Die Verhandlungen der Außenminister der Russischen Föderation und der Ukraine, Sergej Lawrow und Dmitrij Kuleba, die am Donnerstag im türkischen Antalya stattfanden, haben deutlich gezeigt, dass Moskau nicht plant, die am 24. Februar begonnene militärische Sonderoperation gegen die Ukraine zu beenden. Dabei haben die russischen Truppen den offiziellen Mitteilungen aus dem Verteidigungsministerium der Russischen Föderation nach zu urteilen bisher keine strategischen Erfolge erzielt. Und ihr Vorrücken in den unterschiedlichen Richtungen ist entweder festgefahren oder erfolgt mit einem äußerst geringen Tempo. Und die ukrainischen Truppen leisten nach wie vor erbitterten Widerstand. Selbst die aktuellen Zahlen des Sprechers des russischen Verteidigungsministeriums Igor Konaschenkow lassen dies erahnen: Am Freitagvormittag meldete er, dass 3213 Objekte der ukrainischen militärischen Infrastruktur außer Betrieb gesetzt worden seien. 98 Flugzeuge, 118 Drohnen und 1041 Panzer und andere gepanzerte Fahrzeuge seien vernichtet worden (im Vergleich dazu die Zahlen vom Donnerstagvormittag: 2911 Objekte der militärischen Infrastruktur, 97 Flugzeuge, 107 Drohnen sowie 986 Panzer und andere gepanzerte Fahrzeuge).
Am 10. März enthielten die Angaben von Konaschenkow auch noch die folgenden Informationen: 141 Luftabwehrkomplexe, 86 Funkortungsposten, 107 Raketenwerfer-Komplexe, 368 Waffen der Feldartillerie und Minenwerfer sowie 749 militärische Spezialfahrzeuge seien seit Beginn der von Präsident Wladimir Putin angeordneten Operation auf ukrainischer Seite vernichtet worden.
Laut Medienberichten habe es zu Beginn der Sonderoperation in der Bewaffnung der ukrainischen Streitkräfte bis zu 250 relativ intakte Kampfflugzeuge und Hubschrauber gegeben. Somit ergibt sich, wenn man berücksichtigt, dass laut Angaben des russischen Verteidigungsministeriums früher auch 57 Hubschrauber vernichtet worden seien, dass etwas mehr als die Hälfte der Luftstreitkräfte der ukrainischen Streitkräfte nicht einsatzfähig ist. Mitgeteilt wurde, dass ein Teil der ukrainischen Flugzeuge nach Rumänien verlegt wurde und nicht an den Gefechten teilnimmt. Wie man aber anhand von Fotos, Mitteilungen in den Social Media und Veröffentlichungen der Massenmedien erkennen kann, handeln nach wie vor ukrainische Kampfdrohnen, die den russischen Truppen einen gewissen Schaden zufügen.
Ein besonders erbitterter Widerstand wird durch die ukrainischen nationalen Bataillone in großen Städten – in Vororten von Kiew, in Charkow, Nikolajew und Mariupol – geleistet. Bereits seit einigen Tagen macht den offiziellen Informationen des russischen Verteidigungsministeriums nach zu urteilen das Tempo der Offensive der russischen Truppen im Donbass nur ganze vier bis sechs Kilometer am Tag aus. Dabei richten sich die Hauptanstrengungen der russischen Truppen und der Bürgerwehr dort auf eine Eroberung von Mariupol, wo laut Angaben aus der Donezker Volksrepublik noch etwa 400.000 Menschen seien. Das Verteidigungsministerium der Russischen Föderation informierte, dass Einheiten der Volksmiliz der DVR „im Osten der Stadt die Stadtviertel Asowskij, Naidjonowka, Ljapino und Winogradar unter Kontrolle genommen haben und den Betrieb „Asowstahl“ erreichten. Im Westteil der Stadt ist das Viertel „Sapadnyj“ eingenommen worden“. Aber den Großteil der Stadt würden nach wie vor Einheiten der nationalen Bataillone kontrollieren. Und um sie vollkommen zu säubern, seien laut Expertenschätzungen mindestens mehrere Wochen erforderlich.
Wie die „NG“ bereits betonte, beeinflussen das Tempo der Offensive und insgesamt den Charakter der Kampfhandlungen die Ausrufung eines sogenannten Regimes der Stille und die Schaffung von humanitären Korridoren durch die russischen Truppen. Die Wirkung solcher Maßnahmen ist bisher gering. Ein Grund ist die Tatsache, dass viele Menschen die Städte nicht verlassen können oder wollen, obgleich sie dort unter einem Wasser- und Lebensmittelmangel leiden.
Gemeldet wird, dass „in der Kiewer Richtung die Kämpfe in Butscha, Irpen und an der Linie Borodjanka-Worsel andauern“. Dies ist nordwestlich der ukrainischen Hauptstadt. Gleichzeitig damit würden sich in einem Blockadering ukrainische Einheiten und Formationen der Territorialverteidigung in Tschernigow, Priluki und Menj befinden. Fortgesetzt werden die Versuche der russischen Truppen, Charkow einzukreisen. An der Schwarzmeerküste haben russische Militärs im Verwaltungsgebiet Cherson Skladowsk eingenommen. Somit befindet sich die gesamte ukrainische Schwarzmeerküste vom sogenannten Türkischen Wall (bekannt auch als Perekop-Wall) bis zur Dnepr-Mündung vollkommen unter Russlands Kontrolle. Russische Truppen rücken auch langsam nach Nikolajew vor, das bereits von drei Seiten her blockiert worden ist.
Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung der russischen Kampfhandlungen tagte am Freitag der Sicherheitsrat Russlands unter Vorsitz von Präsident Putin. Im Verlauf des für die Medien öffentlichen Teils erfolgte massive Kritik gegen die westlichen Länder, die Söldner rekrutieren und in die Ukraine entsenden würden. „Wir sehen: Sie, die westlichen Sponsoren der Ukraine, des ukrainischen Regimes, sie machen daraus keinen Hehl. Sie tun dies offen, unter Missachtung jeglicher Normen des Völkerrechts“, sagte das russische Staatsoberhaupt. Und bezüglich des Vorschlags von Verteidigungsminister Sergej Schoigu meinte er, dass er die Möglichkeit einer Übergabe der erbeuteten Waffen der ukrainischen Streitkräfte (aus westlicher Produktion, unter anderem Stinger-Raketenkomplexe und „Javelin“-Panzerabwehrsysteme) an die Milizen der Donbass-Republiken zwecks Gewährleistung deren größeren Kampffähigkeit nur unterstützen würde.