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Russland ist bereit, mit „Oreschnik“-Komplexen Schläge gegen ukrainische Entscheidungszentren zu führen


Moskau demonstriert weiter seine Angriffsmöglichkeiten: Innerhalb von zwei Tagen hatte die russische Arnee als Antwort auf den Einsatz US-amerikanischer ATACMS-Raketen 100 Raketen und 466 Angriffsdrohnen gegen Ziele in der Ukraine gestartet. „Getroffen wurden 17 Ziele. Dies sind Objekte der Rüstungsindustrie, militärische Objekte und Systeme für ihre Absicherung und Versorgung“ erklärte der Präsident der Russischen Föderation, Wladimir Putin, am Donnerstag in Astana. Er teilte gleichfalls mit, dass das Verteidigungsministerium und der Generalstab der Russischen Föderation neue Ziele auswählen würden, unter denen militärische Objekte und „Zentren für das Treffen von Entscheidungen“ in Kiew sein würden. Russland sei bereits anzugreifen, wobei auch das neue Raketensystem „Oreschnik“ eingesetzt werde, das am 21. November aus russischer Sicht erfolgreich getestet wurde.
Die scheidende Administration des US-Präsidenten Joseph Biden wird der Ukraine ein neues Paket militärischer Hilfe im Umfang von 725 Millionen Dollar übergeben. Unter den traditionellen Waffen wie Drohnen, Luftabwehrmittel und Munition für die hochmobilen Artillerie- und Raketensysteme HIMARS werden in dem Paket erstmals seit den vergangenen Monaten Infanterie- bzw. Antipersonenminen sein, die durch die UNO-Konvention von Ottawa verboten wurden, die auch die Ukraine unterzeichnet und ratifiziert hatte. Bemerkenswert ist, dass Biden im Jahr 2020, als er noch Präsidentschaftskandidat gewesen war, den Einsatz von Antipersonenminen in internationalen Konflikten kritisiert hatte. Die Worte des Politikers sind aber nunmehr durch seine Umgebung vergessen worden. Im amerikanischen Verteidigungsministerium macht man keinen Hehl daraus, dass die Entscheidung des Weißen Hauses zur Entsendung von Antipersonenminen in die Ukraine von der „neuen Taktik der russischen Militärs an der Front“ diktiert wurde. Nach Aussagen des Pentagon-Chefs Lloyd Austin würden die russischen Truppen nicht mehr die Offensive mit mechanisierten Kräften führen: „Sie agieren mit Hilfe der Infanterie, die in der Lage ist, heranzurücken und für die mechanisierten Truppen einen Weg zu bahnen“.
Entsprechend der Version Washingtons werde die Administration der USA Kiew Antipersonenminen und andere effektive Waffen liefern, um die Positionen der Ukraine bis zur Amtseinführung des wiedergewählten US-Präsidenten Donald Trump im kommenden Januar zu verstärken.
Am Vorabend hatte US-Außenminister Antony Blinken erklärt, dass die USA die Ukraine mit allem Notwendigen versorgen würden, damit sie im kommenden Jahr die Kampfhandlungen fortsetzen oder aber Verhandlungen „von einer Position der Stärke aus“ führen könne.
„Die Lieferungen von Antipersonenminen aus den USA für die Ukraine ist neben den weitreichenden Schlägen gegen die Russische Föderation der zweite strategische Schritt der scheidenden Administration Washingtons, der laut Berechnungen seiner Initiatoren ein Vorrücken der russischen Truppen in die Tiefe der Ukraine verhindern soll“, sagte der „NG“ der Militärexperte und Generalleutnant im Ruhestand Jurij Netkatschjow. Nach seinen Worten gebe es in der Experten-Community die Meinung, dass die Ukraine mit einer Verlangsamung des Vorrückens der russischen Truppen durch ein massenhaftes Verminen der Positionen an der Front mittels Antipersonenminen versuchen werde, an einem ihrer Abschnitte eine Gegenoffensive vorzunehmen. „Dies gab dieser Tage der Oberkommandierende der Streitkräfte des Landes, General Alexander Syrskij, zu verstehen“, betonte der Experte.
