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Russlands Luftstreitkräfte patrouillieren nun auch mit speziellen Hyperschall-Bomben


Der Freitagnacht zu Ende gegangene Minsk-Besuch des russischen Präsidenten Wladimir Putin erfolgte vor dem Hintergrund der in Russland begonnenen Manöver der nichtstrategischen Streitkräfte, an deren zweiten Etappe auch weißrussische Militärs teilnehmen werden. Weißrusslands Verteidigungsministerium demonstrierte Videoaufnahmen, wobei es mitteilte, dass ein „Komplex von Maßnahmen zur Planung, Vorbereitung und Anwendung von Schlägen mittels taktischer Nuklearwaffen“ in einer Division des operativ-taktischen Raketenkomplexes „Iskander“ und einer Su-25-Flieger-Staffel trainiert werde. Analoge Aufgaben unter Einsatz eines größeren Komplexes von Waffen werden auch in den Streitkräften der Russischen Föderation trainiert.

Auf die Manöver der nichtstrategischen Streitkräfte des Unionsstaates hat man bereits in Kiew reagiert. In den vergangenen Tagen war auf dem Territorium der gesamten Ukraine mehrfach Luftalarm im Zusammenhang mit Flügen von Überschalljagdfliegern des Typs MiG-31K im Südlichen Militärbezirk ausgelöst worden. Gerade diese Variante des weltweit schnellsten Flugzeuges ist derzeit mit der Hyperschallrakete X-47M2 „Kinshal“ (deutsch: Dolch) ausgerüstet, die in der Lage ist, Ziele in einer Entfernung von rund 500 Kilometern zu vernichten. Wie aus Video-Meldungen des russischen Verteidigungsministeriums folgt, werden die „Kinshal“-Raketen gegenwärtig mit speziellen Gefechtsköpfen ausgerüstet, das heißt, möglicherweise mit nuklearen Gefechtsköpfen. Und MiG-31K-Crews kommen in der ersten Etappe der Manöver „mit einem praktischen Durchspielen von Fragen der Vorbereitung und des Einsatzes nichtstrategischer Kernwaffen“, darunter mit Starts „zu vorgegebenen Patrouille-Bereichen“ zum Zuge. Ukrainische Monitoring-Ressourcen meldeten sogar, dass im Verlauf dieser Flüge der MiG-31K-Jets angeblich eine Vorbereitung zu einem großangelegten Start von Hyperschall-„Kinshal“-Raketen erfolgte.

„Kinshal-Raketen mit Kernsprengköpfen werden jetzt wohl kaum in die Ukraine fliegen“, meint der Militärexperte und Generalleutnant im Ruhestand Jurij Netkatschjow. „Diese Waffen werden in Moskau als ein Faktor zur Zügelung als Antwort auf die provozierenden Erklärungen und Androhungen einzelner westlichen offizieller Persönlichkeiten gegenüber Russland angesehen“. Der Experte erinnerte daran, dass während des Kalten Krieges die strategischen Luftstreitkräfte der UdSSR Gefechtspatrouille-Flüge im neutralen Luftraum entlang den Grenzen der USA und anderer NATO-Länder durchgeführt hätten, wobei sie Kernwaffen an Bord gehabt hätten. „Ich räume ein, dass die Luftwaffe der Luftstreit- und kosmischen Streitkräfte Russlands im Südlichen Militärbezirk genau das gleiche trainieren, nachdem die Flugzeuge mit nichtstrategischen Kernwaffen ausgerüstet worden sind. Und zu den Manövern für ein Training des Einsatzes nichtstrategischer Kernwaffen sind jetzt auch andere Waffenarten der Streitkräfte Russlands hinzugezogen worden, darunter Divisionen der operativ-taktischen Raketenkomplexes „Iskander“, die sich im Bestand der Landstreitkräfte befinden“, erklärte Netkatschjow gegenüber der „NG“.

Wie der einstige Befehlshaber der 58. Armee und Staatsduma-Abgeordnete Generalleutnant Andrej Guruljew (Kremlpartei „Einiges Russland“) betonte, erfolgte im Süden Russlands gegenwärtig auch ein Training der „Führungspunkte und des Personalbestands hinsichtlich einer Versorgung, Vorbereitung und eines Einsatzes nichtstrategischer Kernwaffen aller Typen“. D. h. „operativ-taktischer Raketen, luftgestützter Nuklearwaffen und Nuklearmunition in schweren reaktiven Raketenwerfer-Systemen, aber auch von Mitteln für eine nukleare strategische Zügelung“. Und er hebt hervor, dass die begonnenen Manöver der nichtstrategischen nuklearen Streitkräfte planmäßige seien (deren Vorbereitung Kremlchef Putin am 6. Mai angeordnet hatte – Anmerkung der Redaktion). „Als ich Befehlshaber war, haben wir alljährlich solche durchgeführt. Hier wird das Thema, denke ich, bereits ein erweitertes sein, mit einem Einsatz von Modellen und mit einem Führen von Schlägen mit Modelle bzw. Attrappen von Kernsprengköpfen. Wir werden sehen, wie dies alles erfolgen wird“, erklärte der 56jährige Guruljew.

Vom planmäßigen Charakter der Manöver der nichtstrategischen Nuklearstreitkräfte hatte am 9. Mai auch Wladimir Putin gesprochen. Sein Pressesekretär Dmitrij Peskow brachte die Manöver mit Erklärungen offizieller westlicher Vertreter hinsichtlich einer möglichen Entsendung bewaffneter Kontingente in die Ukraine in einen Zusammenhang. Darüber hatten unter anderem nach seinen Worten Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, „britische Vertreter“ und „Vertreter des US-Senats“ gesprochen.

„Die Diskussionen zum Thema der Notwendigkeit einer Präsenz ausländischer Kontingente in der Ukraine dauern im Westen an. Aber Militärs der NATO handeln bereits in der Ukraine, wobei sie helfen, ihre Waffen auf Ziele auf dem Territorium der Russischen Föderation auszurichten. Im Ergebnis dessen kommen Menschen ums Leben“, sagte der „NG“ der Militärexperte und Oberst im Ruhestand Wladimir Popow. Nachdem er Angaben aus dem russischen Verteidigungsministerium über angeblich abgefangene westliche Raketen und Bomben wiederholte, meinte er: „Und US-Außenminister Anthony Blinken ist schon nicht dagegen, ein Go für Schläge der ukrainischen Streitkräfte mit amerikanischen Waffen gegen Ziele in der Tiefe des Territoriums der Russischen Föderation bis nach Moskau und weiter zu geben“. (Dabei ignoriert der Experte den Umstand, dass auch die russischen Streitkräfte Ziele in der Tiefe des ukrainischen Territoriums angreifen und vernichten. – Anmerkung der Redaktion)

Nach Meinung von Popow müsse Russland härter reagieren. Zumal „polnische Diplomaten und einige offizielle Vertreter der USA, Frankreichs und Großbritanniens bereits vorschlagen, westliche Luftabwehrsysteme vom Territorium der NATO-Länder aus für eine Verteidigung des Luftraums über den Grenzregionen der Ukraine zu nutzen. Dies führt zu einer direkten Konfrontation mit der NATO und einer Eskalierung des Konflikts“, meint der Experte.