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Russland bewahrt sich vorerst Hyperschall-Raketen auf


In Moskau ist man der Auffassung, dass die Raketenschläge der Streitkräfte der Russischen Föderation, die gegen das „System zur militärischen Führung der Ukraine geführt und (auch) mit dessen Objekten der Energiewirtschaft zusammenhängen“, effizient seien. In Kiew bestreitet man dies und betont, dass für eine größere Zuverlässigkeit der Luftverteidigung von den USA und den NATO-Ländern neue Lieferungen von Luftabwehrraketen und -Systemen – darunter „Patriot“-Raketen – nötig seien. Sowohl in der NATO als auch in der Ukraine bereitet man sich auf eine Fortsetzung der Kampfhandlungen vor.

Sowohl die Ukraine als auch ihre Verbündeten aus der NATO warten schon nicht erst eine Woche darauf, dass der Russischen Föderation jeden Augenblick die Flügelraketen großer Reichweite ausgehen. Bereits Anfang November hatte der Vertreter der Hauptverwaltung für Aufklärung des ukrainischen Verteidigungsministeriums, Wadim Skibizkij, dem Magazin „The Economist“ mitgeteilt, dass den Streitkräften der Russischen Föderation „ganze 20 Prozent an modernen Raketen geblieben sind“.

Experten des US-amerikanischen Institutes for the Study of War (ISW) stellten vor einer Woche die Prognose an, dass Russland praktisch keine solchen Raketen hätte. Und die Attacke vom 15. November sei eine der letzten gewesen, und „Russland muss das Tempo für die Schläge gegen Energieobjekte der Ukraine drosseln“. Die Spezialisten vom ISW betonten, dass laut Angaben der Streitkräfte der Ukraine am 15. November „die russischen Militärs rund x-101- und X-555-Flügelraketen gegen Ziele in der Ukraine abgefeuert haben. Die Systeme der Luftverteidigung der ukrainischen Streitkräfte haben von ihnen 73 Raketen und alle Drohnen abgeschossen. Am 10. Oktober schossen die ukrainische Luftabwehrkräfte 43 Flügelraketen von 84 (und dreizehn Drohnen) ab“. Im ISW ist man der Auffassung, dass dies ein Erfolg der Luftverteidigung des Landes. Ist dem aber so?

„Nach dem 15. November haben die Streitkräfte der Russischen Föderation am 17. November massierte Schläge gegen den Südlichen Maschinenbaubetrieb in Dnepr, und gegen Objekte der Gasförderung geführt. Der Präsident der Ukraine, Wladimir Selenskij, hatte sich damals im Zusammenhang mit dem Schaden durch diese Schläge stark empört“, erinnert der Militärexperte und Oberst im Ruhestand Nikolaj Schulgin. „Und es ist nicht zu bemerken, dass Russland die hochpräzisen Waffen ausgehen. Besonders zu sehen ist dies anhand der Einschläge der Raketen vom 23. November. In Kiew beklagt man sich, dass in der Stadt die städtische Infrastruktur beschädigt worden ist. Aber anhand von Aufnahmen in den sozialen Netzwerken kann man urteilen und bemerken, dass auf ihnen oft Splitter von Raketen der NASAMS-Luftabwehrraketenkomplexe demonstriert werden. Folglich sind die Schäden im Ergebnis der Handlungen der ukrainischen Militärs zugefügt worden, die die Luftabwehrraketenkomplexe gegen russische Raketen eingesetzt hatten“. Das Verteidigungsministerium der Russischen Föderation hat gleichfalls erklärt, dass „nicht ein einziger Schlag gegen Ziele innerhalb der Stadt Kiew geführt wurde“. Und alle Zerstörungen in der Stadt, von denen Vertreter der Ukraine berichteten, „wurden zu einer Folge des Herunterstürzens von Raketen ausländischer und ukrainischer Luftabwehrmittel, die in Wohnvierteln stationiert wurden“.

Die ukrainischen Streitkräfte präsentieren recht eigenartig die Statistik zu den am Mittwoch abgeschossenen russischen Raketen. Laut Angaben des Oberkommandierenden der Streitkräfte der Ukraine, Valerij Saluschnyj, seien von den 67 luft- und seegestützten Flügelraketen (X-101/X-555 bzw. „Kaliber“), die die russischen Streitkräfte am 23. November gegen die Ukraine abgefeuert hätten, 51 vernichtet worden. Das heißt: Entsprechend der Version von Kiew erreichte jede vierte Flügelraketen (16 Stück, das heißt rund 24 Prozent von allen abgefeuerten) das Ziel. Dabei habe sich in Kiew, wo die hauptsächlichen effektiven Luftverteidigungskräfte der ukrainischen Streitkräfte konzentriert sind, darunter durch amerikanisch-norwegische NASAMS-Komplexe verstärkte, dieser Wert als höher erwiesen. Nach Eingeständnis von Saluschnyj seien gegen Kiew 30 Raketen abgefeuert worden. Von ihnen seien 20 vernichtet worden. Das heißt, dass jede dritte das Ziel erreichte. Es gibt keine objektiven Informationen, die solch eine Statistik in allem bestätigen würden. Dabei beharrte das russische Verteidigungsministerium aber darauf, dass das Ziel des am 23. November erfolgten Schlages mit Flügelraketen erreicht worden sei. „Alle festgelegten Objekte sind getroffen worden. Im Ergebnis des Schlages ist die Verlegung von Reserven der ukrainischen Streitkräfte, ausländischer Waffen, Militärtechnik und Munition in Gebiete der Kampfhandlungen per Bahn gestört worden“.

