Ungeachtet der begonnenen zweiten Phase der von Präsident Putin am 24. Februar befohlenen sogenannten militärischen Sonderoperation der Russischen Föderation in der Ukraine ist bisher kein großangelegtes Vorrücken der russischen Truppen zu beobachten. Die Kräfte, die bestrebt sind, die Donbass-Gruppierung der ukrainischen Streitkräfte einzukreisen, sind in taktischen Gefechten stecken geblieben. Als eine Leistung kann man die Einnahme von Mariupol bezeichnen, die der russische Präsident als einen wichtigen Erfolg bewertete. Dabei erfolgt intensiv die Vorbereitung zu einer großen Offensive in der Russischen Föderation, wenn man westliche Einschätzungen heranzieht. Damit kann man auch die Tatsache verknüpfen, dass Russland erwartungsgemäß auf den Vorschlag der Führung der UNO, einen Osterwaffenstillstand zu beginnen, mit einer Ablehnung reagierte. Im Gespräch Putins mit dem UN-Generalsekretär António Guterres wird dies in der kommenden Woche sicherlich auch ein Thema sein.
Die intensiven Kampfhandlungen sind für die Russische Föderation wichtig, umso schnell wie möglich das Militärarsenal der Ukraine zu vernichten (zumal die Offiziellen in Russland dabei scheinbar die Auffassung vertreten, dass die Ukraine kein Recht auf Selbstverteidigung hat und sich mit diesem Moskauer Bestreben abfinden müsse – Anmerkung der Redaktion). Und dieses Arsenal beginnen die USA und andere NATO-Länder seit den letzten Tagen aufzufüllen, sozusagen in einer geometrischen Progression – mit Kampfflugzeugen, Artilleriewaffen, Schiffsabwehrraketen, Drohnen und anderen Waffensystemen, von denen es einige in den ukrainischen Streitkräften nie gegeben hatte. „Wenn es noch einen viertägigen Waffenstillstand geben wird, werden die Streitkräfte der Ukraine sehr viele neue Waffen erhalten. Die Truppen werden ausruhen, die Gefechtsvorräte auffüllen sowie sich für weitere Kampfhandlungen gegen die russischen Truppen umgruppieren können“, warnte der Militärexperte und Oberst der Reserve Wladimir Popow in der vergangenen Woche. Er lenkte das Augenmerk darauf, dass die jüngst vom Pentagon angekündigten Lieferungen von 155-mm-Haubitzen und Munition von 40.000 Geschossen in die Ukraine praktisch vorgenommen worden seien. Gleichzeitig hätten US-Militärs auf NATO-Truppenübungsplätzen bereits eine Gruppe ukrainischer Militärs im Umgang mit diesen Waffen geschult. Artilleriewaffen für Kiew würden derzeit Großbritannien, Kanada und die Niederlande vorbereiten. Amsterdam übergebe beispielsweise offen neue deutsche Panzerhaubitzen vom Typ 2000 an das Selenskij-Regime. Deutschland würde schon ukrainische Militärs ausbilden, diese Waffen zu verwenden. Slowenien wie auch Polen übergebe den ukrainischen Streitkräften T-72-Panzer. Popow betonte, dass das Militärpotenzial der ukrainischen Streitkräfte hinsichtlich der gepanzerten Technik zum gegenwärtigen Zeitpunkt zu 90 Prozent vernichtet worden sei, hinsichtlich der Feldartillerie und Minenwerfer zu 30 Prozent sowie zu 50 Prozent in Bezug auf reaktiven Feuerwerfer-Systeme. (Angemerkt sei an der Stelle, dass sich der Experte wohl auch nur auf die genehmigten offiziellen Angaben des russischen Verteidigungsministeriums stützt. – Anmerkung der Redaktion). „Aber der Einstellung der Führung der USA, der NATO und der EU nach zu urteilen, kann das Potenzial der ukrainischen Streitkräfte in ausreichendem Maße in den nächsten zwei, drei Wochen aufgefüllt werden. Und dies ist sehr ernsthaft“, betonte der Experte.
Vertreter des amerikanischen analytischen Institutes for the Study of War in Washington sind der Auffassung, dass Russlands Streitkräfte „mächtige Durchbrüche“ im Verlauf der Durchführung der militärischen Sonderoperation in der nächsten Zeit organisieren würden, wenn sie das Abstimmen der „Logistik und der Kommando-Infrastruktur, die für eine große Offensive erforderlich sind“, beendet hätten. Der TV-Sender CNN meldete unter Berufung auf Aussagen eines hochrangigen Pentagon-Vertreters, dass „sich derzeit auf dem Territorium der Ukraine 82 russische taktische Bataillonsgruppen befinden“. Dies sind um 17 taktische Bataillonsgruppen mehr als eine Woche zuvor. Augenscheinlich werden auch die taktischen Bataillonsgruppen einen bestimmten Beitrag zur Formierung der Offensivgruppierung der Russischen Föderation leisten, die bis vor kurzem bei den Kampfhandlungen in Mariupol eingesetzt wurden. Nach Einschätzungen des Pentagons machten sie zwölf Gruppen aus. Es ist jedoch offensichtlich, dass die in der Industriezone von „Asowstahl“ verbliebenen ukrainischen Kräfte, wenn man sie nicht vernichtet, sehr gefährlich sein können. Und dies bedeutet, dass ein Teil der strategischen Bataillonsgruppen, die bei der Mariupol-Operation eingesetzt wurden, doch noch in der Stadt für eine komplette Blockierung der in den unterirdischen Räumen und Gängen des Unternehmens verbliebenen ukrainischen Kräfte bleiben werden.
