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Chabenskij und Kechman haben sich nicht nur der Repertoires angenommen


Seit den Personalveränderungen gleich in zwei Theatern – im Moskauer Tschechow-Kunsttheater und im Moskauer Akademischen Gorki-Theater – ist eine Woche ins Land gegangen. Im ersten wurde der künstlerische Leiter ausgetauscht, im zweiten wechselte der Direktor. Beide ernannten neuen Führungskräfte – Konstantin Chabenskij und Wladimir Kechman – sind sehr populäre Menschen, jeder auf seine Weise. Aber vorauszusagen, was für ein Programm sie unterbreiten werden, ist erstaunlich schwierig. Offensichtlich ist eines, dass bereits ihre ersten Schritte unverzügliche waren, und die Handlungen – entschlossene.

Konstantin Chabenskij hatte die Truppe zusammengenommen (wurde mit Applaus empfangen) und versprach, bald seine Strategie vorzustellen. Das Wichtigste sei nach Aussagen von Chabenskij, dass man nach einer Eintrittskarte fürs Theater schon an der (nächstgelegenen) Metrostation nachzufragen beginnt. Und den ersten Schritt in dieser Richtung hat er getan, indem er die Inszenierung von Konstantin Bogomolow „Der ideale Gatte“ ins Repertoire zurückholte, die vor einem Monat per Entscheidung von Sergej Schenowatsch aus dem Spielplan genommen wurde. In dieser Inszenierung spielt Marina Sudina, die unter dem früheren künstlerischen Leiter ohne Arbeit geblieben war. (Die Schauspielerin hat sich im Übrigen schon mit Begeisterung über die Ernennung von Chabenskij geäußert.) Den Reaktionen in den sozialen Netzwerken und der Presse nach zu urteilen, hatte es durch Schenowatsch Gekränkte weitaus mehr als Verteidiger gegeben. Viele Fragen ergeben sich in dieser Geschichte: Hatte man die Ernennung von Schenowatsch mit der Theater-Gemeinschaft abgestimmt, wobei man begriff, in was für eine Richtung er das Theater führen wird? Der Regisseur Alexander Molotschnikow, der wie viele das Haus verlassen musste, ist der Auffassung, dass dies eine politisierte Entscheidung gewesen sei. Dem Regisseur hätte man die Aufgabe gestellt, das zu zerstören, was durch (Oleg) Tabakow geschaffen worden war. Nach drei Jahren wird offensichtlich eine umgekehrte Richtung eingeschlagen. Dieses Mal hat man die Personalfragen schon mit keinem abgestimmt (sehr gekränkt ist nur der wiedergewählte Vorsitzende des Verbands der Theaterschaffenden Alexander Kaljagin), für die Meinung der professionellen Community hat man sich nicht interessiert. Wer und aus welchen Erwägungen trifft solche Entscheidungen? Dies ist sehr interessant.

