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Der Übergang zu Positionsgefechten verheißt eine Verschleppung des Konflikts in der Ukraine


Russland hat taktische Erfolge im Donbass erzielt. Diese Erfolge werden jedoch durch den regelmäßigen Beschuss von Donezk und durch das Unvermögen der russischen Truppen und der Bürgerwehrkräfte, die Frontlinie schnell von der Hauptstadt der Donezker Volksrepublik gen Norden zu verschieben, nivelliert. Im Süden der Ukraine und im Gebiet von Charkow führen die sich bekämpfenden Seiten bereits mehr als einen Monat lang Positionsgefechte. Der Unwille Kiews, sich auf Kontakte mit Moskau im Verhandlungsprozess einzulassen, belegt die Absicht, die Kampfhandlungen fortzusetzen. (Wobei in Moskau mehrfach betont wurde, dass dies keine Entscheidung von Präsident Wladimir Selenskij sei, der lediglich als eine Marionette des Westens, vor allem der USA angesehen und in den Staatsmedien als solche dargestellt wird. – Anmerkung der Redaktion)

„Mit Stand vom 9. Juni 2022 hat auf dem Territorium der Donezker Volksrepublik die Gruppierung der Truppen der DVR und der LVR mit einer Feuerunterstützung der Streitkräfte der Russischen Föderation 231 Ortschaften inklusive Swjatogorsk und Tatjanowka befreit und und die vollständige Kontrolle über sie hergestellt. Es erfolgen Gefechte um Slawjansk“, teilte man im Stab für Territorialverteidigung der DVR mit. Derweil erwarten die ukrainischen Offiziellen von den USA neue Waffenlieferungen im Rahmen eines Lend-Lease-Projekts, und von den NATO-Ländern – Panzer, Schützenpanzerwagen und Mehrfach-Raketenwerfer. Augenscheinlich beabsichtigt Kiew, mit deren Hilfe eine grundlegende Wende in der Konfrontation mit Russland zu erreichen.

Laut Einschätzungen der britischen Zeitung „The Independent“, die sich auf Daten der Aufklärung stützen, habe Russland jedoch im Bereich der Kampfhandlungen um das 20fache mehr Artilleriewaffen und Mehrfach-Raketenwerfer als die ukrainischen Streitkräfte und um das 40fache mehr an Munition. Entsprechend den Informationen des Londoner Blattes seien die reaktiven Geschosse für die Mehrfach-Raketenwerfer Kiews praktisch zu Ende gegangen. Und die Überlegenheit der Streitkräfte der Russischen Föderation in der Luft sei eine maximale. Die Panzerabwehrmittel hätten nur in der ersten Etappe der Sonderoperation, die bereits den 108. Tag andauert, Einfluss auf den Verlauf der Gefechte ausgeübt. Derzeit spiele die weitreichende Artillerie die Hauptrolle, schlussfolgern die Autoren der Zeitung „The Independent“. „Die Situation an der Front ist eine schwere. Wir verlieren täglich bis zu einhundert unserer Kämpfer als getötete und bis zu 500 als verwundete“, hatte am Donnerstag der ukrainische Verteidigungsminister Alexej Resnikow mitgeteilt. Hochgerechnet bedeutet dies, dass die Ukraine seit dem 24. Februar bis zu 10.000 Mann verloren hat, was am Freitag Alexej Arestowitsch, Berater des Leiters des ukrainischen Präsidenten-Office, indirekt bestätigte.

Nach Meinung amerikanischer Medien habe man in Washington nach wie vor keine genauen Angaben über das militärische Potenzial der Ukraine und deren Fähigkeit, die Kampfhandlungen lange Zeit fortzusetzen. Dies meldete beispielsweise „The New York Times“ unter Berufung auf ihre Quellen in der amerikanischen Aufklärung. Das Blatt schreibt, dass „die ukrainische Regierung keine Informationen preisgeben will, die eine Abschwächung ihrer Entschlossenheit belegen oder den Eindruck erwecken können, dass es ihren Sieg nicht geben wird. Vom Wesen her wollen die ukrainischen Beamten keine Informationen herausgeben, die die USA und andere ihrer westlichen Verbündeten zu einer Verlangsamung der Waffenlieferungen veranlassen können“.

