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Auf die Lieferungen schwerer Waffen für die Ukraine antwortet Russland mit strategischen Manövern


Die USA und die NATO liefern weiterhin neue schwere Offensivwaffen an die Ukraine. Aber dem Umfang und der Qualität dieser Militärhilfe nach zu urteilen, wird sie wohl kaum helfen werden, die Offensive der Streitkräfte der Russischen Föderation zu stoppen. Moskau beginnt, nachdem es Raketen- und Artilleriereserven akkumulierte, Flugtechnik heranzog sowie aus Freiwilligen-Vertragsmilitärs eine schlagkräftige Gruppierung bildete, eine neue Taktik anzuwenden, die die Verluste an Menschen minimieren soll. Dass die Russische Föderation noch wesentliche Ressourcen nicht nur im Bereich der sogenannten Sonderoperation hat, demonstriert Moskau, indem es im Sommer und Herbst strategische Manöver organisiert. Dabei hat die russische Armee begonnen, die Wege für die Anlieferung von NATO-Waffen an den Westgrenzen der Ukraine zu zerstören (wobei der Eindruck entsteht, dass man das Nachbarland auch in Bezug auf jegliche Transportinfrastruktur um Jahrzehnte zurückwerfen will – Anmerkung der Redaktion).

In der Nacht zum Donnerstag haben Schiffe der Schwarzmeerflotte Flügelraketen gegen wichtige strategische Objekte auf dem gesamten Territorium der Ukraine, das ohne hin laut Aussagen von Präsident Wladimir Selenskij zu 20 Prozent durch Russland kontrolliert werde, abgefeuert. Der Berater des ukrainischen Innenministers, Anton Gerastschenko, teilte mit, dass „ein Raketenschlag gegen den Beskiden-Bahntunnel, der durch die Karpaten verläuft, zwecks Zerstörung der Logistik für Waffenlieferungen geführt wurde“. Ukraine Quellen melden, dass mindestens sechs Raketen die Ziele erreicht hätten. Explosionen wurde im Bereich der Stadt Stryj des Verwaltungsgebietes Lwow fixiert, wo sich ein Militärflugplatz und ein großer Eisenbahnknotenpunkt befinden. Schiffe der russischen Schwarzmeerflotte und Truppen aus dem Verwaltungsgebiet Cherson hätten auch einen ukrainischen Militärstützpunkt in Otschakow beschossen, wobei angeblich mindestens zwei Schnellboote vernichtet wurden.

Russland setzt die Angriffsoperationen im Donbass fort, wobei Sewerodonezk als Richtung des Hauptschlages gewählt wurde. Durch die Erhöhung der Dichte des Artilleriefeuers rücken die Truppen dort voran, wobei sie Bedingungen für ein Einkreisen des Gegners in großen und kleinen Kesseln schaffen. Eine stabile Verteidigung ist auch in der Richtung Nikolajew-Cherson geschaffen worden, wo praktisch alle Gegenangriffe der Einheiten der ukrainischen Streitkräfte abgewehrt wurden. Laut Medien-Angaben habe Kiew versucht, eine Offensive in der Richtung Kriwoi Rog zu organisieren, aber gleichfalls keine bedeutenden Erfolge gehabt.

