Die Erklärung des Oberhauptes der nichtanerkannten Donezker Volksrepublik Denis Puschilin, wonach seitens der Ukraine alles zu großangelegten Kampfhandlungen im Donbass bereit sei, ist scheinbar nur zum Teil richtig. Wie aus Mitteilungen der Kiewer Offiziellen und von Medien zu sehen ist, leidet die ukrainische Armee an einem Mangel an Geschossen mit dem Kaliber von mehr als 100 Millimetern. Im Land wird ein Mangel an Energieressourcen erwartet, was die Versorgung der Truppen mit Kraft- und Schmierstoffen zum Scheitern bringen kann. Für die ukrainische Armee wird dies zu einer kritischen Situation, wenn sich die aktiven Kampfhandlungen unter Einsatz gepanzerter Technik in die Länge ziehen.
In Moskau und Donezk registriert man, wie die „NG“ berichtete, eine Aktivierung der Streitkräfte der Ukraine. Nach Aussagen des russischen Vizeaußenministers Sergej Rjabkow „wird eine immer provokantere Linie seitens Kiews und dessen westlichen Schutzpatronen unter Führung der USA im Osten der Ukraine beobachtet“.
Russland verbindet dies damit, dass man in Kiew auf einen Blitzkrieg bezüglich einer „Deokkupation der unbeugsamen Territorien“ aus sei. Eine unvoreingenommene Analyse zeigt, dass sich ein neuer militärischer Konflikt im Donbass als ein langwieriger erweisen kann. Und die Ukraine hat keine Mittel, um einen langen Krieg zu führen.
Der Mangel an Geschossen in den Streitkräften der Ukraine hatte sich bereits im Ergebnis der aktiven Kampfhandlungen im Donbass im Jahr 2014, aber auch im Ergebnis von Bränden in Truppenarsenalen in den nachfolgenden Jahren ergeben. Laut Medienangaben hatte sich der größte Brand mit einer Explosion von Panzer- und Artilleriegeschossen auf dem Territorium eines Armeelagers im März 2017 unweit der ukrainischen Stadt Balaklija des Verwaltungsgebietes Charkow ereignet. Damals waren laut offiziellen Angaben in dem Depot fast 70 Prozent der Munitionsvorräte vernichtet worden. Und der Vorsitzende des Ausschusses der Werchowna Rada für nationale Sicherheit und Verteidigung, Sergej Paschinskij, hatte deren Wert auf eine Milliarde Dollar geschätzt. Nach Experten-Einschätzungen waren dort Geschosse mit einem Kaliber von mehr als 100 Millimetern für die Versorgung mehrerer Armeen konzentriert worden. Es ist gleichfalls bekannt, dass sich Großbrände und Explosionen außer in Balaklija im Zeitraum von 2014 bis 2018 auch in Munitionslagern in der Stadt Itschnja des Verwaltungsgebietes Tschernigow, Kalinowka unweit von Winniza, in der Stadt Swatowo des Lugansker Gebietes und in Kriwoj Rog des Verwaltungsgebietes Dnepropetrowsk ereignet hatten. Ursprünglich wurde die Auffassung vertreten, dass Russland an diesen Vorfällen beteiligt gewesen sei. Die Nachforschungen haben dies jedoch nicht bestätigt. Laut Angaben des ukrainischen Verteidigungsministeriums sind beispielsweise nach dem Unfall in Balaklija rund 80 Bürger der Ukraine zur Verantwortung gezogen worden.
Indirekt belegt die Tatsache den Mangel an Munition in den Einheiten, dass Veröffentlichungen ukrainischer Militärangehöriger in den sozialen Netzwerken nach zu urteilen das Übungsschießen aus Panzerwaffen in den Streitkräften der Ukraine hauptsächlich nicht unter Einsatz standardmäßiger 125-Millimeter-Geschosse organisiert wird, sondern unter Einsatz von eingesetzten Läufen für Munition mit einem Kaliber von 14,5 Millimetern. Die standardmäßige Munition hebt man offensichtlich für reale Gefechte auf.
