Die Nawalny-Vertreter werden am 14. und 15. September die Namen der Kandidaten für das „Smart Voting“ („Kluges Abstimmen“) publizieren. Diese Informationen für die Wähler versuchen die Offiziellen zu blockieren. Fortgesetzt wird auch das Ermitteln von Personen für das „Smart Voting“. Kandidaten der KPRF und der Partei „Jabloko“ haben E-Mails mit der Einladung zu einer Videokonferenz bezüglich der Organisierung dieses Nawalny-Projekts erhalten. Laut Angaben der „NG“ haben die meisten sofort eine „Extremismus-Falle“ gewittert. Und was werden die Herrschenden nach Bekanntwerden der Listen für das „Smart Voting“ tun? Sie ignorieren oder hart reagieren? Experten hegen den Verdacht, dass die Schaffung der Situation eines Zugzwangs zu den Plänen der außerparlamentarischen Opposition gehört.
Der Anführer der Nawalny-Anhänger Leonid Wolkow hat bestätigt, dass die Listen für das „Smart Voting“ am 14. oder 15. September erscheinen würden. Er gestand ein, dass die Handlungen zur Blockierung der „Smart Voting“-Ressourcen das Versenden der Informationen an die Wähler erschweren würden. Er rief aber alle auf, sich darüber Gedanken zu machen, ob die Offiziellen so viele Kräfte für die für sie ungefährliche Sache aufzuwenden beginnen würden.
Derweil haben die vermutlichen Favoriten für das „Smart Voting“, die für einen Sitz in der Staatsduma (das Unterhaus des russischen Parlaments – Anmerkung der Redaktion) kandidieren, dieser Tage Briefe per E-Mail bekommen. Dies teilten der „NG“ eine Reihe von Kandidaten der KPRF und von „Jabloko“ mit. In den Schreiben wurde mitgeteilt, dass der Empfänger der E-Mail ein möglicher Kandidat sei, das heißt „in die Preprint-Version des „Smart Votings“ aufgenommen wurde“. Und daher wird ihm vorgeschlagen, an einer Videokonferenz auf der Zoom-Plattform teilzunehmen. Themen für die Diskussion sind die Mechanik des Widerstands gegen die elektronischen Wahlen, die Entwicklung einer Landkarte zur Ermittlung elektoraler Anomalien und die „Schaffung eines Monoliths von Vereinbarungen für die Wahl- und die Nachwahlperiode“. Es gibt da auch noch eine Frage hinsichtlich gewisser Sanktionen in Bezug auf die Kremlpartei „Einiges Russland“. Laut Angaben der „NG“ haben sowohl die Kommunisten als auch die „Jabloko“-Vertreter beschlossen, diese Briefe zu ignorieren.
Wie einer der KPRF-Kandidaten der „NG“ sagte, „hat man sofort verstanden, dass dies eine Falle der Herrschenden ist. Bei uns hat sogar das Moskauer Stadtkomitee die Kandidaten davor gewarnt, in keiner Weise auf das Schreiben zu reagieren“. Er erläuterte, dass die Autoren der Schreiben augenscheinlich erwarten würden, dass die Kandidaten sofort ihre Teilnehme bestätigen und dem Link folgen würden. Und dann würde sich ein Anlass ergeben, sie von den Wahlen auszuschließen, indem man sie beispielsweise mit extremistischen Organisationen in Verbindung bringt. Der „Jabloko“-Kandidat für einen Staatsduma-Sitz im hauptstädtischen Wahlbezirk Nr. 197, der 29jährige Kirill Gontscharow, bestätigte der „NG“, dass die Partei auch solch ein Schreiben erhalten hätte. „Wir haben nicht einmal angefangen, Zeit für das Aufklären dessen aufzuwenden, wer hinter dem steht. Es ist klar, dass dies ein Fake von Pseudoorganisatoren des „Smart Votings“ ist. Dies ist keine Neuigkeit. Beispielsweise hat man in meinem Namen Handzettel mit der Erwähnung des „Smart Votings“ verbreitet. Sicherlich wird es jetzt viele solcher Fallen geben“.
Derweil besteht die Hauptfrage darin, wie die Herrschenden auf die Publikation der Listen für das „Smart Voting“ reagieren werden. Es gibt zwei Basisvarianten: Sie ignorieren sie, um direkt die Stimmen für die nötigen Kandidaten gegen die Kontrahenten vom „Smart Voting“ hinzumalen, oder sie üben Druck auf die oppositionellen Kandidaten aus, damit sie selbst aus dem Wahlkampf aussteigen. Andernfalls wird man sie wegen einer Beteiligung an Extremismus zur Verantwortung ziehen.