Unter Berücksichtigung der Erklärungen des Pentagonchefs kann man die Schlussfolgerung ziehen, dass mit einer Verlangsamung der Offensive Russlands mit Hilfe von Antipersonenminen Kiew den Versuch unternehmen kann, am Vorabend des Amtsantritts von Trump als Präsident auch eine Gegenoffensive zu beginnen. „Reserven dafür hat Syrskijm fünf bis sechs frische Brigaden, die mit deutschen Panzern bewaffnet sind“, konstatierte Netkatschjow. „Mit deren Hilfe werden die Streitkräfte der Ukraine natürlich keinen tiefen Durchbruch erreichen. Die Ukraine wird aber versuchen, ein notwendiges Echo in den Massenmedien, in den Ländern der NATO und in den USA auszulösen, damit die sie weiter unterstützen“.
Eine Reihe von Ländern, die die Konvention von Ottawa unterzeichneten, haben die Entscheidung der USA, der Ukraine Antipersonenminen zu liefern, kritisiert. „Innerhalb der 25 Jahre, die seit dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Konvention vergangenen sind, wurde dieser historische Vertrag über eine humanitäre Abrüstung nie mit solch einer Herausforderung für seine Integrität konfrontiert“, heißt es in deren Erklärung, die bei einer Konferenz in Kambodscha abgegeben wurde. Solch eine Meinung unterstützte man auch im Umfeld des gewählten US-Präsidenten. Unter anderem hat der Kongressabgeordnete Michael George Glen „Mike“ Waltz, den Trump vorgeschlagen, zu seinem Berater für Fragen der nationalen Sicherheit zu ernennen, die Entscheidung von Biden, der Ukraine zu erlauben, amerikanische Antipersonenminen einzusetzen, mit einem „Schützengrabenkrieg der Zeiten des Ersten Weltkrieges“ verglichen. „Dies ist einfach ein absoluter Fleischwolf für Menschen und Technik“, konstatierte er und versicherte Journalisten, dass die neue Administration von Trump „bereits im Januar beginnen wird, sich mit der Beendigung des Krieges in der Ukraine zu befassen“.
Wenn man jedoch danach urteilt, wie sich gegenwärtig die Ereignisse entwickeln, schickt sich die Ukraine bisher nicht an, sich auf Friedensverhandlungen mit Russland einzulassen (da Kiew die russischen Bedingungen als ein Ultimatum betrachtet – Anmerkung der Redaktion), und bereitet sich auf neue Gefechte vor, darunter mit einem aktiven Einsatz von Antipersonenminen. Die ukrainischen Streitkräfte hatten sie auch früher gegen die russischen Truppen und die Zivilbevölkerung eingesetzt, worüber in den Jahren 2023-2024 Vertreter des UNO-Instituts für das Studium von Abrüstungsproblemen (UNIDIR) und andere humanitäre Organisationen berichtet hatten. Medien haben mehrfach Fakten für einen Beschuss von Objekten im Donbass und im Verwaltungsgebiet Charkow durch ukrainische Streitkräfte mit Streumunition angeführt, die Elemente von Antipersonenminen enthalten und als „Mini-Schmetterlinge“ oder „Blütenblätter“ bekannt sind.
„Über Lieferungen von Antipersonenminen des Typs Claymore an Kiew hatte das Pentagon im April des Jahres 2024 offiziell informiert“, betont Netkatschjow. „Dies ist eine Antipersonenmine mit einer zielgerichteten Wirkung, die bereits in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts entwickelt wurde, von der US-Army in militärischen Konflikten eingesetzt wurde und sich nach wie vor in der Bewaffnung des Pentagons befindet. In dessen Arsenalen gibt es mehrere dutzende Millionen solcher Minen. In jeder solcher Mine sind 700 Stahlkugeln mit einem Durchmesser von etwa fünf Millimetern. Sie treffen die Manpower des Gegners in einer Entfernung von bis zu 50 Metern. Dies ist ein sehr gefährliches Ding. In den USA gibt es aber auch andere Typen von Antipersonenminen, darunter solche, die durch ein Geräusch, eine Bewegung und eine Veränderung des Magnetfeldes zur Explosion gebracht werden“.
Der Experte betonte, dass früher die Liefermengen an Minen vom Typ Claymore aus den USA für die Streitkräfte der Ukraine geringe gewesen seien. „Jetzt aber wollen die USA scheinbar den gesamten Frontstreifen in der Ukraine mit ihren Antipersonenminen ausstatten, um ein Vorrücken der russischen Truppen zu behindern“, meint der General. Womit kann aber Russland auf solche Pläne reagieren?