„Präsident Wladimir Putin hat Verteidigungsminister Sergej Schoigu die Aufgabe gestellt, „diese Industriezone so zu blockieren, dass keine Fliege durchkommt“. Dies kann man tun, doch dies verlangt erhebliche materielle Mittel, Ressourcen und entsprechende Waffen, aber auch natürlich Militäreinheiten und Truppenteile unterschiedlicher Strukturen von Sicherheits- und bewaffneten Organen“, sagte der „NG“ der Militärexperte und Generalleutnant im Ruhestand Jurij Netkatschjow. „In „Asowstahl“ haben sich über 2.000 ukrainische Militärs und ausländische Söldner verschanzt. Diese Menschenmenge reicht aus, um mindestens drei taktische Bataillonsgruppen oder 20 bis 30 mobile Einheiten in einer Stärke von bis zu 100 Mann zu bilden. Aus der Industriezone nach Mariupol können sie praktisch von jeglichem Ort aus vordringen. Und die Fläche des Betriebs macht rund elf Quadratkilometer aus“, betonte er. Es sei angemerkt, dass General Netkatschjow zu Zeiten der UdSSR mehrfach in 2Asowstahl“ weilte, unter anderem in den unterirdischen Bereichen, Lagern und Tunneln, von denen es viele unter dem Territorium des Werkes gibt.
„Entsprechend den Erfahrungen aus dem Großen Vaterländischen Krieg haben beispielsweise die sich in den Katakomben von Kertsch und Odessa versteckenden Partisanen dem Feind einen erheblichen Schaden zugefügt. Jetzt aber, da zu Partisanen und Diversanten Nationalisten-Bataillone geworden sind, möchte man gern hoffen, dass eine andere Zeit Einzug gehalten hat. Die russische Armee hat andere Waffen und Möglichkeiten. Die Nationalisten-Bataillone haben den Wunsch auszubrechen, doch unter den Bedingungen des Einsatzes mächtiger Thermo- und Druckmunition haben sie keinerlei Chancen, den bewaffneten Kampf fortzusetzen. Wenn die Blockade von „Asowstahl“ klug organisiert wird, werden die Kämpfer entweder vernichtet oder sie begeben sich in Gefangenschaft“, meint der General.
Eine analoge Meinung vertritt auch der einstige Verteidigungsminister der DVR, der russische Staatsbürger Igor Strelkow. Der Gegner werden nach seiner Meinung unter den Bedingungen einer totalen Blockade von „Asowstahl“ „früher oder später gezwungen sein, sich zu ergeben“. Zur gleichen Zeit hält es Strelkow für sehr gefährlich, dass die Ukraine mit Unterstützung des Westens aktiv bereits eine dritte Mobilisierungsetappe durchführe und vollwertige neue Kampfeinheiten der Reserve aufstelle, die bereits in naher Zukunft die russische Armee angreifen könnten. „Die ukrainischen Streitkräfte brauchen noch anderthalb bis zwei, maximal drei Monate, um große Reserven vorzubereiten. Nicht in Gestalt von ständigen Auffüllungen für die agierenden Truppen, sondern in Gestalt neuer Truppenteile und Verbände, die in den strategischen Richtungen eingesetzt werden können“, betonte Strelkow. Er unterstreicht, dass die Ukraine „Menschenressourcen (200.000 bis 300.000 Menschen) und die technische Möglichkeit (einen riesigen Zustrom unterschiedlichster Waffen aus Europa und den USA) hat, um nicht nur eine ausreichende Personalstärke ihrer Truppen an der Front zu bewahren, sondern auch neue Reserven zu schaffen“. Dabei behauptet Strelkow, dass dies weitaus mehr sei als das Potenzial, dass die Russische Föderation derzeit bei der international umstrittenen Sonderoperation einsetze.
Aus diesem Grunde wurden die russischen Kampfhandlungen auch zum orthodoxen Osterfest fortgesetzt. Igor Konaschenkow, der offizielle Sprecher von Russlands Verteidigungsministerium, meldete daher am Sonntagvormittag neue russische „Erfolge“. Vier Depots mit Raketen- und Artilleriewaffen sowie Munition seien in den Gebieten Gusarowka und Velikaja Kamyschewacha im Verwaltungsgebiet Charkiw vernichtet worden. Durch russische Raketentruppen. Während die orthodoxen Christen in Russland und in der Ukraine die Osterfestgottesdienste verfolgten, seien 423 Feueraufgaben realisiert worden. Für Russlands Armee, die vor den Toren der Hauptstadt – in Kubinka – sich eine Riesenkathedrale errichtete, ist halt nicht alles heilig.
- S. der Redaktion „NG Deutschland“
Das Fazit lautete daher am Sonntagvormittag: „Insgesamt sind seit Beginn der Durchführung der militärischen Sonderoperation (auf Seiten der Ukraine – Anmerkung der Redaktion) vernichtet worden: 141 Flugzeuge, 110 Hubschrauber, 551 Drohnen, 265 Luftabwehr-Raketenkomplexe, 2496 Panzer und andere gepanzerte Gefechtsfahrzeuge, 282 Raketenwerfer-Systeme, 1093 Artilleriewaffen und Minenwerfer, aber auch 2343 militärische Spezialfahrzeuge“, meldete Konaschenkow. Fragen nach eigenen Verlusten sind bei den offiziellen Erklärungen aus dem russischen Verteidigungsministerium ein Tabu. Auch am 60. Tag der sogenannten militärischen Sonderoperation Russlands in der Ukraine.