In der Expertengemeinschaft prognostiziert man eine Aktivierung der Kampfhandlungen zwischen Russland und der Ukraine bereits in der nächsten Zeit. Analytiker aus dem US-amerikanischen Institute for the Study of War (ISW) sind der Auffassung, dass dies „der Rückgang der Temperaturen und das Gefrieren des Bodens auf dem gesamten Kriegsschauplatz“ fördern würden. Dabei betonen Militärexperten in Moskau, dass auch die massenhafte Entsendung ausgebildeter mobilgemachter Reserven in die Zone der Kampfhandlungen die Zunahme des generellen Tempos der militärischen Offensivhandlungen fördern werde. In Kiew aber verbindet man „mögliche Kampferfolge“ mit dem Beginn von Lieferungen neuer hochtechnologischer Waffen für das Land, die entsprechend den NATO-Standards geschaffen wurden.
Keinerlei Friedenspausen und Verhandlungen sind bisher abzusehen. In einem Interview für die deutsche „Welt am Sonntag“ vom 27. November sprach NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg erneut von einer Notwendigkeit der Verstärkung der militärischen Unterstützung für die Ukraine. Ein Sieg Putins in der Ukraine würde die Welt noch gefährlicher machen. „Es ist in unserem eigenen Interesse, dass die Ukraine sich durchsetzt“, erklärte Stoltenberg. Diese Vorgabe erfüllen die NATO-Länder bereits und unternehmen Schritte für eine Verstärkung der Positionen der Ukraine nicht nur auf dem Festland, sondern auch auf so, wobei man sich bemüht, die Schwarzmeerflotte Russlands zu schwächen. Belgiens Verteidigungsministerin Ludivine Dedonder erklärte dieser Tage, dass die Ukraine im Verlauf von drei Wochen zwei mobile Labors und etwas später zehn Unterwasserdrohnen aus der Fertigung des Unternehmens ECA Robotics Belgium erhalten werde. Sie können alle Unterwasserbedrohungen finden, darunter Minen und Spionage-Anlagen. „Dies sind neue Hochtechnologien, die den Ukrainern sehr helfen werden. Die belgische Armee hat bereits diese Apparate. Und es ist geplant, sie im Mai kommenden Jahres in die Ukraine zu bringen“, sagte sie.
Die belgischen Medien hatten im Januar dieses Jahres erst nur über den Beginn der Entwicklungsarbeiten und die Erprobung derartiger Drohnen in der Marine Belgiens und der Niederlande geschrieben. Und nun stellt sich heraus, dass es solche Waffen nicht nur bei den NATO-Ländern gibt, sondern auch in die Ukraine geliefert werden sollen. Sie können zu einer nicht schlechten Komponente der unbemannten Flotte von Schnellbooten und Seerobotern der ukrainischen Seestreitkräfte werden. Laut offiziellen Angaben gibt es unter ihnen die US-amerikanischen unbemannten Stealth-Schnellboote vom Typ MANTAS T-12. Mitgeteilt wurde, dass man sie in der Ukraine zusammen mit westlichen Spezialisten vervollkommnet hätte, damit sie Schläge gegen russische Schiffe in großen Entfernungen führen können. Wie die „NG“ bereits schrieb, hatten maritime Kamikaze-Drohnen der ukrainischen Seestreitkräfte Ende Oktober versucht, Schiffe der russischen Schwarzmeerflotte in Buchten von Sewastopol auf der Krim anzugreifen.
„Solche Schläge werden möglicherweise fortgesetzt werden, da bereits der Befehlshaber der ukrainischen Seestreitkräfte, Vizeadmiral Alexej Nejischpapa, darüber informiert hatte“, erklärte der „NG“ der Militärexperte und Generalleutnant im Ruhestand Jurij Netkatschjow. „Zur Sammlung von Volksmitteln für ein Programm zur Schaffung hochtechnologischer Seedrohnen hatte jüngst auch der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij aufgerufen“. Der Experte lenkte das Augenmerk darauf, dass neben der Führung von Kampfhandlungen auf dem Festland Kiew im Bereich des Schwarzen und des Asowschen Meeres für die Eroberung von Seehäfen und Gebieten handeln müsse. Dies würden aber die Schiffe und U-Boote der Schwarzmeerflotte verhindern.
