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An den südlichen Grenzen Russlands war die „Turan-Armee“ auszumachen


Manöver der Türkei und Aserbaidschans unter Beteiligung von Drittländern werden möglicherweise zu ständigen. In Baku gingen am 21. September die Übungen von Spezialeinheiten Aserbaidschans, Pakistans und der Türkei „Drei Brüder – 2021“ zu Ende. Am gleichen Tag starteten in Nachitschewan die aserbaidschanisch-türkischen Manöver „Unerschütterliche Bruderschaft -2021“. Zuvor wurde im Latschin-Korridor vor den Augen russischer Friedenstruppen eine taktische Übung von Spezialeinheiten beider Länder abgehalten. Vor diesem Hintergrund führte Aserbaidschan am 10. September eine Straßenmaut für iranische Lastkraftwagen, die nach Bergkarabach unterwegs sind, ein.

„Laut sowjetischen Landkarten gehören zwei Abschnitte der armenischen Fernverkehrsstraßen Goris — Kapan Aserbaidschan“, erklärte Irans Botschafter in Armenien, Abbas Badakhshan Zohouri. „Es war jedoch eine Vereinbarung über das ungehinderte Passieren durch Transportmittel bis zum Beginn der Delimitation erzielt worden.

Jetzt stoppen an diesen Abschnitten der Trasse Goris – Kapan die aserbaidschanische Polizei und Grenzer schon seit einigen Tagen Fahrer, die iranische Waren transportieren. Aserbaidschan erhebt für jede Ein- und Ausfahrt durch ausländische Transportmittel eine Straßenmaut. Die iranische Seite, darunter die Botschaft, unternimmt Anstrengungen für eine schnellstmögliche Lösung dieser Frage“.

Der Telegram-Kanal Caucasian_bureau erklärte die Motive solcher Handlungen durch Baku: Die Posten an der Trasse nach Bergkarabach seien ja organisiert worden, damit, „wenn Armenien nicht zustimmt, Aserbaidschan den Sangesur-Korridor zur Verfügung zu stellen“, Aserbaidschan den Latschin-Korridor unter Kontrolle nimmt. Und „dann werden wir schon sehen, wie man in Jerewan zu singen anfangen wird“. Derartige Mitteilungen werden in türkischen sozialen Netzwerken und Medien publiziert. Bisher aber machen sich die Iraner mehr Sorgen darüber.

In den sozialen Netzwerken begann man Videos zu posten, die eine Konzentration iranischer Truppen und Gefechtstechnik entlang dem Fluss Ara(k)s, der als Grenze zwischen dem Iran und Aserbaidschan dient, zeigen. Ob dies mit den Transport-Zwischenfällen auf der Trasse Goris – Kapan zusammenhängt, ist unbekannt. In der letzten Zeit hat Teheran jedoch bereits seine negative Meinung über die Handlungen von Baku bekundet. Der Sprecher des iranischen Außenministeriums Said Hatibsade erklärte beispielsweise vor einer Woche, dass die Teilnahme Pakistans und der Türkei an den Manövern „Drei Brüder -2021“ den Bestimmungen der Konvention über den Rechtsstatus des Kaspischen Meeres widerspreche. Russland schwieg hinsichtlich dieser Manöver wie auch bezüglich der Teilnahme türkischer Militärs an den Manövern im Latschin-Gebiet. Obgleich Moskau bei der Unterzeichnung des trilateralen Abkommens mit Baku und Jerewan gegen eine Anwesenheit der Türkei in der Zone des Bergkarabach-Konfliktes war.

