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Militärkommissariate erklärten die bescheidenen Auszahlungen an die ersten einberufenen Reservisten


Russlands Bürger verfolgen aufmerksam die versprochenen Auszahlungen an die eingezogenen Reservisten. Bisher berichten die von der Mobilmachung erfassten Militärs von recht bescheidenen Überweisungen. Die Militärkommissare müssen sich erklären und erläutern, dass diese geringen Auszahlungen entsprechend den Regeln erfolgt seien. Mehrere Gouverneure, die vollmundig den einberufenen Reservisten regionale zusätzliche Zahlungen versprochen hatten, verspüren Schwierigkeiten bei der Realisierung der scheinbar übereilt abgegebenen Versprechen. Derweil lädt das föderale Ministerium für Arbeit und sozialen Schutz erneut Verwandte einberufener Reservisten ein, denen bereits einmal die Auszahlung von Kindergeldern verwehrt wurde.

Ende vergangener Woche unterzeichnete Russlands Präsident Wladimir Putin einen Erlass über die einmalige Auszahlung von 195.000 Rubel (umgerechnet fast 3204 Euro) an einberufene Reservisten und Militärs, die auf der Grundlage von Verträgen in den Streitkräften der Russischen Föderation dienen.

Die einmalige Auszahlung können jene Bürger erhalten, die im Rahmen der Teilmobilmachung einberufen wurden und freiwillig einen Vertrag über das Ableisten eines Militärdienstes in den Streitkräften der Russischen Föderation mit einer Laufzeit von mindestens einem Jahr abgeschlossen haben. Eine analoge Auszahlung ist auch für die Militärs vorgesehen, die zum regulären Wehrdienst einberufen wurden und freiwillig einen Vertrag für die Dauer von mehr als einem Jahr abgeschlossen haben. Die Auszahlung wird festgelegt, wenn der Vertrag nach dem 21. September 2022 (Tag der Bekanntgabe der Teilmobilmachung, in deren Rahmen 300.000 Reservisten einberufen werden sollten – Anmerkung der Redaktion) abgeschlossen wurde. (Die Höhe dieser einmaligen Auszahlung deckt sich mit den versprochenen minimalen monatlichen Auszahlungen in einer Höhe von 195.000 Rubeln, von denen nachfolgend noch die Rede sein wird.)

Im Arbeitsministerium hatte man damals auch präzisiert, dass bei der Berechnung der Bedürftigkeit einer Familie nicht die finanziellen Einkommen der im Rahmen der Mobilmachung einberufenen Familienmitglieder berücksichtigt werden würden. Unter anderem werden seit dem 1. November die Einkünfte der erfassten Reservisten nicht beim Erhalt solcher sozialen Beihilfen wie Beihilfen für Schwangere, die frühzeitig erfasst worden sind, durch ihre Familien berücksichtigt. Gleiches gilt für monatliche Kindergelder für Kinder im Alter von drei bis einschließlich sieben und von acht bis 17 Jahren, für Zahlungen bei der Geburt (Adoption) des ersten oder zweiten Kindes und soziale Verträge. Um die Tatsache der Einberufung im Rahmen der Mobilmachung zu bestätigen, muss der Antragsteller selbst die Dokumente (Angaben) bei der Behörde einreichen, die die Auszahlungen festlegt.

Bereits am 19. Oktober war in der Liste der Aufträge des Präsidenten, die die Unterstützung der von der Mobilmachung erfassten Bürger Russlands, aber auch deren Familien betreffen, die Rede von einer minimalen Summe der Auszahlungen in einer Höhe von 195.000 Rubel im Monat. „Festzulegen sind für die Bürger der Russischen Föderation, die im Rahmen der Mobilmachung zum Militärdienst einberufen wurden, die Umfänge der finanziellen Vergütung und einzelnen Auszahlungen ausgehend von einer minimal garantierten Höhe von mindestens 195.000 Rubel für einen Kalendermonat“, hieß es in dem Dokument.

Dies ist deutlich mehr als die gewöhnlichen Dienstbezüge für Vertragsmilitärs. Laut Berechnungen des Verteidigungsministeriums würden sie im Durchschnitt 20.000 bis 70.000 Rubel im Monat in Abhängigkeit vom Dienstgrad und der Dienstzeit erhalten.