„Ja, und Kiew plant, sie auch mit Unterstützung von NATO-Ländern zu vernichten“, nimmt der General an. „In der nächsten Zeit wird London den ukrainischen Seestreitkräften drei britische Hubschrauber zur U-Boot-Bekämpfung vom Typ Westland Sea King WS-61 liefern. Dies ist eine sehr gefährliche Waffe. Es sei angemerkt, dass es nur drei Hubschrauber sind. Und laut offenen Angaben sind für ein Arbeiten mit ihnen in Großbritannien bereits zehn (!) Besatzungen ausgebildet worden. Ich schließe nicht aus, dass sich die Hubschrauber in Odessa befinden und zur 10. Brigade der Marineluftstreitkräfte der ukrainischen Marine gehören werden“. Gerade von dort aus und aus Otschakow wurden laut Expertenschätzungen die Schläge gegen die Buchten von Sewastopol mit unbemannten Schnellbooten der ukrainischen Seestreitkräfte geführt. Von diesen Stützpunkten aus seien auch Schläge der Hubschrauber Westland Sea King WS-61 gegen russische U-Boote möglich, die „Kaliber“-Flügelraketen an Bord haben und sie regelmäßig gegen wichtige militärische Ziele auf dem Territorium der Ukraine abfeuern. „Angaben über die Standorte unserer U-Boote kann das Pentagon dem Kommando der ukrainischen Seestreitkräfte mitteilen, das für die Aufklärung regelmäßig über dem Schwarzen Meer U-Boot-Bekämpfungsflugzeuge vom Typ P-8A Poseidon einsetzt, aber auch eine Aufklärung der Region des Schwarzen und des Asowschen Meeres aus dem All vornimmt“, erklärte der Experte der „NG“.
„U-Boot-Bekämpfungshubschrauber, darunter solche wie die Westland Sea King WS-61 – dies ist ein sehr gefährliches Ding für die U-Boote“, erklärte der „NG“ Oleg Schwedkow, Vorsitzender des Zentralkomitees des Gesamtrussischen Gewerkschaftsverbands der Militärangehörigen und Kapitän 1. Ranges. Er hatte lange Zeit in der U-Boot-Flotte der russischen Seestreitkräfte gedient. „Solch Flugtechnik an sich nimmt die Suche, das Verfolgen und die Vernichtung von Seezielen vor. Man muss aber davon ausgehen, dass unter den Bedingungen des Schwarzen Meeres Russland eine vollständige Luftherrschaft besitzt… Ein Hubschrauber des Gegners ist ein gutes Ziel für die an der Küste und auf den Schiffen stationierten Luftabwehrmittel und die Jagdflieger. Er kann bereits 20 bis 30 Minuten nach dem Start abgeschossen werden. Das heißt, er wird vernichtet, ohne dass er gar eine Suchoperation zum Aufspüren von Oberwasser- und Unterwasserzielen begonnen hat. Ich halte deren Übergabe an die Ukraine für eine absolut nutzlose Aktion“. Wie der Analytiker hervorhebt, seien die Schiffsabwehrraketen, die man den ukrainischen Seestreitkräften liefere, eine gefährlichere und effektivere Waffe. Dabei räumt der Experte ein, dass im Verlauf der militärischen Sonderoperation Russlands in der Ukraine jegliches geschehen könne. „Es gibt zwar die minimale Wahrscheinlichkeit dessen, dass aufgrund irgendwelcher „erneuerter Fehler“ zumindest ein Hubschrauber unser dieselgetriebenes U-Boot angreift. Daher steht für die Schwarzmeerflotte die Aufgabe, diese Hubschrauber des Gegners zur Schiffsbekämpfung auf dem Boden, auf ihren Dislozierungsflugplätzen ausfindig zu machen und zu vernichten“, meint Schwedkow.