Der ungarische Außenminister Péter Szijjártó ist der Annahme, dass die Europäische Union die Durchführung des russisch-amerikanischen Gipfeltreffens in Budapest, über das sich Wladimir Putin und Donald Trump bei ihrem Telefonat am 16. Oktober einigten, stören wird. Freilich hat Brüssel dafür nicht so viele rechtliche Möglichkeiten. Der Putin-Besuch wird nicht gegen die EU-Sanktionen verstoßen. Und unbestreitbare Grundlagen, den gegen den russischen Präsidenten erlassenen Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofes umzusetzen, gibt es nicht.
Die Nachricht, wonach geplant ist, ein Treffen von Wladimir Putin und Donald Trump auf dem Territorium Ungarns durchzuführen, hat die Verbündeten der EU augenscheinlich nicht überrascht. Auf jeden Fall hat es diesbezüglich in den Führungsorganen der Europäischen Union keine langen Streits gegeben. Es ist sogar nicht ausgeschlossen, dass das Weiße Haus vorab, vor dem Telefonat der beiden Präsidenten die Europäer über den angenommenen Ort des Gipfeltreffens in Kenntnis setzte. Daher hat man bereits am nächsten Tag nach dem Gespräch erklärt, , dass man die Begegnung von Putin und Trump nicht behindern werde. „Wir leben in einer realen Welt. Verhandlungen erfolgen nicht immer in der Art und Weise sowie in dem Format, in dem wir es gern hätten. Wenn sie uns aber einem stabilen Frieden in der Ukraine näherbringen, so müssen wir sie begrüßen“, sagte der stellvertretende Pressesekretär der Europäischen Kommission Olof Gill bei einem Briefing. Und die „zuständige“ Pressesekretärin, die offizielle Sprecherin der Europäischen Kommission für auswärtige Angelegenheiten und Sicherheit, Anitta Hipper, erläuterte gesondert, dass die in Bezug auf Putin geltenden Sanktionen der EU kein Verbot für offizielle Reisen in das Land der Europäischen Union vorsehen.
Und dennoch hielt es P. Szijjártó für notwendig, in einer Sendung des ungarischen Rundfunks zu warnen, dass Hindernisse für dieses Treffen auftreten könnten. „Sie können sich sicher sein, dass die überwältigende Mehrheit der Politiker der Europäischen Union in den nächsten Wochen oder Tagen alles unternehmen werden, um die Durchführung dieses Summits nicht zuzulassen“, sagte er.
Zu Gunsten dessen, dass bei weitem nicht alle selbst in der EU-Führung und ganz zu schweigen von Politikern einzelner Länder die Durchführung russisch-amerikanischer Spitzengespräche in Budapest unterstützen, belegt auch die Reaktion der europäischen Presse. Die Madrider Zeitung „El País“ betont, dass der Summit die EU in eine unbequeme Situation versetze. Dies liege nicht nur am Ort seiner Durchführung. An dem Gipfeltreffen, das auf dem Territorium der Europäischen Union erfolgen werde, werde die EU an sich nicht teilnehmen. Einige hochrangige Quellen des Blattes bezeichneten die anstehenden Gespräche von Trump und Putin in Budapest als einen „politischen Albtraum“. „Der Ort wurde sorgfältig ausgewählt, da er für Russland von Vorteil sein kann, wobei innerhalb der EU die Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich der Politik in Bezug auf den Kreml zugespitzt werden. Aber dies ist gleichfalls für Orbán von Vorteil, für den im nächsten Jahr Wahlen anstehen“, zitierte „El País“ einen europäischen Diplomaten.
In der Tat, im kommenden Jahr wird man in Ungarn ein neues Parlament wählen. Der regierenden Partei Fidesz steht ein ernster Kampf mit der proeuropäischen rechtszentristischen Partei Tisza (Tisztelet és Szabadság Párt) bevor, die laut Umfragen derzeit populärer ist. Das Thema des russisch-ukrainischen Konflikts wird im ungarischen Wahlkampf ein recht wichtiges sein. Orbán positioniert sich als ein internationaler Spitzenpolitiker, als einer, der das Land vor einer Beteiligung an einem bewaffneten Konflikt mit Russland bewahren möchte. Die Tisza-Partei und ihr Chef Péter Magyar stellen ihrerseits den ungarischen Premier als eine Marionette Moskaus dar, der das Land in die kommunistischen Zeiten zurückführe. In der nächsten Zeit werden die Anhänger dieser Standpunkte auf die Straßen der ungarischen Städte kommen. Im Oktober wurde im Land der Jahrestag der Ereignisse vom 23. Oktober bis 11. November 1956 – des Aufstands gegen die kommunistischen Herrscher, der durch sowjetische Truppen niedergeschlagen wurde – gedacht. Ihre ersten Aktionen in Budapest hatten sowohl die Partei Tisza als auch die Partei Fidesz durchgeführt. Die Anhänger von V. Orbán veranstalteten beispielsweise am 23. Oktober in der Hauptstadt einen Friedensmarsch. Und die Anhänger von P. Magyar hatten für den gleichen Tag einen Nationalen Marsch geplant. Das vorerst abgeblasene Treffen von Putin und Trump hätte, wenn es wirklich in diesen Tagen stattgefunden hätte, den Meetings und Märschen einen besonderen Charakter verliehen.
Zur gleichen Zeit gestehen sowohl diejenigen, die mit Orbán einverstanden sind, als auch die, die mit ihm unzufrieden sind, ein, dass es schwer wird, aus rechtlicher Sicht Beanstandungen hinsichtlich des Gipfeltreffens zu finden. Schon im April hatte Ungarn den UN-Generalsekretär über das Verlassen der Jurisdiktion des Internationalen Strafgerichtshofes informiert, womit es zum einzigen Land der Europäischen Union wurde, dass sich zu diesem Schritt entschlossen hat. Aufgrund des Ungarn-Besuchs von Israels Premierminister Benjamin Netanyahu hatte Orbán entschieden, die Unterschrift unter der Ratifizierungsurkunde des Römischen Statuts (des Dokuments, auf dessen Grundlage dieses Gericht handelt) zurückzuziehen. Ihn – genauso wie auch Putin – beabsichtigt der Internationale Strafgerichtshof festzunehmen. Der Haftbefehl war in Den Haag am 21. November 2024 ausgestellt worden. Und bereits am folgenden Tag lud Orbán Netanyahu nach Ungarn ein. Der Internationale Strafgerichtshof erklärte nach dem Besuch des israelischen Premiers, dass die ungarischen Behörden dennoch verpflichtet gewesen seien, den israelischen Regierungschef festzunehmen. Denn das Zurückziehen der Unterschrift unter dem Römischen Statut ist ein langwieriges Prozedere. Es endet ein Jahr nach dem Informieren des UN-Generalsekretärs über das Verlassen der Jurisdiktion des Gerichts. In dieser ganzen Zeit ist das jeweilige Land verpflichtet, dessen Entscheidungen umzusetzen, darunter auch einen Haftbefehl, erläuterte der Gerichtshof. In der Antwort darauf verwies die ungarische Regierung darauf, dass für Netanyahu als ein amtierender Staatschef eine Immunität gelte. Mit diesem Argument hatten auch die Behörden von Tadschikistan und der Mongolei, die die Jurisdiktion des Internationalen Strafgerichtshofes anerkennen, die Weigerung begründet, Putin, der diesen Ländern einen offiziellen Besuch abstattete, festzunehmen.
In Ungarn erwartet man von der EU Versuche, das Treffen Putins und Trumps zu stören
17:08 8.11.2025