Zohran Mamdani – so heißt die zum heutigen Tag größte politische Sensation der USA dieses Jahres. Er gewann triumphal bei der Bürgermeisterwahl von New York, womit er zum ersten Moslem und Sozialisten in der amerikanischen Geschichte wurde, der die so große sowie für das Land und die Welt wichtige Stadt regieren wird. Mamdani hat sozusagen das wiederholt, was im vergangenen Jahr Donald Trump geschafft hatte. Beide siegten entgegen den Prognosen, deren Autoren von der Annahme ausgegangen waren, wonach die amerikanische Politik bereits endgültig eine eingefahrene sei, alle Plätze besetzt seien und sich an der Macht nur jene befinden werden, denen dies „zusteht“. Die Ergebnisse der Präsidentschaftswahlen des vergangenen Jahres hatten eine Welle von Überlegungen darüber ausgelöst, dass Trump gesiegt hätte, indem er die Krise in der Republikaner-Partei ausgenutzt hätte. In ihr hatte sich eine gewaltige Kluft zwischen dem Establishment und den einfachen Wählern aufgetan. Die Parteifunktionäre und Vertreter der politischen Dynastien, die sich über die Jahre hinweg in den Büros der Landesführung gegenseitig ablösten, hatten nicht zur Kenntnis genommen, dass sich die soziale Basis der Partei verändert hatte. Den Kern der Wählerschaft der Republikaner bilden heutzutage nicht wie zu Zeiten von Ronald Reagan die selbstsicheren Vertreter der Mittelklasse, die gut verdienen und mit Optimismus in die Zukunft schauen, sondern im Gegenteil die armen Menschen, die von der sich schnell verändernden Welt enttäuscht sind, in der sich für sie kein Platz findet oder, wie sie vermuten, bald nicht mehr finden wird. „Make America Great Again“ oder anders gesagt: Kehren wir zurück in die wunderbare Vergangenheit – dieser Slogan von Trump fand in der Seele von Millionen Amerikanern ein reges Echo, da er ihre Wünsche und Sehnsüchte reflektierte. Doch eine ähnliche Krise gibt es, wie sich herausstellte, auch in der Demokratischen Partei. In gewisser Weise hat sie mit den Republikanern den Wähler ausgetauscht, denn die Linken (und die Demokraten sind nach amerikanischer Lesart Linke) im Westen sind heute recht wohlhabende Menschen. Die, die sich beispielsweise erlauben können, in New York, einer der teuersten Städte der Welt, zu leben und zu arbeiten, in der die Konkurrenz im Leben eine große ist und wo man sich dementsprechend auf sich selbst setzen muss. Irgendwie erreichen ihn nicht die Versprechen, „Ordnung zu schaffen“, die Fremden (die Einwanderer oder noch irgendwelche Störer der gewohnten Lebensweise) zur Raison zu bringen, mit den äußeren Feinden fertig zu werden, das Verschwundene wiederherzustellen, die Bewahrung des Bestehenden zu garantieren usw. Ja, aber die Absicht, das Leben ein wenig billiger und gerechter zu gestalten und die Distanz zwischen den Staatsbeamten und ihren Wählern ein wenig geringer zu machen, zusammen mit dem Nichtvorhandensein einer Angst vor dem Neuen und Ungewohnten gefällt ihm sehr wohl. Dies hatte Mamdani begriffen und vermochte auf entsprechende Art und Weise seine Wahlkampagne gestalten. Vom gleichen Schlage sind die Ansichten des neuen Bürgermeisters von New York hinsichtlich der Außenpolitik. Seine Opponenten hatten recht plump sie mit der ethnischen Herkunft und dem Glauben von Mamdani zu erklären versucht – es gebe ja in Amerika wenig Politiker, die entgegen ihren sozusagen historischen Wurzeln handeln! Tatsächlich tritt er mit seiner Unterstützung für Palästina (und für die Ukraine: diesen Teil seiner Anschauungen darf man nicht vergessen) wie ein typischer heutiger westlicher Linker auf. Das heißt: Er lässt sich von dem Prinzip leiten: Im Konflikt eines Schwachen und eines Starken muss man auf der Seite des Schwachen sein. Ein Schwacher sind aus der Sicht von Millionen von Amerikanern Palästina und die Ukraine. Die Führung der Demokratischen Partei hat scheinbar zwei entscheidende Lehren aus dem Sieg von Mamdani gezogen. Die erste – man muss aufmerksam dem Gehör schenken, was der Wähler möchte. Und man darf keine Angst haben, zu experimentieren. Die zweite – Es werden neue Gesichter gebraucht. Ein anderer Kandidat für das Bürgermeisteramt, der Demokrat und Ex-Gouverneur des Bundesstaates New York, Andrew Cuomo, hatte versucht, entsprechend der Kräfte im Stil von Mamdani zu agieren. Später begriff er, dass dies nicht klappt, da das Volk ihn selbst in den Jahren seines Wirkens in der lokalen Politik überhatte. Er warf das Handtuch und hat nicht einmal widersprochen, als ihn Trump unterstützte. Was für Lehren Trump selbst gezogen hat, wird im kommenden Jahr klar werden, wenn die Zwischenwahlen zum Kongress stattfinden, eine wichtige politische Auseinandersetzung zwischen den Republikanern und Demokraten.
Die Wahlen in New York als ein Vorbote von Veränderungen in der amerikanischen Politik
17:54 15.11.2025