Kiew hat den großen Schaden, der Energieobjekten des Landes zugefügt wurde, indirekt eingestanden. German Galustschenko beispielsweise, der Minister für Energiewirtschaft und Kohleindustrie, hat am Donnerstag mitgeteilt, dass „es infolge des erneuten massiven russischen Raketenbeschusses in vielen Regionen des Landes inkl. Kiew zu einem Blackout gekommen ist. Havariemäßig sind drei Kernkraftwerke vom Energiesystem abgeschaltet worden – die AKW Chmelnizkij, das Ukrainische und das in Rowno. Die meisten Wärme- und Wasserkraftwerke sind ohne Strom geblieben. Zu Beschädigungen am Energiesystem ist es auch in Odessa, Charkow, Dnepr, Lwow, Nikolajew und anderen Städten gekommen“.

Es ist schwer vorstellbar, dass nur ganze 16 russische Flügelraketen solch einen Schaden der Struktur der Energiewirtschaft zugefügt hätten. Laut Angaben von General Saluschnyj „haben zehn Tu-95ms-Raketenflugzeuge X-101-/X-555-Raketen aus den Gebieten von Wolgodonsk des Verwaltungsgebietes Rostow und des Kaspischen Meeres sowie „Kaliber“ (-Raketen) von zwei kleinen Raketenschnellbooten aus dem Bereich des Schwarzen Meeres abgefeuert“. „Die Entfernungen sind gehörige. Die Ergebnisse der Schläge – ebenfalls. Augenscheinlich ist die Treffer-Wahrscheinlichkeit von luft- und seegestützten operativ-strategischen Flügelraketen größer als derjenigen, was man am 23. November in Kiew angegeben hatte“, erklärte der „NG“ der Militärexperte und Generalleutnant im Ruhestand Jurij Netkatschjow. „Diese Raketen wurden vor allem zu Zeiten der UdSSR entwickelt worden. Sie wurden in den 90er und zu Beginn der 2000er Jahre modernisiert und werden jetzt massenhaft in Rüstungsbetrieben Russlands hergestellt. Die Wahrscheinlichkeit des Treffens eines Ziels durch eine Rakete vom Typ X-101, X-555 oder durch eine „Kaliber“-Rakete liegt im Bereich von 0,7 – 0,8. Das heißt, durch zwei Raketen wird ein Ziel garantiert getroffen“.

Netkatschjow lenkte dabei die Aufmerksamkeit darauf, dass Moskau bisher nicht massenhaft Hyperschallwaffen einsetze, mit denen das heutige System der Luftverteidigung der ukrainischen Streitkräfte nichts machen könne. „In der ganzen Zeit der Kamphandlungen wurde im Verlauf der Erfüllung der Aufgaben der militärischen Sonderoperation der luftgestützte Hyperschall-Komplex 9-A-7660 „Dolch“ nur dreimal eingesetzt“, sagte der Experte. „Abgefeuert wurden lediglich drei Raketen. Und alle gegen wichtige Ziele. Derweil ist im Bestand des Südlichen Militärbezirks bereits im Jahr 2021 ein ganzes Regiment von Trägermitteln für solche Waffen – von Überschallabfangjägern großer Reichweite vom Typ MiG-31K — gebildet worden. Bisher gibt es keine Angaben darüber, wie viele Flugzeuge zu ihm gehören. Mir scheint aber, dass es nicht weniger als 30 sind. Und ein „Dolch“-Gefechtssatz zu ihnen muss mindestens jeweils zehn Stück für jedes Flugzeug aufweisen. Das heißt: Potenziell kann Russland mit einer 100-prozentigen Wahrscheinlichkeit mindestens 300 strategische Ziele in der Ukraine vernichten“.

Laut offenen Angaben sind in der Ukraine auch fast keine operativ-taktischen Hyperschallraketen vom Typ X-32 und „Iskander-K“-Komplexe eingesetzt worden. „Von denen gibt es auch nicht wenige in den Streitkräften der Russischen Föderation. Laut meinen Schätzungen sind es nicht weniger als 400 bis 500 Raketen“, sagte Netkatschjow. Nach dessen Meinung würde man vorerst solche Raketen aufbewahren. Und wenn den ukrainischen Streitkräften neueste US-amerikanische „Patriot“-Luftabwehrsysteme geliefert werden sollten, würden sich da auch die Hyperschallraketen eignen. „Bisher aber zeigen sich die Raketen vom Typ X-101 und die „Kaliber“ (-Raketen) gut im Einsatz. Sie haben gleichfalls die amerikanischen Luftabwehrsysteme vom Typ „Patriot“ nicht zu fürchten“, betont der General.