Was aber passiert am Twerskoj-Boulevard? Hier tauchen zwei Führungskräfte auf, die sich zu nahen Werten bekennen (das Setzen auf die Tradition, den Patriotismus, die Orthodoxie usw.). Aber da ist bereits die Inszenierung „Der wunderbare Georgier“ über die Jugend Stalins aus dem Repertoire genommen worden. (Sie hatte nach Aussagen des Pressedienstes Olga Busowa spät zu bewerben begonnen. Merkwürdig ist, dass überhaupt sie dies tun muss.) Abgelöst wurde der künstlerische Leiter: Eduard Bojakow schrieb auf seiner Facebook-Seite, dass Kechman ihn zu gehen gebeten hätte, was er auch ohne eine Kriegserklärung getan hat. Bei der Ernennung gab Kechman bekannt, dass er Tatjana Doronina zurückholen wolle und sich selbst rein mit den Direktorenproblemen befassen werde. Mit den Buffets, Toiletten, der Rekonstruktion des Theaters. Da möchte man freilich hoffen, dass es nicht solch eine willkürliche wird wie im Nowosibirsker Operntheater, dessen Interieurs der Innenarchitektur von Hotels und Casinos zu ähneln begannen. Die Instandsetzung war notwendig. Dies ist eine Tatsache. Eine andere Sache ist der Umgang mit dem Architekturdenkmal, worüber die einheimischen Spezialisten lange geredet hatten, wobei sie versucht hatte, Wladimir Abramowitsch (Kechman) zur Verantwortung zu ziehen. Auszumachen, wer Kechman unterstützt, ist nicht schwer. Sergej Nowikow, der 1. Stellvertreter des Chefs der Präsidialadministration, der sich für Opernregie begeistert. Unter seinen Inszenierungen ist „Der Opritschnik“ („Der Leibwächter“) von Pjotr Tschaikowski, den er im (Petersburger) Michailowskij-Theater herausbrachte, wo Kechman mit einer halben Planstelle als künstlerischer Leiter fungiert. Möglicherweise unterstützte er auch die Ernennung von Wladimir Abramawitsch ins Direktorenamt des föderalen Theaters unter Umgehung des Gesetzes, nach dem er kein Recht hat, leitende Funktionen zu bekleiden (aufgrund eines Insolvenzverfahrens).

Nach wie vor leitet Kechman Operntheater – das Michailowskij- und das Nowosibirsker. Das erste hat er wirklich aus dem Vergessen zurückgeholt. Durch das Repertoire, die Regisseure, Dirigenten, Solisten – dort funkelten Stars. Aber alles ist nach und nach fortgeblasen worden. Heute sind sogar die Pläne für die Spielzeit unklar. Und spektakuläre und diskutierte Premieren hat es schon recht lange nicht mehr gegeben (wenn man einmal den „Opritschnik“ ausklammert). Außerdem gab und gibt es im Michailowskij-Theater eine Personalfluktuation. Heute befinden sich in der Belegschaft sowohl der Chefdirigent als auch der Musikdirektor, der Chefregisseur und der künstlerischen Leiter auf jeweils einer halben Planstelle. Die Anzahl der kreativen Kräfte steht aber in keiner Proportion zur Anzahl der Produktionen. Im zweiten lässt Kechman kein schlechtes Team zurück, das zweifellos auch weiterarbeiten kann. Dort gibt es den ausgezeichneten Chefdirigenten Dmitrij Jurowskij, den Chefregisseur Wjatscheslaw Starodubzew, der überraschend den Sprung aus den Reihen der festangestellten Regisseure der Moskauer Helikon-Oper in solch eine solide Funktion schaffte (praktisch machen das gesamte gegenwärtige Opernrepertoire seine Inszenierungen aus). Es gibt einen Direktor (Ara Karapetjan, der in Moskau zwei Musiktheater geleitet hatte) und auch einen Leiter des Balletts (indem es auch nicht ohne witzige Situationen in der Art von Nina Ananiaschwili, die nicht einen Tag im Ensemble gearbeitet hatte) – Leonid Sarafonow.

Wie wird Wladimir Abramowitsch in Moskau agieren, ja und auch noch im Schauspielbereich? Es ist klar, dass das Zurückholen von Tatjana Doronina eine Höflichkeitsgeste ist, die im Voraus mit viel Werbung und Rummel umgeben worden ist (noch ist unbekannt, worauf sich die Volkskünstlerin im Exil einlassen wird) und zum Trotz gegenüber Eduard Bojakow, der es in den vergangenen zwei Jahren einfach nicht verstanden hatte, Beziehungen mit der Präsidentin des Theaters anzubahnen. Es ist offensichtlich, dass das Antlitz des Moskauer Akademischen Gorki-Theaters nunmehr Wladimir Abramowitsch selbst bestimmen wird. Wird er sich mit geheimen Beratern umgeben oder wird er einen Profi für das Amt des künstlerischen Leiters (schließlich gibt es dieses im Stellenplan und ist bereits vakant) engagieren?