„Ein Kampfsatz für einen Panzer vom Typ T-72 oder T-64 (die befinden sich vor allem in der Bewaffnung der Verbände der ukrainischen Streitkräfte – „NG“) besteht aus rund 40 Geschossen“, rechnete der „NG“ der Militärexperte und Generalleutnant Jurij Netkatschjow vor. „Von solchen Panzern gibt es im Donbass im Bestand der ukrainischen Streitkräfte 450 Stück. Dies sind nach sowjetischen Maßstäben zwei Panzerdivisionen. Und in ihnen befinden sich mindestens 18.000 Einheiten an Munition. Wenn mit Hilfe dieses Potenzials, aber auch bei Unterstützung durch die Artillerie die Infanterie der ukrainischen Streitkräfte unter städtischen Bedingungen (sagen wir einmal in der Umgebung von Lugansk oder Donezk) gegen die Positionen der Bürgerwehr, die mit lenkbaren Panzerabwehrwaffen bewaffnet ist, vorrückt, so ist den ukrainischen Streitkräften ein Fiasko gesichert. Man wird die Kampfsätze verbrauchen, möglicherweise die einheimische Bevölkerung vernichten, aber man wird keinen Sieg erringen. Entsprechend der Erfahrungen aus den Militärmanövern und einer Beurteilung der realen Kampfhandlungen der georgischen Truppen in Südossetien werden die ukrainischen Truppen im Donbass ganze drei bis vier Kilometer vorrücken und erhebliche Verluste erleiden“. Netkatschjow schließt nicht aus, dass langwierige Gefechte gegen die Bürgerwehr mehr als einen Monat andauern werden. Und in diesem Fall wird die Munition für die ukrainische Armee offenkundig nicht ausreichen werden.
Eine für Kiew schwierige Situation ergibt sich auch hinsichtlich der Kraft- und Schmierstoffe. Eine Reihe einheimischer Medien hat geschrieben, dass die Ukraine im April keine Erdölprodukte von russischen Unternehmen erhalten werde, „deren Lieferungen 22 Prozent des Marktes an Dieselkraftstoff und Autogas im Land decken“. Dabei zitieren die Medien den Direktor der ukrainischen „Consulting-Gruppe A-95“ Sergej Kujun, der mitteilte: Die Situation auf dem Markt des Landes für Kraft- und Schmierstoffe werde dadurch belastet, dass „in der vergangenen Woche der Erdölverarbeitungsbetrieb von Nowopolozk in Weißrussland überraschend die Arbeit unterbrochen hat. Und im Mai ist eine planmäßige Generalreparatur des Erdölverarbeitungsbetriebes von Mosyr, der der bedeutendste weißrussische Lieferant von Erdölprodukten an die Ukraine ist, angesetzt worden“. Dies werde zu „Kopfschmerzen für die ukrainische Regierung unter Berücksichtigung der landwirtschaftlichen Arbeiten“ führen. Aber der Kraftstoff-Mangel schafft auch für die Streitkräfte der Ukraine Probleme.
„Wenn aktive Kampfhandlungen beginnen werden, so wird für die Gruppierung, die im Donbass konzentriert ist (dies sind 450 Panzer, über 2500 Schützenpanzerwagen und Radpanzer, 230 Raketenwerfer-Systeme, rund 1000 Selbstfahrlafetten der Artillerie usw.), mindestes ein Güterzug – rund 60 Kesselwagen – mit Kraft- und Schmierstoffen alle zwei bis drei tage gebraucht. Bisher ist unklar, ob es einen großen Vorrat an Kerosin, Benzin und Diesel sowie Schweröl bei den Rückwärtigen Diensten der ukrainischen Streitkräfte gibt. Ich bin mir aber sicher, dass dies nach ein, zwei Monaten langwieriger und schwerer Gefechte für sie zu einem großen Problem wird“, ist sich General Netkatschjow gewiss.
„Man kann wohl kaum behaupten, dass die Schaffung eines Mangels an Kraftstoff in der Ukraine ein Element den Hybridkrieges ist, den Russland angeblich führe. In der Ukraine und in Russland hat sich unter den Geschäftsleuten die Meinung herausgebildet, dass Kiew die marktwirtschaftlichen Gesetze ignorierend Sanktionen gegen den prorussischen Anführer der Partei „Oppositionsplattform – Für das Leben“, Viktor Medwetschuk, verhängte. Und die mit ihm in der Russischen Föderation liierten Wirtschaftsstrukturen haben mit dem gleichen geantwortet“, ist sich der Militärexperte und Oberst Nikolaj Schulgin sicher.
Unter diesen Bedingungen hofft man augenscheinlich in Kiew auf eine militärische Hilfe und Unterstützung der USA und der NATO, die man am Vorabend ein weiteres Mal in Washington signalisierte. Der Sprecher des US-Auenministeriums Ned Price unterstrich unter anderem, dass die „USA im Schulterschluss mit ihrem Partner – der Ukraine – angesichts der Versuche deren Einschüchterung seitens Russlands stehen“.