Der Leiter der Politischen Expertengruppe Konstantin Kalatschjow erläuterte der „NG“: „Man darf das „Smart Voting“ nicht nur hinsichtlich einer Beeinflussung konkreter Wahlen und der Zusammensetzung des Parlaments sehen. Dies ist eine Methode, um eine Niederlage des Kandidaten der regierenden Partei zu sichern. Die eigentlichen Kandidaten von der Opposition können sich immer vom „Smart Voting“ lossagen, indem sie erklären, dass sie nicht gebeten hätten, sie zu unterstützen. Diejenigen, auf die man Druck ausüben konnte, haben bereits selbst einen Rückzieher gemacht. Daher bleibt nur, die Ressourcen zu ignorieren und zu blockieren und außerdem die örtlichen und regionalen Behörden in Kenntnis zu setzen, damit sie zusätzliche Anstrengungen für ein Durchbringen der Kandidaten aus dem loyalen Pool und ein Scheitern der Kandidaten vom „Smart Voting“ unternehmen“. Nach Meinung des Experten sei für die Nawalny-Vertreter selbst jetzt wichtiger, nicht so sehr die Blockierungen zu umgehen als vielmehr sich nicht beim Setzten auf die einen oder anderen Kandidaten zu irren. Wichtig seien Siege oder zumindest zweite Plätze. Die Pseudo-Rundschreiben angeblich vom „Smart Voting“ aber seien noch ein Loyalitätstest für die Kandidaten. „Es ist schwer vorzustellen, dass man eine Woche vor den Wahlen beginnt, aktiv Kandidaten wegen Extremismus von den Wahlen ausschließt. Doch was gibt es nicht alles in unserem Land. Natürlich haben die Offiziellen Angst vor einer Skandalisierung der Wahlen. Für die Nawalny-Vertreter wäre dies aber nur von Vorteil, um ihre Bedeutsamkeit zu zeigen. Folglich werden die Offiziellen wahrscheinlich einfach den gesamten Komplex von Maßnahmen für einen Sieg der systemtreuen Kandidaten zum Einsatz bringen und zu keiner Skandalisierung übergehen“.
Alexej Makarkin, 1. Vizepräsident des Zentrums für politische Technologien, erinnerte die „NG“ daran, dass „die Publikation der Liste für das „Smart Voting“ wenige Tage vor den Wahlen ein durchkalkulierter Schachzug der Nawalny-Vertreter ist. Gesetzt wird darauf, dass sich die Offiziellen vor der Abstimmung nicht dazu entschließen werden, aussichtsreiche Kandidaten massenhaft auszuschließen. Dazu sind gewichtige Gründe notwendig“. Der Experte ist der Auffassung, dass die Befürchtungen der Oppositionellen bezüglich einer Falle begründet seien. „Man kann sicherlich nicht sagen, dass dies kein Versenden der Nawalny-Vertreter ist. Aber derartige Maßnahmen und derartiges Gerede widerspricht dem Wesen und dem Prinzip des „Smart Votings“ an sich. Es war mehrfach gesagt worden, dass mit Parteien und Kandidaten keine Verhandlungen geführt werden würden. Den aussichtsreichsten Oppositionellen würde man auf der Grundlage von Analysen auswählen. Wenn sich aber eine Person anmeldet oder entsprechend dem Link zur Videokonferenz kommt, ergibt sich ein Grund für einen Ausschluss von den Wahlen. Und vor Gericht beweise dann, dass dies nicht Nawalny-Vertreter gewesen waren“. Nach Meinung von Makarkin sei die Variante des Ausübens von Druck auf die Kandidaten nicht ausgeschlossen. Dafür werde aber Zeit gebraucht, hinsichtlich der ein Mangel für die Offiziellen bestehe. „Wenn es wenige Tage vor der Abstimmung zu einem massenhaften eigenen Verzicht von Kandidaten auf eine Wahlbeteiligung aufgrund gewichtiger Ursachen kommt, wird dies bei den Wählern Fragen auslösen. Selbst wenn sie theoretisch Bescheide über einen schweren Gesundheitszustand haben. Wenn dazu gleich mehrere Menschen greifen, so sieht dies verdächtig aus und führt zu einer Delegitimierung der Wahlen. Das gleiche gilt für einen massenhaften Ausschluss aufgrund von Gerichtsbeschlüssen. Dies führt ebenfalls zu einer Delegitimierung und Skandalisierung. Augenscheinlich setzen die Nawalny-Vertreter doch auf einen Sieg zumindest einiger Kandidaten des „Smart Votings“, denn selbst ein zweiter Platz mit einem geringen Rückstand zu einem Vertreter von „Einiges Russland“ wird ein guter sein. Wenn aber die Wahlen delegitimiert werden, so ist dies für sie auch von Vorteil, denn man kann immer erklären, dass die Herrschenden Angst vor dem „Smart Voting“ haben. Da ergibt sich, dass die Oppositionellen die Offiziellen in einen gewissen Zugzwang bringen“, unterstrich der Experte.