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Nawalny hat die Realisierung des Plans „Alexej der Selige“ begonnen


Alexej Nawalny hat am 20. Februar erwartungsgemäß vor dem Moskauer Stadtgericht die Berufung zur realen Haftstrafe im Fall Yves Rocher verloren. Und auch im Prozess zur Klage des Kriegsveteranen Ignat Artjomenko wegen verleumderischer Aussagen musste er eine Niederlage einstecken. Zum einzigen positiven Ergebnis wurde die Präzisierung der Dauer des Aufenthalts von Nawalny im Straflager. Im Endergebnis werden dies zwei Jahre sechs Monate und zwei Wochen sein. Hinsichtlich des Falls der Verleumdung wurde gegen den Oppositionspolitiker eine Strafe von 850.000 Rubel festgesetzt (umgerechnet etwa 9412 Euro).

Letzten Endes hat Nawalny innerhalb eines Tages zwei Schlussworte gehalten. Nach dem ersten war die Vermutung aufgekommen, dass er die Realisierung eines gewissen Plans unter der Codebezeichnung „Heiliger Alexej“ begonnen hat. Indem er sich in einer ungerechten Haft befindet, erhält er den Status der wichtigsten moralischen Autorität für die gesamte Opposition. Wer dies anfechten möchte, der wird unter eine gesellschaftliche Verurteilung geraten. Und da werden die Anhänger von Nawalny in ihrer tagtäglichen Arbeit eine führende Rolle in der politischen Konfrontation mit den Herrschenden spielen können, wobei sie sich auf solch eine Autorität von ihm stützen.

Daher hatte auch der Angeklagte überraschend eingestanden, dass er ein gläubiger Mensch sei, d. h., er eben nach seinen Worten „das Pathos bis zum Maximum aufgedreht hatte“. Und für einen Gläubigen sei es leichter, merkte er an, einen harten politischen Kampf zu führen als für Atheisten. Schließlich habe er Gebote, an die man sich einfach halten müsse. Freilich, in einem eigenartigen Glaubenssymbol von Nawalny vermischte sich die Bergpredigt – „Glückselig sind, die nach der Gerechtigkeit hungern und dürsten, denn sie sollen satt werden!“ (Evangelium nach Matthäus, 5,6 – Anmerkung der Redaktion) — mit Sätzen aus den Fantasy-Romanen über Harry Potter und aus dem Kindertrickfilm über Zeitreisen des verrückten Professors und seines Enkels.

Im Schlusswort hinsichtlich des Verleumdungsverfahren kehrte Nawalny jedoch zur anklagenden Rhetorik an die Adresse der Herrschenden zurück, die sowohl diesen konkreten Veteranen als auch alle übrigen nur ausnutzen, sie aber nicht mit solch einer tagtäglichen Fürsorge, die den hehren Worten entsprechen würde, umgeben würden. Diese Vorwürfe sind einerseits vollkommen berechtigt. Andererseits sind dies vom Prinzip her traditionelle Erklärungen für jegliche russische Opposition, die keine Chancen hat, an die Macht zu kommen, damit sich die Menschen davon überzeugen, auf welche Art und Weise sie selbst von der Kritik zur Realpolitik übergehen wird.

In seinem Schlusswort zum „Yves-Rocher-Fall“ hatte Nawalny direkt die Definition „(glück-) selig“ aus der Kirchensprache in die gewohnte übersetzt, wobei er erklärte, dass Russland nicht nur ein freies, sondern auch glückliches sein müsse. Nach dem zweiten Auftritt wurde jedoch klar, dass man den Plan der Nawalny-Anhänger hinsichtlich ihres Führers als „Alexej der (glück-) selige“ bezeichnen kann. In dem Sinne, dass man in der Rus mit solch einem Namen oft die Narren in Christo bzw. heiligen Narren würdigte, die sich gerade durch einen wahnsinnigen Mut bei der Entlarvung und Anklage der Herrschenden ausgezeichnet hatten. Das heißt, Nawalny muss aus dem so abgelegenen Straflager solch eine Wahrheit vermitteln, die allen vorgeschlagen wird, als das Wahre anzusehen.

Die Anwälte von Nawalny hatten von den Morgenstunden an erklärt, dass man ihn bereits in den nächsten Tagen ins Straflager bringen könne, von wo er nicht früher als im August des Jahres 2023 herauskommen werde. Doch nach der Entscheidung des zweiten Gerichtsprozesses, der scheinbar doch eine Untersuchung hinsichtlich einer Beleidigung der Justiz durch den Oppositionellen initiierte, wird er wahrscheinlich in der Moskauer U-Haftanstalt bleiben. Dabei ist in allen Normen des Strafgesetzbuches, die man hinsichtlich Nawalnys gerade aufgrund solch einer Straftat anwenden kann – dies sind entweder die Artikel 297, 298.1 oder der Artikel 319 -, überhaupt kein Freiheitsentzug vorgesehen. Ergo wird die Verlängerung der Haft für „Alexej den Seligen“ wahrscheinlich auf der Grundlage anderer Strafverfahren beschlossen werden.