in den städtebildenden Unternehmen abgezeichnet, wo insgesamt 182.000 Menschen tätig sind.

Unter den am stärksten betroffenen städtebildenden Unternehmen nennt man im Zentrum für strategische Entwicklungsarbeiten die großen Metallurgie- und Autoindustrie-Zentren Magnitogorsk, Tscherepowez, Kamensk-Uralskij, Togliatti, Nabereschnyje Tschelny und Jelabuga. Diese betroffenen Industriezentren befinden sich in den Verwaltungsgebieten Tscheljabinsk, Wologda, Swerdlowsk und Samara sowie in Tatarstan. Dabei ist offensichtlich, dass die Verringerung der Produktion in den Hauptbetrieben eine krisenartige Kettenreaktion hinsichtlich der gesamten Kette der Lieferanten und Auftragnehmer auslöst.

Einen erheblichen Schaden durch die Sanktionen haben die Unternehmen der Forstindustrie und des Holzverarbeitungskomplexes in den Verwaltungsgebieten Archangelsk, Wologda, Kirow, Nowgorod und Kostroma sowie in Karelien einstecken müssen.

Unter direkte sektorale oder persönliche Sanktionen der sogenannten unfreundlichen Länder sind 134 städtebildende Unternehmen geraten. Für die meisten ist verboten worden, die hergestellten Erzeugnisse zu exportieren, aber auch Anlagen und Ausrüstungen zu importieren, die für die laufende Tätigkeit und die Vornahme einer Modernisierung erforderlich sind. Unter den städtebildenden Unternehmen der Mono-Städte gehören 45 zur Forstindustrie und Holzverarbeitung. Insgesamt sind in ihnen über 40.000 Menschen beschäftigt, erinnert man im Zentrum für strategische Entwicklungsarbeiten.

Die Erzeugnisse des Forstindustrie-Komplexes des Nordwestlichen föderalen Bezirks wurden praktisch vollkommen in Länder der Europäischen Union exportiert. Das größte Risiko besteht für die Unternehmen, in denen Projekte zur Herstellung von Brennstoff-Pellets, Briketts und verklebter Holzplatten (clt-Platten bzw. Sperrholzplatten) realisiert wurden. In den letzten drei Jahren sind in städtebildenden Betrieben der Mono-Städte des Nordwestlichen föderalen Bezirks zehn solcher Projekte umgesetzt worden. Mit dem Verlust der Absatzmärkte aufgrund der Sanktionen kann man im Juli-August eine Einstellung der Tätigkeit einer Reihe solcher Betriebe erwarten. Erwartet wird gleichfalls eine Verringerung der Herstellung von Karton um 25 Prozent im laufenden Jahr im Vergleich zum Jahr 2021 aufgrund des drastischen Rückgangs der Nachfrage, was die Arbeit des entsprechenden Betriebes in Surasch (Verwaltungsgebiet Brjansk) negativ beeinflussen kann.

Als beständigste bezüglich der Sanktionen haben sich die städtebildenden Unternehmen erwiesen, wo das Tempo der Modernisierung der Produktion und der Implementierung moderner Technologien ein geringes war, betont man im Zentrum für strategische Entwicklungsarbeiten. Keine Probleme haben gleichfalls die städtebildenden Unternehmen der Rüstungsindustrie, die auf innerrussische Produktions- und Kooperationsketten ausgerichtet sind. So wurden beispielsweise in der baschkirischen Stadt Kumertau im März dieses Jahres ungeachtet der Sanktionen neue Verträge über den Bau von Hubschraubern abgeschlossen. Geplant ist gleichfalls die Aufstockung der Belegschaft um 200 Mitarbeiter.

An die Sanktionsbedingungen konnten sich auch eine Reihe von Herstellern von Autobauteilen anpassen, die analoge Erzeugnisse zu importieren Bauteilen fertigen. So hat ein Betrieb in der Kleinstadt Wjasniki des Verwaltungsgebietes Wladimir die Lieferungen von Scheinwerfern an einheimische Autobauer erweitert. Unter den Bedingungen der Sanktionen und der Verteuerung der Logistik ist es vorteilhafter geworden, einheimische Erzeugnisse zu kaufen, obgleich sie hinsichtlich ihrer technischen Eigenschaften den importierten analogen Erzeugnissen nachstehen. In der kurzfristigen Perspektive haben sich auch die Textilbetriebe der Mono-Städte des Zentralen föderalen Bezirks als stabile gegenüber den Sanktionen erwiesen