Die Erfolge der Russischen Föderation in der seit 100 Tage erfolgenden Sonderoperation konstatieren Spitzenvertreter der USA und deren verbündeten Länder. Gerade dieser Aspekt stimuliert sie, für die ukrainischen Streitkräfte „die stärksten bodengestützten Gefechtswaffen von allen, die Kiew bisher einsetzte, zu liefern“. Solch eine Schlussfolgerung zieht der BBC-Korrespondent für Sicherheitsfragen Frank Gardner. Er schreibt, dass „die Lieferung von Mehrfach-Raketenwerfern (HIMARS) mit einer Reichweite von bis zu 80 Kilometern aus den USA der ukrainischen Armee erlauben, unter gleicheren Bedingungen den Kampf gegen die russische weitreichende Artillerie zu führen“. Wie westliche Medien schreiben, plane Großbritannien nach den USA, Kiew mehrere seiner Mehrfach-Raketenwerfer-Systeme M270B1 zu übergeben, die hinsichtlich der Charakteristika jenen Anlagen ähnlich sind, die die Amerikaner übergeben. Und Reuters meldet, dass die Administration des US-Präsidenten Joseph Biden die Möglichkeit eines Verkaufs von vier Drohnen des Typs MQ-1C Gray Eagle, Modifikationen der Drohne MQ-1 Predator, an die ukrainischen Militärs prüfe. Diese hatte die USA umfangreich im Irak und in Afghanistan eingesetzt. „Die maximale Startmasse einer Gray-Eagle-Drohne ist laut Aussagen von Experten, etwa dreimal größer als die der türkischen „Bayraktar“-Drohne, die von den ukrainischen Streitkräften aktiv eingesetzt wird“, betont Reuters.

„Diese Waffen sind natürlich für die russische Armee gefährlich, aber sie machen noch, wie es heißt, keinen Sommer (gemeint ist: eine Schwalbe macht noch keinen Sommer – Anmerkung der Redaktion)“, meint der Militärexperte und Generalleutnant im Ruhestand, Jurij Netkatschjow. „Die vier Drohnen MQ-1C Gray Eagle können durch die russische Luftabwehr buchstäblich innerhalb weniger Tage vernichtet werden. Insgesamt werden die Anglosachsen laut offenen Informationen den ukrainischen Streitkräften maximal zwei Divisionen moderner Raketenwerfer-Komplexe übergeben. Dies ist gleichfalls ein Tropfen auf den heißen Stein für solch eine Front, die es in der Ukraine gibt. Gegenwärtig sind im Donbass laut eintreffenden Angaben mehrere dutzend russische Divisionen mit Raketenwerfer-Komplexen entfaltet worden. Sie schaffen zusammen mit den Luftstreitkräften, aber auch den Haubitzen- und Minenwerfer-Einheiten der Artillerie eine erhebliche Feuerdichte und helfen, eine effektive Offensive vorzunehmen. Die amerikanischen Raketenwerfer-Systeme und Drohnen verstärken in der Ukraine die Eskalation, führen möglicherweise zu Verlusten, können aber nicht den Verlauf der Realisierung der Sonderoperation durch die russische Armee ändern“.

Derweil entfaltet Russland, indem es dieser Tage Manöver der eigenen strategischen Nuklearstreitkräfte begann, das Verteidigungspotenzial auf seinem gesamten Territorium, darunter an den Grenzen der USA. Dies werde, wie man augenscheinlich in Moskau denkt, für Washington und dessen Verbündeten als ein zügelnder Faktor dienen. Umfangreiche Gefechtsausbildungsaktivitäten werden in der östlichen strategischen Richtung entwickelt. Wie der Chef der Hauptverwaltung für Gefechtsausbildung der Streitkräfte der Russischen Föderation, Generaloberst Iwan Buwalzew, berichtete, „haben die Chefs der Truppengattungen und die Leiter der zentralen Organe der militärischen Führung einen Komplex von Maßnahmen für die Durchführung der strategischen Kommandostabsübung „Wostok-2022“ („Osten-2022“) in der zweiten Hälfte des Jahres 2022 geplant“.

„Manöver der strategischen Nuklearstreitkräfte und strategische Kommandostabsübungen wird der russische Generalstab in den nächsten Monaten nicht nur im Gebiet rund um Moskau durchführen. Moskau droht natürlich keinen Einsatz von Kernwaffen an, demonstriert aber mit diesen Schritten, dass es in der militärischen Hilfe für das Kiewer Regime rote Linien gibt, die man nicht übertreten darf“, erklärte der „NG“ der Militärexperte und Oberst im Ruhestand Nikolaj Schulgin, der früher lange Zeit in den strategischen Raketentruppen gedient hatte.