Eine neue Initiative zur Unterstützung der seit dem 24. Februar erfolgenden militärischen Sonderoperation haben die Abgeordneten der Staatsduma (des Unterhauses des russischen Parlaments – Anmerkung der Redaktion), die für Sicherheits- und Verteidigungsfragen verantwortlich sind, vorbereitet – Änderungen zum Gesetz „Über die Wehrpflicht und den Militärdienst“, die solche Kampfhandlungen außerhalb der Russischen Föderation legitimieren. Für eine aktivere Teilnahme der Reservisten und jener, die nach dem Grundwehrdienst nach Hause entlassen wurden, an ihnen will man denen erlauben, Jahresverträge ohne Einschränkungen abzuschließen. Der Strom von Dokumenten in Bezug auf Freiwillige ist allem nach zu urteilen ein Signal dafür, dass die Offiziellen auf eine neue Mobilisierungswelle verzichten können.
Den Gesetzentwurf unterschrieben die Chefs der Staatsduma-Ausschüsse für Verteidigung und Sicherheit, Andrej Kartapolow und Wassilij Piskarjow, sowie eine Reihe anderer Duma-Generäle und -Offiziere aus der Kremlpartei „Einiges Russland“. Auf den ersten Blick haben sie beschlossen, ein juristisches Missverständnis zu korrigieren.
Wie es im Erläuterungsschreiben zu den Änderungen am Gesetz „Über die Wehrpflicht und den Militärdienst“ heißt, „ist es nicht korrekt, die heute durchgeführte militärische Sonderoperation auf den Territorien der Donezker Volksrepublik, der Lugansker Volksrepublik und der Ukraine zur Umsetzung der oben ausgewiesenen Maßnahmen zu rechnen“. Der Haken besteht darin, dass sich aus der geltenden Norm eindeutig ergibt: Einen Vertrag mit dem Verteidigungsministerium und anderen Institutionen der Rechtsschutz-, Sicherheits- und bewaffneten Organe mit einer Laufzeit von bis zu einem Jahr kann ein Bürger nur im Fall einer Reihe außerordentlicher Situationen abschließen. Zu denen, die einen Einsatz von Truppen außerhalb der Russischen Föderation vorsehen, gehören auch nur „die Unterbindung einer internationalen terroristischen Tätigkeit“ oder eine Auslandsfahrt von Militärschiffen.
Es ist verständlich, warum die Duma-Militärs vorschlagen, „die Liste der „Maßnahmen“, an denen Militärangehörigen teilnehmen können, durch die Durchführung konterterroristischer und anderer Operationen durch die Streitkräfte der Russischen Föderation, andere Truppen, militärische Formationen und Organe zu ergänzen“. Vom Prinzip her ist aber solch einer Sorgfalt der Abgeordneten für das Detail natürlich eine unnötige. Die Möglichkeit für die Landesführung, derartige Sonderoperationen zu erklären, wird auch in anderen Gesetzen erwähnt. Und das Wichtigste ist dabei die Verfassung, die den Präsidenten mit dem Status nicht nur ihres Garanten, sondern auch des Obersten Befehlshabers ausstattet.
Somit ist offensichtlich, dass irgendwelche geringere Details in der neuen Initiative zur militärischen Sonderoperation die wichtigeren sein müssten. Und die gibt es da: Für die Vertragsmilitärs der Sonderoperation, die Soldaten-Funktionen bekleiden, wird beispielsweise die dreimonatige Probezeit aufgehoben. Diese Vertragsmilitärs werden als im Militärdienst auch während der Trainings und während der Erfassung im Bestand der mobilisierten Menschenreserve angesehen. Und für die freiwillig zur Sonderoperation losziehenden Bürger hebt man schließlich die langen Verträge auf. Wobei sowohl die Reservisten als auch diejenigen, die ihren Grundwehrdienst beenden, mit dem Verteidigungsministerium und anderen Strukturen kurze Abkommen – mit einer Gültigkeitsdauer von bis zu einem Jahr – unterschreiben können.
Es sei daran erinnert, dass Präsident Putin in den letzten Tagen bereits mehrere Gesetze unterschrieben hat, die die Bedeutung und den Status der allseits bekannten Freiwilligen spürbar angehoben haben. Beispielsweise werden gerade ihnen Vergünstigungen zugebilligt, die mit dem Status von Veteranen von Kampfhandlungen zusammenhängen. Zuvor waren bereits eine Reihe Gesetzesänderungen über die berüchtigten „staatlichen Militärunternehmen“ in Kraft getreten, das heißt über die Vertragsmilitärs, die nicht für die Armee und andere Strukturen angeheuert werden, sondern für gewisse Freiwilligen-Verbände. Dabei werden die in der Perspektive mobilisierten Reservisten scheinbar nicht direkt zu eben jenen Veteranen. Und dies korreliert irgendwie nicht mit jener Situation, dass für die militärische Sonderoperation in der Ukraine laut offiziellen Angaben im ganzen Land bereits über 300.000 Menschen erfasst worden seien.
Allem nach zu urteilen, hängt solch eine große Aufmerksamkeit der Herrschenden für die freiwilligen Vertragsmilitärs damit zusammen, dass die Zwangserfassung von Reservisten mehr negative denn positive Konsequenzen aufweist. Es ist natürlich gut, eine große Reserve an Menschenmaterial bei der Hand zu haben. Ihre unweigerlichen Verluste rein unter Verteidigungshandlungen verursachen jedoch unangenehme soziale oder gar politische Folgen. Über die Freiwilligen in Uniform wird sich im Falle eines Falles keiner besonders die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Dies wird eine private Sache ihrer Verwandten und Nächsten und keine gesellschaftliche Erscheinung sein. Somit kann man den Versuch anstellen, eine nächste Prognose anzustellen: Wahrscheinlich wird es im kommenden Jahr wohl doch keine große zweite Welle einer Teilmobilmachung geben. Es ist wahrscheinlicher, dass man für die Sonderoperation häufiger wertvolle Kader an Spezialisten und eben jene Freiwilligen, für die Rummel gemacht wird, gewinnen wird. Ergo wird die neue Mobilmachung, wenn es zu ihr kommen sollte, eine unterschwellige und stark beschnittene werden.