Die Teilmobilmachung hatte in Russland am 21. September entsprechend einem Erlass des Landespräsidenten begonnen. Am 28. Oktober informierte Verteidigungsminister Sergej Schoigu über den Abschluss der Teilmobilmachung in der Russischen Föderation. Und am Montag informierte der Kremlchef, dass sich rund 80.000 der einberufenen Reservisten in der Zone der Durchführung der militärischen Sonderoperation befinden würden. Von ihnen würden etwa 50.000 an Kampfhandlungen teilnehmen. Alle übrigen, also etwa 220.000, befinden sich noch auf Truppenübungsplätzen zwecks Vorbereitung auf ihren späteren Einsatz. (Zu den seit dem 21. September erfassten ca. 18.000 Freiwillige gibt es bisher keine konkreten Angaben. – Anmerkung der Redaktion)

Derweil kommen aus den Regionen widersprüchliche Angaben über die tatsächlichen Auszahlungen an die im Rahmen der Mobilmachung erfassten Reservisten. So lenkte die Lokalpresse das Augenmerk auf Auszahlungslisten für eingezogene Reservisten aus Tscheljabinsk für den Monat September. Ausgewiesen wird, dass für drei Arbeitstage einem der Soldaten ein Gehalt entsprechend der Dienststellung von 1236 Rubel (umgerechnet etwas mehr als 20 Euro) berechnet wurde, und für den Dienstgrad – 579 Rubel (umgerechnet ca. 9,50 Euro).

„Der Arbeitsverdienst für einen Militär, der auf der Grundlage eines Vertrages dient, wird im Zeitraum vom 10. bis einschließlich 20. eines Jeden Monats für den vorangegangenen berechnet und ausgezahlt. Das heißt, wird werden jetzt den 10. November haben. Und danach werden für den Oktober die einberufenen Reservisten den Dienstbezug erhalten. Er wird in Abhängigkeit von der Dienststellung und dem Dienstgrad, den Dienstjahren und dem Bestehen von Zuschlägen berechnet“, erläuterte Andrej Maksurow, Militärkommissar des Verwaltungsgebietes Tscheljabinsk, die Modalitäten für den Erhalt solcher Auszahlungen unter Berücksichtigung der Praxis des Verteidigungsministeriums für die Auszahlungen (Zitat entsprechend der Nachrichten-Internetseite „Tscheljabinsk Online“). Er bekundete gleichfalls die Vermutung, dass die Auszahlung der versprochenen 195.000 Rubel in erster Linie den Oktober – den ersten vollständigen Monat seit Beginn der Teilmobilmachung – betreffe. Was den September angehe, so nahm Andrej Maksurow an, dass die neuen Auszahlungen sich nicht auf diesen Zeitraum rückwirkend erstrecken würden.

Der Abgeordnete der Staatsduma (das Unterhaus des russischen Parlaments – Anmerkung der Redaktion) Maxim Iwanow (Kremlpartei „Einiges Russland“) erläuterte, warum dennoch einige Militärs geringe Summen erreichten. „Diese Menschen wurden Ende September einberufen. Dies sind Auszahlungen für (eben) jene zwei, drei Tage. Dies war, bevor die 195.000 Rubel durch den Präsidenten und den Finanzminister genannt wurde“, erklärte er.

Der Parlamentarier teilte gleichfalls mit, dass die Auszahlungen an die Militärs, die bei der Sonderoperation eingesetzt werden, monatlich vom 10. bis einschließlich 20. Erfolgen müssen. „Die Menschen nimmt man in das System „Aluschta“ auf. Dies ist eine Erfassung der Militärangehörigen. Wenn man einen angenommenen Iwanow in dieses System eingegeben hat, er also im Rahmen der Mobilmachung einberufen wurde, so hat er da auch eine persönliche Kennnummer und wird dann Geld bekommen. Nach dem Eingeben von entsprechenden Daten können die Militärs Geld abheben, überweisen und auf Konten einzahlen“, berichtete der Volksvertreter.

Einige Probleme mit der Überweisung der Mittel brachte der Abgeordnete auch mit dem Funktionieren des Systems in einen Zusammenhang. „Das Finanzministerium hat im Haushalt bereits Mittel für die Auszahlungen von Dienstbezügen an die einberufenen Reservisten reserviert. Die Staatsduma hat auch die entsprechenden Beschlüsse gefasst. Man begann zu klären, wo die Gelder hängengeblieben sind. Ja, und da stellte sich heraus: Alle Zahlungen erfolgen über das zentralisierte System des Verteidigungsministeriums zur Versorgung mit Ressourcen „Aluschta“. Dazu kommt, dass nicht alle Truppenteile nicht immer operativ die Informationen an das System übermitteln können, weil banal der Zugang zum Breitband-Netz fehlt“, berichtete ein Beamter.

Die Presse des westsibirischen Gebietes Tjumen schreibt gleichfalls über den Erhalt erster Auszahlungen durch einberufene Reservisten. Wie das Nachrichtenportal www.72.ru meldete, machten die Geldüberweisungen an einheimische einberufene Reservisten im Durchschnitt 700 bis 1000 Rubel aus.