Derweil verspricht das Zusammenwirken der Türkei mit ihrem strategischen Verbündeten Aserbaidschan und den anderen turksprachigen Ländern im Südkaukasus, am Kaspischen Meer und in Zentralasien, eine lange und eine noch umfangreichere zu werden. Laut einer Meldung der türkischen Nachrichtenagentur Anadolu wohnten den Manövern „Drei Brüder – 2021“ „hochrangige Gäste aus Kasachstan“ bei. Folglich ist Kasachstan scheinbar nicht gegen eine Anwesenheit dritter Länder am Kaspi. Und die Spezialeinheiten der Türkei und Pakistans haben laut Angaben von Medien und sozialer Netzwerke ein „breites Spektrum gemeinsamer Maßnahmen einschließlich des Einsatzes taktischer Luftlandeeinheiten, der Durchführung von Überfallshandlungen im Hinterland des angenommenen Gegners, der Organisierung von Hinterhalten und der Vornahme von Diversionsakten“ trainiert. Unter der Ägide der Seestreitkräfte Aserbaidschans waren zusammen mit türkischen Spezialeinheiten im Verlauf von Ausbildungs- und Trainingseinheiten „Gruppen für einen Unterwasserangriff und die Verteidigung unter Wasser“ gebildet worden.

„Was kann dies für ein Gegner für Aserbaidschan und dessen Verbündete in der Kaspi-Region sein, um Diversionsakte durchzuführen, unter anderem unter Beteiligung von Taucherspezialeinheiten – der Iran, Russland?“, fragt sich der Militärexperte und Oberst im Ruhestand Wladimir Popow. „Und da gibt es natürlich Fragen auch an die russische Führung. Warum reagiert sie nicht?“. Popow lenkt das Augenmerk darauf, dass im Oktober ein Gipfeltreffen des sogenannten Turkischen Rates stattfinden wird, dem die Türkei, Aserbaidschan, Kasachstan, Kyrgystan und Usbekistan angehören. In diese Organisation wird Turkmenien aufgenommen. Und zu einem Beobachter wird die Ukraine. „Die Ukraine hegt aggressive Pläne gegen Russland. Und die Teilnahme Turkmeniens an dieser Organisation wird augenscheinlich eine noch stärke Festigung der Positionen der Türkei am Kaspischen Meer und in Zentralasien fördern. Dies widerspricht der Kaspi-Konvention, wo festgehalten wurde, dass es in der Region keine militärische Präsenz von Drittländern geben darf. Und dies widerspricht offenkundig den Interessen der Russischen Föderation. Doch auf offizieller Ebene schenkt man dem im Kreml beinahe keine Aufmerksamkeit“, betont der Experte.

Nach seiner Meinung verfolge die Türkei in Bezug auf Russland eine „dreiste, verlogene Politik, die auf die Realisierung der Ideen vom „großen“ Turan abzielt“. „Und ich werde nicht erstaunt sein, dass irgendwann unter der Ägide der Türkei eine „große“ Armee von Turan auftauchen wird, worüber heute Politiker und Experten so viel reden. Diese Armee wird a priori gegen die Interessen Russlands ausgerichtet sein. Und dies erfolgt schon jetzt“, vermutete Popow. Nach seiner Meinung versuche die Türkei, die sich mit Aserbaidschan angenähert hätte, der Russischen Föderation im Südkaukasus entgegenzuwirken. Sie unterstütze die Armee der Ukraine, indem sie ihr moderne Angriffswaffen – Bayraktar-Drohnen – verkaufe und für die ukrainische Flotte Fregatten baue. Sie verurteile uns wegen der Krim und propagiere offiziell in der internationalen Staatengemeinschaft ihre Ablehnung hinsichtlich der auf der Halbinsel abgehaltenen Staatsduma-Wahlen. Kampfjets der Türkei würden im Rahmen von NATO-Projekten im Baltikum Dienstflüge absolvieren. In Syrien habe die Türkei einen Teil des Territoriums okkupiert und erfülle nicht die Vereinbarungen mit Moskau über eine Neutralisierung der Kämpfer, die gegen das Regime von Baschar al-Assad kämpfen. Sie habe islamische Radikale aus Syrien in den Krieg in Bergkarabach entsandt. Und unter diesen Bedingungen bereite Ankara einen Sotschi-Arbeitsbesuch von Präsident Recep Tayyip Erdogan vor. Und der Kreml erkläre, dass er bereit sei, sich mit ihm zu treffen. „Mit Ankara Freundschaft zu halten, ist natürlich besser als sich zu streiten. Warum werden dabei aber die Interessen der Russischen Föderation so schwach verteidigt“, wundert sich Popow.