Die Autoren der Publikation zitieren die Chefin vom National Intelligence (ein Zusammenschluss der 17 US-amerikanischen Nachrichtendienste, der im Dezember 1981 erfolge – Anmerkung der Redaktion), Avril Haines, die bei Anhörungen im Kongress erklärte, dass es für Washington „sehr schwer zu beurteilen ist“, was für einen Umfang an Hilfe die Ukraine aufnehmen könne. „Tatsächlich haben wir wahrscheinlich mehr Angaben über die russische Seite als über die ukrainische“, betonte sie. „The New York Times“ schreibt darüber, dass mehrere europäische Aufklärungsagenturen die Möglichkeiten der Ukraine, „die Kontrolle über die von Russland okkupierten Territorien zurückzuerlangen“, skeptisch bewerten würden. Quellen des Blattes sagen, dass die US-amerikanischen Aufklärungsdienste „nicht so pessimistisch eingestellt sind, sie haben aber nicht alle Informationen, die erlauben würden, bestimmte Schlussfolgerungen zu ziehen“.

„Die von der „New York Times“ beschriebene Situation belegt, dass die USA das Kiewer Regime mit ihren Waffen blindlings überschütten, einen erheblichen Beitrag in den Prozess zur Eskalierung des Konflikts leisten. Die Kampfhandlungen werden dort auch weiterhin offensichtlich einen langanhaltenden Charakter tragen. Und die Höhe der Verluste sowohl der einen als auch der anderen Seite wird nur zunehmen.“ Solche eine Meinung formulierte gegenüber der „NG“ der Militärexperte und Oberst der Reserve Wladimir Popow.

„Moskau trifft bisher aus militärischer Sicht keinerlei grundlegenden Entscheidungen geht in einer Reihe von Richtungen zu Positionsgefechten über, wobei es augenscheinlich versucht, die Ressourcen des Gegners aufzureiben und zu erschöpfen. Es werden aber fast gar nicht die Transportinfrastruktur, Bahnlinien und Brücken zerstört, über die ausländische Waffen an die Front gelangen“, betont Popow. „Für die ukrainischen Streitkräfte sind aus Polen und Rumänien über 6.500 mobile Javelin-Panzerabwehr-Raketenkomplexe und 20.000 AT-4 Panzerabwehrhandwaffen (Panzerfäuste) geliefert worden, die russischen gepanzerten Technik Schaden zufügten und zufügen. Die ukrainischen Streitkräfte haben über 1400 mobile Stinger-Luftabwehrraketenkomplexe gehabt, mit denen russische Flugzeuge und Hubschrauber abgeschossen werden. (Laut Angaben des ukrainischen Generalstabs vom Samstag sollen mit Stand des 108. Tages des Ukraine-Krieges 212 Flugzeuge und 178 Hubschrauber der russischen Truppen außer Gefecht gesetzt worden sein. – Anmerkung der Redaktion). Vor ganz und gar kurzer Zeit sind in die Ukraine 108 M777-Haubitzen und 220.000 Geschosse für sie gebracht worden. Gegenwärtig gibt es zu jeder amerikanischen Haubitze über 15 Geschoss-Kampfsätze. Möglicherweise beschießen gerade sie jetzt Donezk“.

„leider hat Russland außer der DVR und der LVR derzeit keine starken Verbündeten, die imstande sind, ihm zu helfen, die Aufgaben der militärischen Sonderoperation zu erfüllen. Bei der Erfüllung der Aufgaben der militärischen Sonderoperation hofft Russland nur auf die eigenen militärischen und materiellen Ressourcen, die natürlich umfangreich sind, aber nicht endlose. Die sich in die Länge ziehenden Kampfhandlungen laugen Russland aus“, betont der Militärexperte und Generalleutnant im Ruhestand, Jurij Netkatschjow. Er ist der Auffassung, dass Moskau einen Komplex von Maßnahmen durchführen müsse, damit die neuen ausländischen Waffen nicht in die Zone für die Durchführung der Kampfhandlungen gelangen. „Es müssen die diplomatischen Maßnahmen verstärkt werden, um Kiew an den Verhandlungstisch zu bringen. Dies sind schwierige Aufgaben, aber, um zu siegen, muss man sie lösen“, meint er.