Aus einer Reihe von Subjekten der Russischen Föderation wird gemeldet, dass die einmaligen regionalen Auszahlungen an die einberufenen Reservisten gleichfalls nicht vollkommen erfolgt seien. So hätten, wie Ende vergangener Woche im Telegram-Kanal der Gebietsregierung unter Verweis auf Gouverneur Alexander Osipow berichtet wurde, die einberufenen Reservisten in Transbaikalien begonnen, den ersten Teil der regionalen Auszahlungen im Umfang von 150.000 Rubel zu erhalten. „Der Haushalt ist so gestaltet worden, dass man alles geplant hat. All dies wird für die Löhne und Gehälter sowie für die sozialen Beihilfen ausgegeben. Jetzt musste man am Jahresende kurzfristig Geld für Sie auffinden. Wir haben diese Gelder gefunden, offengesagt – zusammengekratzt. Daher werden alle Auszahlungen jetzt beginnen. Gegenwärtig werden alle Daten bei Ihnen präzisiert… Und diese 195.000 Rubel des Präsidenten. Die wird es auch ausgehend davon geben, wie viele Tage Sie bereits im Truppenteil gedient haben“, zitiert die Presse den Gouverneur.

Die stellvertretende Regierungschefin des Verwaltungsgebietes Transbaikalien, Inna Stscheglowa, teilte ihrerseits mit, dass die 195.000 Rubel der Sold eines Militärs sei, den das Verteidigungsministerium berechne. Die einmalige Auszahlung aber werde auf dem Territorium eines jeden Subjekts festgelegt. Und im Fernöstlichen föderalen Verwaltungsbezirk hat man entschieden, eine Summe von 150.000 Rubel bereitzustellen. Aufgrund des defizitären Charakters des Haushalts von Transbaikalien Ende des Jahres 2022 wird die Auszahlung jedoch in drei gleichen Summen vorgenommen werden, erläuterten die zuständigen Beamten.

In anderen Regionen verspricht man, dass man in der allernächsten Zeit beginnen werde, die regionalen Auszahlungen zu überweisen. So wird auf der Internetseite des Gouverneurs Gleb Nikitin im Netzwerk „VKontakte“ (das russische Pendant zu Facebook – Anmerkung der Redaktion) durch die einheimischen Offiziellen versprochen, dass die einberufenen Reservisten aus dem Verwaltungsgebiet Nishnij Nowgorod in der nächsten Woche Auszahlungen in einer Höhe von 50.000 Rubel erhalten würden. „Zum gegenwärtigen Zeitpunkt arbeiten wir mit Banken, dass die Gelder in der nächsten Woche auf die Konten der einberufenen Reservisten gelangen“, versicherte Natalia Isajewa, Chefin des Ministeriums für Sozialpolitik des Verwaltungsgebietes Nishnij Nowgorod.

Die Offiziellen von Kurgan verheißen, dass für den Erhalt der einmaligen regionalen Zahlungen die einberufenen Reservisten des Gebietes Kurgan keine Dokumente einreichen müssten. Sie würden automatisch berechnet werden. „Geplant ist, dass die ersten Auszahlungen ab der kommenden Woche nach Präzisierung der Listen im Militärkommissariat beginnen werden“, wird im Telegram-Kanal der Gebietsregierung mitgeteilt. Übrigens, es wurde ausgewiesen, dass die Entscheidung, eine einmalige finanzielle Unterstützung für die einberufenen Einwohner des Kurganer Gebietes die Offiziellen am 3. November getroffen worden sei. Ihr Höhe wird 50.000 Rubel ausmachen.

Unklarheiten mit den Auszahlungen lösen bereits lokale Konflikte aus. Das Oberhaupt der russischen Teilrepublik Tschuwaschien, Oleg Nikolajew, kommentierte unter anderem Meldungen über Proteste eingezogener Reservisten im Verwaltungsgebiet Uljanowsk. Nach Meinung des Oberhauptes der Region würden nicht alle Informationen über die zustehenden Maßnahmen zur Unterstützung die einberufenen Bürger erreichen. Dennoch unterstrich er, dass man sich in der Republik bemühe, Kontakte mit den Militärs zu organisieren. Vertreter der Verwaltung und gesellschaftlicher Organisationen Tschuwaschiens würden sich ständig mit ihnen im Kontakt befinden. „Dass die Menschen heutzutage auf bestimmte Art und Weise angespannt sind, ist offensichtlich. Und eben diese Anspannung kann in jeglichen Unmut oder in jegliche Aktivität ausarten, wenn sie nicht ausreichend Informationen und das Verständnis darüber haben, wie sich die Situation entwickeln wird. Ich denke, gerade in dieser Ebene spielt sich alles ab“, erklärte Nikolajew.