Der Experte teilte mit, dass die Streitkräfte der Russischen Föderation ausreichend ingenieur- bzw. pioniertechnische Mittel hätten, um die Minensperren zu durchbrechen. „Dies sind unterschiedliche spezielle verlängerte Sprengladungen, die die Pioniersoldaten unter Verwendung von kleinen Raketentriebwerken auf die Minenfelder beim Anlegen von Passagen in den Minenfeldern schießen. Dies sind auch robotertechnische Komplexe zur Minenräumung vom Typ „Uran-6“. Dies sind Minen-Schutzschilder, die an den angreifenden Panzern und anderen Gefechtsfahrzeugen, die unter anderem autonom und ferngesteuert handeln, befestigt werden, aber auch andere Mittel“, sagte Netkatschjow. Der Experte betonte, dass auch taktische Luftlandekräfte (in einer Stärke von bis zu einem Zug bzw. einer Kompanie) mit Hubschraubern die Minensperren überwinden könnten. Für ein Durchbrechen müssten aber die Passagen in den Minensperren mittels pioniertechnischer Mittel angelegt werden.
„Wenn die Minenfelder hinsichtlich der Fläche zu große sind, so wird dies natürlich die Zeit für das Anlegen von Passagen in ihnen für die vorrückenden Truppen verlängern“, präzisierte der General. „Somit steht für die russischen Truppen die Aufgabe, das Anlegen von Minenfelder durch aktive Kampfhandlungen, durch eine Vernichtung der Gefechts- und pioniertechnischen Arsenale der Streitkräfte der Ukraine zu stören“, meint Netkatschjow.
Derweil erklärte Wladimir Putin, der am Donnerstag beim Gipfeltreffen der Organisation des Vertrages über kollektive Sicherheit in Astana war, dass Russland bekannt sei, wie viele ausländische Waffen die Streitkräfte der Ukraine hätten und wie viele laut Plan noch übergeben werden sollen. Und die Russische Föderation werden auf die Attacken antworten, unter anderem durch den Einsatz des Hyperschall-Raketensystems „Oreschnik“. Bei einem massiven Einsatz solcher Raketen sei die Stärke des Schlages mit der von Kernwaffen vergleichbar, kündigte Putin stolz an. „Dutzende Mehrfach-Gefechtsblöcke greifen das Ziel mit einer Geschwindigkeit von zehn Mach an. Dies sind rund drei Kilometer in der Sekunde“, sagte der russische Präsident. „Die Temperatur der vernichtenden Elemente erreicht 4000 Grad (Celsius). Wenn mich mein Gedächtnis nicht in Stich lässt, herrschen auf der Oberfläche der Sonne Temperaturen von 5500 bis 6000 Grad. Daher wird alles, was sich im Epizentrum der Explosion befindet, in Fraktionen, in elementare Teilchen auseinanderfallen und sich vom Wesen her in Staub verwandeln“, betonte triumphierend der Kremlchef.
Dennoch sei die Russische Föderation zu Verhandlungen mit der Ukraine bereit, erklärte Putin. „Wir sind nach wie vor bereit a) zu einem Verhandlungsprozess und b) zu den Bedingungen, die im Juni dieses Jahres in Moskau während des Auftritts vor der Führung des Außenministeriums dargelegt wurden. Es hat sich nichts geändert“.
Post Scriptum:
Der Einsatz des Systems „Oreschnik“ durch russische Truppen in der Ukraine beeinflusste natürlich auch die Ergebnisse der wöchentlichen Umfrage der Stiftung „Öffentliche Meinung“, bei der nach den wichtigsten Ereignissen aus der Sicht der Bürger Russland gefragt wird. Die Ereignisse der militärischen Sonderoperation, unter anderem der Schlag gegen den Konzern „Juschmasch“ im Verwaltungsgebiet Dnepropetrowsk am 21. November mit dem System „Oreschnik“ halten 40 Prozent der Befragten für die wichtigsten und bedeutsamsten der letzten Woche. Damit wurde ein deutlich höherer Wert als in den vorangegangenen Wochen fixiert.